von Thomas Rünker

Bistum Essen wagt in Erfurt hoffnungsvollen Blick in die Zukunft

Am Stand des Bistums Essen auf dem Erfurter Domplatz sorgt eine fiktive Zeitung aus dem Jahr 2044 für spannende Gespräche. Drumherum gibt es auf dem Katholikentag viele Diskussionen über gesellschaftliche und kirchliche Themen, jede Menge Kultur und Gottesdienste für jeden Geschmack und jeden Bedarf.

Fiktive Zeitung aus dem Jahr 2044 sorgt für Gespräche am Stand des Bistums Essen

Friedensdiskussionen im Fokus des Katholikentags

Abendsegen und Freiluft-Messen prägen das geistliche Programm in Erfurt

Zwischen Thüringer Rostbratwurst und Gurken aus dem Spreewald ist jede Menge Platz für Zukunft. Für vier Tage ist auf dem großen Marktplatz zu Füßen des Erfurter Doms die zentrale Zeltstadt des Katholikentags entstanden. Von Caritas und Adveniat über die Militärseelsorge und die katholischen Jugendverbände bis zu den 27 deutschen Bistümern präsentiert sich hier ein bunter Querschnitt der katholischen Kirche in Deutschland. An vielen Ständen dreht sich das Programm um Zukunft, dafür hätte es das Motto des Katholikentags – „Zukunft hat der Mensch des Friedens“ – wohl kaum gebraucht. Vielerorts ist die Kirche in Bewegung: Neue Angebote, neue Strukturen und ständig neue Herausforderungen. Kaum jemand schaut auf dem Erfurter Katholikentag jedoch so weit nach vorn wie das Bistum Essen: „Donnerstag, 16. Juni 2044“ steht als Datum auf den Zeitungen, die das Team den Gästen des Bistums-Stands in die Hände drückt und die im Titel „Deutschlands gute Nachrichten“ verspricht.

Eine Trinkhalle – die Ruhrpott-typische „Bude“ – ist das Herzstück des Essener Bistums-Stands. Dort gibt es die „gemischte Tüte“ mit Süßigkeiten, eine Tasse Kaffee – und die Zeitung aus der Zukunft. Dieses Kombination komme an, sagt Andrea Hollinderbäumer, die als Geschäftsführerin des Diözesanrats der katholischen Frauen und Männer im Bistum Essen die Essener Präsenz auf dem Katholikentag organisiert. „Die meisten verbinden etwas mit einer ,Bude‘“, sagt sie, den anderen erkläre man diese Besonderheit der Ruhrgebiets-Kultur. Und über die Zeitung ergäben sich jede Menge spannende Gespräche – sei es über politische und gesellschaftliche Themen wie die Titelgeschichte über die „erste queere Bundeskanzlerin“ oder eher kirchliche Aspekte wie die boomenden Segensfeiern, über die die Zeitung ebenfalls berichtet. Manche Gäste ziehen nach zwei Minuten weiter, andere nehmen Platz und führen lange Gespräche mit den haupt- und ehrenamtlichen Mitgliedern des Bistums-Teams. Dann geht es meist schnell nicht mehr nur um die ferne Zukunft, sondern auch um die Gegenwart, die für die „Guten Nachrichten“ 2044 die richtigen Voraussetzungen schaffen soll. Zum Beispiel mit den vor wenigen Jahren im Ruhrbistum gestarteten Segensfeiern oder mit dem Programm „Christlich leben. Mittendrin.“, das nach und nach alle katholischen Organisationen und Einrichtungen in den Städten und Kreisen des Ruhrbistums stärker miteinander vernetzen will. „Ich weiß noch, wie erschrocken wir über die Ergebnisse der Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung 2023 waren“, zitiert die fiktive Zukunfts-Zeitung einen Menschen, der sich auch 20 Jahre zuvor schon in der Kirche engagiert hat. „Da war klar, dass sich die Kirche dramatisch verändern würde. Jetzt, 2044, ist sie ganz anders. Aber auch richtig gut.“ Das würden in 20 Jahren wohl viele Gäste des Essener Katholikentagstands gern sagen.

