von Jens Albers

Seelsorge zeigt sich in den einfachen Dingen

Zwischen Gottesdienst, Dünensingen und Vla-Tasting: Die Touristenseelsorge auf der niederländischen Ferieninsel Texel ist für viele Menschen aus dem gesamten Bundesgebiet so etwas wie eine Gemeinde auf Zeit.

Als die letzten Strandgäste nach einem sonnigen Urlaubstag auf der Ferieninsel Texel den abendlichen Heimweg durch die Dünen antreten, staunen sie nicht schlecht: Über 70 Stimmen geben lauthals den Klassiker „Country Roads“ zum Besten. Nach zwei Jahren Corona-Pause hatte die Touristenseelsorge Texel endlich wieder zum Dünensingen eingeladen. Ein Programmpunkt, der von vielen Stammgästen der Inselseelsorge schon sehr vermisst wurde. Denn eine der ungeschriebenen Regeln auf der Insel lautet: Jeden Dienstagabend trifft man sich zum Singen in den Dünen.

„Auch wenn unsere Gäste diese etwas andere Form der Seelsorge schätzen, ist es für viele von ihnen auch wichtig, dass sich einige Programmpunkte einfach nicht verändern“, erklärt Seelsorger Maximilian Strozyk das Konzept der Touristenseelsorge. Über viele Jahre hätten sich Menschen aus ganz Deutschland hier eine Gemeinde auf Zeit aufgebaut, bei der sie genau das fänden, was sie suchten. Für nicht wenige Gäste sind die Wochen bei der Touristenseelsorge die Zeit, „in der die inneren Akkus wieder aufgeladen werden, um so den Rest des Jahres auch mit negativen Dingen umgehen zu können – sicherlich auch in der Kirche in Deutschland“, ist sich Strozyk sicher.

Mittlerweile zum sechsten Mal leitet der junge Seelsorger aus Mülheim ein Team der Touristenseelsorge auf der niederländischen Insel. In diesem Jahr hat er mit seinem Team aus Pfadfinderinnen und Pfadfindern die erste der drei Seelsorge-Schichten auf der Insel übernommen. Nach drei Wochen kommt dann das nächste Team rund um den Seelsorger Bernd Wolharn auf die Insel. Die letzte Runde übernimmt in diesem Jahr das Team rund um den Seelsorger Jan Sienert.

Die Musik gehört einfach dazu

Denkt man an die Touristenseelsorge, so denkt man eigentlich direkt auch an die Gottesdienste, die mehrfach die Woche auf der Insel gefeiert werden. „Das besonderen an diesen Gottesdiensten: Wir feiern sie nicht nur gemeinsam mit den Urlauberinnen und Urlaubern – die Gäste bereiten die Messen oft auch mit vor“, freut sich Strozyk. Gerade das Thema Musik spielt hier eine ziemlich große Rolle. Und so sei für viele Besucherinnen und Besucher klar: Ist der Kofferraum auch noch so klein und schon vollgefüllt, mein Musikinstrument muss auf jeden Fall mit auf die Insel. 

Interview mit Sophie Kölsch
Eigentlich arbeitet Sophie Kölsch als Seelsorgerin in der Pfarrei St. Peter und Paul in Bochum. Doch für eine Woche hat sie ihren Arbeitsplatz auf die niederländische Ferieninsel Texel verlegt. Sie ist zum ersten Mal Teil des Seelsorge-Teams der Touristenseelsorge des Bistums Essen. Im Interview erzählt sie von ihren Erfahrungen zwischen Gottesdienst und Strandsingen.
Zum Interview

Neben den Gottesdiensten stehen die Seelsorgerteams den Feriengästen natürlich auch persönlich für Gespräche oder Begleitung in den Urlaubstagen zur Verfügung. Denn es sei gar nicht so selten, dass gerade in Zeiten, in denen Menschen aus dem Alltag entfliehen und einmal zur Ruhe finden, Probleme zu Tage kommen. „Und da hilft es oft schon, einfach nur bei einer Tasse Kaffee da zu sein und zuzuhören“, so Strozyk. Doch für den jungen Priester ist die Seelsorge auf der Insel deutlich vielfältiger. „Die Seelsorge zeigt sich hier oft in den einfachen Dingen“, fasst der Mülheimer seine Erfahrungen zusammen. Und so mag der Programmpunkt „Vla-Tasting“ auf den ersten Blick wenig mit einem Seelsorgeangebot zu tun haben. Doch bei der gemeinsamen Verköstigung der niederländischen Pudding-Spezialität bringt Strozyk die Teilnehmenden durch kurze Impulse immer wieder dazu, über sich selbst nachzudenken und mit anderen darüber ins Gespräch zu kommen. Und warum Seelsorge nicht mit den Füßen im Meer funktionieren sollte, kann sich der junge Seelsorger auch nicht erklären.

Das gesamte Team steht für die Seelsorge

Auch wenn gerade die Priester in den einzelnen Seelsorgeteams für viele Gäste die vertrauten Personen aus den vergangenen Jahren seien, ist es dem Mülheimer wichtig, dass auch die restlichen Mitglieder des Teams als Seelsorger wahrgenommen werden. So lädt Team 1 in diesem Jahr beispielweise Sonntagsabends zu Wortgottes-Feiern ein. Aus der Vorbereitung hält Strozyk sich bewusst raus. „Ich vertraue meinen Team-Mitgliedern. Sie sind alle getauft und wissen sehr gut, was sie tun“, so der Seelsorger. Und wer weiß: Vielleicht gibt es im kommenden Jahr ein weiteres ungeschriebenes Gesetz bei der Touristenseelsorge: „Nicht alles muss der Priester machen“

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