von Ulrich Lota

Aufarbeitungskommission im Bistum Essen nimmt ihre Arbeit auf

Acht Mitglieder – entsandt von der NRW-Landesregierung, dem Betroffenenbeirat im Bistum Essen und dem Bistum Essen selbst – sollen die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt im Bistum Essen vorantreiben. Ihre Arbeit knüpft direkt an die im Februar vorgestellte Aufarbeitungsstudie des Instituts für Praxisforschung und Projektbegleitung (IPP) an.

Mit der Wahl eines Vorsitzenden hat die Unabhängige Aufarbeitungskommission im Bistum Essen (UAK Essen) ihre Konstituierung abgeschlossen und die konkrete Arbeit aufgenommen. Am Freitag, 20. Oktober, haben die Mitglieder den ehemaligen Leiter der Rechtsabteilung im Düsseldorfer Schulministerium Dr. Ludger Schrapper mit dieser Aufgabe betraut. Der neue Vorsitzende war über 30 Jahre an verschiedenen Orten in unterschiedlichen Funktionen für die Landesverwaltung tätig. Eine besondere Beziehung zum Ruhrgebiet hat er durch eine mehrjährige Tätigkeit als Präsident der Hochschule für Polizei und Verwaltung in Gelsenkirchen. Der 66-jährige Vater zweier erwachsener Kinder lebt mit seiner Frau in Haan, im Umfeld von Düsseldorf.

Die Errichtung der Unabhängigen Aufarbeitungskommissionen (UAK) in den deutschen Diözesen geht auf eine 2020 getroffene Vereinbarung zwischen dem damaligen Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung und der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) zurück. Ihre Aufgaben wurden in der „Gemeinsamen Erklärung über verbindliche Kriterien und Standards für eine unabhängige Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch in der Kirche“ festgelegt. Demnach soll das neue Gremium die Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt im Bistum Essen konsequent und unabhängig weiter vorantreiben. Die ausnahmslos ehrenamtlich tätigen Kommissionsmitglieder sollen Tatsachen, Ursachen und Folgen von sexuellem Missbrauch an Kindern und Jugendlichen im Ruhrbistum erfassen und Strukturen identifizieren, die sexuellen Missbrauch ermöglicht, erleichtert oder dessen Aufdeckung erschwert haben. Auch soll untersucht werden, wie das Bistum Essen in der Vergangenheit mit Tätern und Betroffenen umgegangen ist.

Die Aktualität und die Notwendigkeit einer solchen unabhängigen Aufarbeitung hat sich gerade im Bistum Essen durch das Bekanntwerden der Vorwürfe gegen Kardinal Franz Hengsbach erneut nachdrücklich erwiesen. Gleichzeitig würdigt der neue Vorsitzende der UAK ausdrücklich auch die bisherigen Bemühungen des Bistums, sexualisierte Gewalt in der Kirche vorbehaltlos aufzudecken und das Leid der Betroffenen anzuerkennen. „Die im Februar dieses Jahres veröffentlichte Studie des Instituts für Praxisforschung und Projektbegleitung (IPP) in München, die im Auftrag des Bistums Essen die Fälle sexuellen Missbrauchs seit Gründung des Ruhrbistums beleuchtet hat, zeugt vom Aufarbeitungswillen der Bistumsleitung. Die Arbeit der UAK wird an die Erkenntnisse der Studie gut anknüpfen können“, so Schrapper. In dieser Studie wurde nicht nur die Notwendigkeit einer weiteren umfassenden Aufarbeitung aufgezeigt, sondern auch die Dringlichkeit, alle Maßnahmen zu ergreifen, die sexualisierte Gewalt in Zukunft verhindern.

Zentral für die Arbeit der Unabhängigen Aufarbeitungskommission wird der Dialog mit den Betroffenen sein, also den Menschen, die als Kinder und Jugendliche sexualisierte Gewalt durch Priester und Laien im Kirchendienst erfahren mussten. Die Kommissionsmitglieder haben das Recht, in konkreten Fällen Akteneinsicht zu nehmen oder Personen zu bestimmten Sachverhalten schriftlich oder mündlich zu befragen. Nicht zu den Aufgaben zählt die Entscheidung über finanzielle Entschädigungen für Missbrauchsopfer. In regelmäßigen Abständen soll der Öffentlichkeit über Erkenntnisse und Anregungen berichtet werden. Zur Unterstützung der Kommissionsarbeit richtet das Bistums Essen gegenwärtig eine Geschäftsstelle ein. Diese soll auch die jederzeitige Erreichbarkeit der UAK Essen sicherstellen.

Der Unabhängigen Aufarbeitungskommission im Bistum Essen gehören acht Mitglieder an: Vom Land Nordrhein-Westfalen wurden benannt die ehemalige Oberstaatsanwältin Gerda Berens und der frühere Regierungspräsident von Münster, Prof. Dr. Reinhard Klenke. Der Betroffenenbeirat im Bistum Essen entsendet drei Mitglieder in die Kommission. Das Bistum Essen benannte neben Dr. Ludger Schrapper die ehemalige Essener Polizeipräsidentin Stephania Fischer-Weinsziehr sowie Prof. Dr. Ulrike Willutzki, Leiterin des Zentrums für Psychische Gesundheit und Psychotherapie (ZPP) an der Universität Witten/Herdecke.

Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck dankt den Kommissionsmitgliedern für ihre Bereitschaft, die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt im Bistum Essen konsequent und kritisch zu begleiten sowie mitzuhelfen, Veränderungen und Maßnahmen auf den Weg zu bringen, damit sexualisierte Gewalt aus dem kirchlichen Alltag verbannt wird.

Pressestelle Bistum Essen

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