Krieg und Friede in der Diskussion

Genauso, wie wohl niemand etwas gegen die Überschrift „Weltgemeinschaft 2044 weiter auf Friedenskurs“ hätte, die die Zeitung ebenfalls verkündet. Dass sich der Katholikentag in Erfurt nicht nur um Zukunft, sondern auch um Frieden dreht, liegt angesichts der dramatischen Auseinandersetzungen in der Ukraine, im Gaza-Streifen und in vielen anderen Weltregionen auf der Hand. Dass Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ausgerechnet auf dem friedensbewegten Katholikentag eine Ausweitung der Nutzung deutscher Waffen in der Ukraine verkündet, gehört dabei zu den neuen Realitäten in Deutschland, an die sich auch viele Katholikentags-Teilnehmende noch gewöhnen müssen. Ob man mit mehr Waffen tatsächlich mehr Frieden schaffen kann, gehört zu den vielen umstrittenen Fragen, die in Erfurter Kirchen, Theatern und Veranstaltungssälen auf den großen Diskussions-Podien des Katholikentags thematisiert werden. Ergänzend dazu stehen da Klimaschutz und Queer-Seelsorge auf dem Programm, Künstliche Intelligenz und Missbrauchsaufarbeitung, Armutsbekämpfung, Geschlechtergerechtigkeit oder die Frage, wie liberale und konservative Katholikinnen und Katholiken konstruktiv miteinander diskutieren können. Der Erfurter Katholikentag mag deutlich kleiner sein als seine Vorgänger in Stuttgart (2022) Münster (2018) – thematisch vielfältig ist er nach wie vor. Und prominent besetzt: Die Veranstaltung mit dem Bundeskanzler ist lange vor Beginn ebenso ausgebucht wie die mit Wirtschaftsminister Robert Habeck oder Außenministerin Annalena Baerbock. Der Moderator und Kabarettist Eckart von Hirschhausen hat ebenso volles Haus wie Bischöfe, Kunstschaffende oder namhafte Menschen aus der Wissenschaft.

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Viele Gespräche und Begegnungen

Daneben sind es vor allem die Begegnungen zwischen den Veranstaltungen, die den Katholikentag für viele Teilnehmenden wertvoll machen. Dazu gehören auch Gespräche mit Kirchen-Leitenden, die den Gästen des Katholikentags oft einfach über den Weg laufen: So kommt der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck zwischen den Bistums-Zelten nur im Schneckentempo voran, schüttelt hunderte Hände, diskutiert hier, wird dort gegrüßt. Generalvikar Klaus Pfeffer ist täglich am Bistums-Stand präsent, und auch Weihbischof Ludger Schepers ist in Erfurt ein gefragter Gesprächspartner.

Neben Diskussion und Begegnung ist der Katholikentag für viele Teilnehmende zudem ein großes Glaubensfest: Mit Kerzen in den Händen stehen allabendlich Hunderte auf dem Domplatz, um vor dem beleuchteten Dom den Abendsegen zu empfangen. Und zwischen Bibelarbeiten, Andachten, Gebete mit besonderen musikalischen Akzenten und großen Freiluft-Messen mit tausenden Gläubigen ist das geistliche Katholikentags-Programm genauso vielfältig wie das der Diskussions-Podien.

Und der Blick in die Zukunft? Die Zeitung am Essener Bistums-Stand schreibt nichts über ein großes Treffen von Christinnen und Christen, das im Jahr 2044 immer noch in der Tradition der 1848 gestarteten Katholikentage steht. In Erfurt lädt das Zentralkomitee der Katholiken erst einmal zum 104. Deutschen Katholikentag ein, der in zwei Jahren in Würzburg sein wird. Wie es danach weitergeht – und wann es womöglich einen nächsten Ökumenischen Kirchentag gibt – bleibt vorerst offen.

Pressestelle Bistum Essen

Zwölfling 16
45127 Essen