von Maria Kindler

Bischof Overbeck: „Angriffskrieg dieser Art ist ethisch unvertretbar“

„Brennpunkt Ukraine“: Ruhrbischof äußert sich aus aktuellem Anlass bei Veranstaltung in der Wolfsburg zum Krieg Russlands gegen die Ukraine.

Bischof Franz-Josef Overbeck hat angesichts der verschärften Angriffe Russlands auf die Ukraine die Verpflichtung Deutschlands betont, für den Frieden in Europa und der Welt einzutreten. „Ein Angriffskrieg dieser Art ist ethisch unvertretbar und ist eine Aggression, der unbedingt Widerstand geleistet werden muss“, sagte Overbeck am Dienstagabend in der Katholischen Akademie „Die Wolfsburg“ in Mülheim. „Wir haben eine humanitäre Aufgabe und wollen auf diese Weise deutlich machen, was der deutsche Staat – auch aufgrund seiner Geschichte – mit dem Militär tut, nämlich für Frieden sorgen.“

Aus aktuellem Anlass hatte die „Wolfsburg“ für Dienstagabend geplanten Veranstaltung „Verletzlich, aber unverzichtbar – Was ist uns die Familie wert?“ aus der Reihe „Dialoge mit dem Bischof“ einen „Brennpunkt Ukraine“ vorangestellt. Im Gespräch mit Peter Güllmann, dem Sprecher der Bank im Bistum Essen, die mit der „Wolfsburg“ die „Dialoge mit dem Bischof“ veranstaltet, diskutierten Overbeck und die CDU-Bundestagsabgeordnete Serap Güler über den Krieg Russlands gegen die Ukraine. Güler gehört dem Verteidigungsausschuss des Bundestages an.

Overbeck: Neue Qualität der Auseinandersetzung von Kulturen

Overbeck, der seit 2011 auch katholischer Militärbischof für die Bundeswehr ist, betonte: „Mit unserer Geschichte können wir nur dafür zuständig sein, alles zu tun, dass eine originelle, der Freiheit von selbstbestimmten Ländern notwendige Ordnung wiederhergestellt wird, wenn sie denn gewalttätig angezweifelt wird beziehungsweise auch in Frage gestellt wird.“

Der aktuelle Konflikt zeige eine „neue Qualität von Auseinandersetzungen von Kulturen“. Die Verantwortung sei und müsse bleiben, Friedensordnungen wiederherzustellen. „Das muss deswegen so deutlich bleiben, damit es nicht in anderen Ländern dieser Welt zu ähnlichen, den Weltfrieden hochbedrohenden Aktionen kommen kann.“

Dennoch habe der Angriff Russlands auf die Ukraine selbstverständlich Folgen. „Das aber, was jetzt geschieht, bringt ganz andere Herausforderungen mit sich, die sowohl in der Bündnispolitik der NATO eine ganz andere Konsequenz haben als auch im Blick auf die Frage des Miteinanders von Ost und West in Europa.“ Hier stünden sich zwei Formen von Staatswesen gegenüber: die freiheitlich-demokratische Ordnung und ein streng autoritäres Regime, und beide würden sehr unterschiedlich geführt.

Bischof lädt zum gemeinsamen Beten ein

In der Militärseelsorge, die die Aufgabe der seelsorglichen Begleitung von Soldaten und ihren Angehörigen hat, sage er den Soldaten immer: „Handelt so, dass ihr dem Frieden dient!“, sagte Overbeck. Der Ruhrbischof lud die Menschen ein, für den Frieden in Europa und der Welt zu beten. „ Wir müssen beten, weil das Gebet eine Kraft hat, die auf Dauer mehr verbindet als trennt.“ Zugleich zeige Gemeinsamkeit im Gebet, „Unrecht bleibt Unrecht“, und dies zu zeigen, diene auch dem Frieden. Am Donnerstag, 3. März, betet Overbeck um 18.30 Uhr mit den Gläubigen im Essener Dom für den Frieden. 

Güler: „Schutz unserer Freiheit funktioniert nicht ohne Waffen“

Die CDU-Bundestagsabgeordnete Serap Güler befürwortete die von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) angekündigte Erhöhung der Ausgaben für die Bundeswehr. „Die Welt hat sich seit vergangenen Donnerstag so dramatisch geändert“, sagte die Verteidigungspolitikerin Güler. „Bestimmte Dogmen, die in Friedenszeiten unantastbar waren, sind in wenigen Stunden über Bord geworfen worden.“ Der russische Präsident Wladimir Putin habe das „Völkerrecht gebrochen“. Dem Einhalt zu gebieten, sei über parteipolitische Grenzen hinweg eine staatspolitische Verantwortung.

Videoaufzeichnung

Das „Brennpunkt“-Gespräch in der „Wolfsburg“ wurde aufgezeichnet und ist im YouTube-Kanal der Wolfsburg abrufbar. 

Die Frage von Waffenlieferungen an die Ukraine sei selbstverständlich keine banale, betonte Güler. „Aber dieser Krieg zeigt uns sehr deutlich, dass der Schutz unserer Sicherheit, unserer Freiheit und des Friedens, leider ohne Waffen anscheinend nicht funktioniert“, sagte Güler. Dabei gehe es nicht um Waffenlieferungen Deutschlands „im Alleingang, sondern gemeinsam mit europäischen Partnern“, stellte Güler heraus. Aber wenn es auf diplomatischer Gesprächsebene keine Früchte gebe, sei es unvermeidbar, Sanktionen zu verhängen und zu versuchen, die Freiheit notfalls auch mit Waffenlieferungen zu verteidigen. Der Krieg in der Ukraine zeige deutlich, dass es „ein Umdenken in unserer Sicherheitsarchitektur gibt und auch geben muss“, sagte Güler.

Scholz hatte am vergangenen Sonntag (27. Februar) bei einer Sondersitzung des Bundestages aus Anlass des russischen Angriffs auf die Ukraine überraschend in Aussicht gestellt, die Ausgaben für die Bundeswehr in den kommenden Jahren deutlich zu erhöhen. In seiner Regierungserklärung kündigte er ein „Sondervermögen“ für die Bundeswehr an, das im Bundeshaushalt 2022 einmalig mit 100 Milliarden Euro ausgestattet werden soll.

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