Weihbischof Julius Angerhausen

Brückenbauer - drinnen und draußen

von Marlis Middelhoff

Die Heraldiker rauften sich die Haare, als Julius Angerhausen nach seiner Ernennung zum Weihbischof seine Wünsche für sein Wappen nannte. Er wollte das Zeichen aufnehmen, das der Wüstenheilige Charles de Foucauld (1858-1916) mit Kreide an die Tür seiner bescheidenen Hütte in der Sahara gemalt hatte: ein Herz und darüber ein Kreuz. Ein Wappen, das müsste aus ausgefeilten Elementen bestehen, meinten die Fachleute. Angerhausen aber wollte es so. Und so unkonventionell dieser Entschluss war, so bezeichnend war er für die Person dieses Mannes aus Warendorf, der der erste Weihbischof im 1958 neu errichteten Bistum Essen wurde. Das Herz mit dem Kreuz und ein Wort der „kleinen“ Theresia von Lisieux „Vocatio mea caritas - Mein Beruf ist die Liebe“ als Wahlspruch, stammten aus derselben geistigen Wurzel. Der Beruf war für Julius Angerhausen die Berufung, in Liebe für die Menschen da zu sein.

In seinem Bischofsstab trug er Plexiglas, Aluminium, Kupfer, Leder, Textilfasern, Holz, Nickel, Kohle, Stahl und Edelstahl – Symbole aus der Welt der Arbeit. Seine Bücher „Brückenschlag nach Afrika“ oder „Kreuz des Südens und Paradiesvogel“ wiesen ihn als Kenner der Weltkirche in Missionsgebieten aus. Seine Bemühungen um die Christliche Arbeiter-Jugend (CAJ), die ihm den Stab schenkte, um die katholischen Ausländer im Ruhrgebiet und um die Straffälligen in Justizvollzugsanstalten bezeugten ihn als einen Mann, der sich um die Benachteiligten in der Gesellschaft sorgte: Julius Angerhausen, gebürtiger Münsterländer, eingebürgerter Ruhrgebietler seit seiner Priesterweihe 1935. Am 12. April 1959, am Feste seines Namenspatrons, wurde er im Essener Dom zum Bischof geweiht.

Mit der Wahl seines Wappens und seines Wahlspruches hatte Angerhausen seinen ferneren Lebensweg bezeichnet, den er konsequent aus seinen bisherigen Lebenserfahrungen heraus fortsetzte.

Die Weihe von Julius Angerhausen zum Weihbischof in Essen setzte Zeichen: Geweiht wurde der erste Weihbischof im Bistum Essen von Bischof Dr. Franz Hengsbach. Mitkonsekrator waren der „Heimatbischof“ Dr. Michael Keller, Münster, und der Bischof von Karema/Tansania, Karolo Msakila. Ein Ausdruck der engen Verbundenheit des neuen Weihbischofs mit der Dritten Welt, mit dem „Schwarzen Kontinent“. Ganz besonders hat sich Angerhausen immer um die Sorgen und Nöte der Dritten Welt gekümmert. So war es auch folgerichtig, dass er von 1967 bis 1975, also bis zur Neuordnung der Deutschen Bischofskonferenz, Vorsitzender der Bischofskommission für Weltmission war.

Angerhausen war, geprägt von seiner münsterländischen Heimat Warendorf, eher ein Mann der „leisen Töne“. Er verstand es, mit seiner einfachen Sprache die Herzen der Menschen zu erreichen. Seine zahlreichen Bücher geben Zeugnis davon. Ganz besonders nahe stand er immer der Arbeiterschaft. Stationen in seinem Leben geben davon ein beredtes Zeugnis. Nach seiner Priesterweihe 1935 im Paulus-Dom zu Münster durch Bischof Clemens August Graf von Galen war seine erste Station als Kaplan Duisburg. Dort baute er enge Kontakte zur Christlichen Arbeiterjugend (CAJ)  auf. 1953 wurde er schließlich Nationalkaplan der CAJ mit Sitz in Essen. So wurde er, als das neue Bistum Essen 1958 gegründet wurde, Priester dieses Bistums. Der erste Bischof von Essen, Dr. Franz Hengsbach, übertrug ihm die Aufgabe, das Seelsorgeamt aufzubauen. Gleichzeitig legte Angerhausen die Aufgaben als Nationalkaplan der CAJ nieder.

Bis 1964 war Weihbischof Angerhausen verantwortlich für das Seelsorgeamt. In dieser Zeit wurden entscheidende Bausteine gesetzt, insbesondere auch in der besonderen Sorge um die Menschen am Arbeitsplatz. So wurde das Bistum Essen wegweisend etwa in der Betriebsseelsorge und bei der Einrichtung von sogenannten Betriebskernen.

Die besondere Zuwendung Angerhausens galt immer den Menschen am Rande der Gesellschaft. Dies fand nicht nur seinen Ausdruck in seinem Engagement für die ausländischen Missionen im Bistum Essen, auch in der Seelsorge an Strafgefangenen hat er viele Impulse gegeben. Auf der Ebene der Bischofskonferenz und im Bistum Essen hat er für diese Arbeit entscheidend Sorge getragen.

Weihbischof Angerhausen war ein Priester und Seelsorger, der ein offenes Ohr für die großen weltkirchlichen Fragen hatte, zugleich aber in den „Menschen am Rande die Mitte sah“. Mit kleinen, unauffälligen und wenig spektakulären Hilfen stand er ihnen zur Seite. Er schöpfte seine Kraft aus einem tiefen Glauben, der auch seinen Ausdruck fand etwa in der Verehrung des Bildes der Goldenen Madonna im Essener Dom oder der Muttergottes von Telgte.

Kirchturmspolitik? Die kannte der Weihbischof nicht. Mission als Feld der Romantik und Exotik? Er war zu sehr Realist und Fachmann, als dass er die Probleme nicht hätte sehen können. Ein „Apostel“ der Abgeschiedenheit und Stille? Er stand mitten im Leben, wußte aber um die Kraftquellen für das Leben in der Welt. Angerhausen wusste, dass die Kirche nicht nur im Ruhrgebiet existiert, sondern auch in der Welt, dass nicht nur die „braven Kirchgänger“ umsorgt werden wollen, sondern auch die „Randexistenzen“, dass die Verkündigung des Evangeliums nicht nur der Worte bedarf, sondern auch glaubwürdiger Taten. Julius Angerhausen war Brückenbauer – drinnen und draußen.

Am 22. August 1990 starb Julius Angerhausen, der Anfang 1986 als Weihbischof emeritierte, im Alter von 79 Jahren nach schwerer Krankheit. Am 28. August nahm das Bistum Essen im Essener Dom Abschied von seinem ersten Weihbischof. Unter einem Zedernbaum – diese Stelle hatte er sich gewünscht - auf dem Kapitelsfriedhof im Kreuzgang des Essener Domes fand er seine letzte Ruhestätte.

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