Geschichte des Bistums Essen

Zwischen Verwaltungstürmen von Energieunternehmen und Behörden geht der Dom in der Essener Innenstadt fast unter; rein architektonisch gesehen. Aber das „altehrwürdige Münster am Hellweg“ ragt in mancher Beziehung doch weit heraus. Es ist die Keimzelle der Ruhrmetropole mit einer über 1000 Jahre alten Geschichte, ein Zeugnis romanischer und gotischer Baukunst, ein sakraler Bau mit einmaligen Kunstschätzen und seit 1958 Kathedrale des Bischofs von Essen.

850

Auf die Mitte des 9. Jahrhunderts geht die Geschichte des Essener Domes und damit auch der Stadt zurück. Damals entstand hier, unmittelbar an der Grenze von Franken und Sachsen, ein hochadeliges Damenstift. Als Gründer galt bis in die jüngste Zeit Altfrid aus dem sächsischen Geschlecht der Ludolfinger, Berater Ludwigs des Deutschen und später Bischof von Hildesheim. Inzwischen ist sich die Forschung weitgehend einig, dass sicher auch weitere Mitglieder aus dem Hause der Liudolfinger an der Gründung beteiligt waren.

1000

Seine Blütezeit erlebte das Essener Damenstift um das Jahr 1000 unter den Äbtissinnen Mathilde (971-1011) und Theophanu (1039-1058). Beide kamen aus dem ottonischen Kaiserhaus; Mathilde war Enkelin Ottos des Großen, Theophanu Enkelin Ottos II. und der Kaiserin Theophanu. Dom und Domschatzkammer in Essen beherbergen zahlreiche bedeutende Kunstwerke aus dieser Zeit, darunter die Goldene Madonna, den Siebenarmigen Leuchter, das Schwert Ottos des Großen und die Kinderkrone Ottos III. Aufgelöst wurde das Damenstift im Zuge der Säkularisation 1803.

1929

Gut 100 Jahre später entstanden erste Pläne, ein Bistum an der Ruhr einzurichten, „damit die Kirche den arbeitenden Menschen in dem ständig wachsenden Ballungsraum näher komme und tiefer verwurzelt werde“, wie es damals hieß. Verhandlungen mit der preußischen Regierung scheiterten jedoch aufgrund politischer und wirtschaftlicher Hindernisse, und es kam 1929 nur zur Gründung der Bistümer Aachen und Berlin. Die Pläne zur Gründung des Bistums Essen wurden erst 1951 wieder aufgegriffen. Die Verhandlungen zwischen dem Vatikan und dem Land Nordrhein-Westfalen führten am 19. Dezember 1956 zum Abschluss des Vertrages über die Errichtung des Bistums Essen, für das die Erzbistümer Köln und Paderborn sowie das Bistum Münster einen Teil ihrer Gebiete abtreten sollten. Damit umfasste die neue Diözese den mittleren und westlichen Teil des Ruhrgebietes zwischen den Städten Bochum und Duisburg und ragte südöstlich über Gevelsberg in den Kreis Altena-Lüdenscheid ins märkische Sauerland hinein. Zum Zeitpunkt der Gründung lebten hier 3,1 Millionen Menschen, wovon über 1,4 Millionen, also nicht ganz die Hälfte, katholisch waren. Das neue Bistum, im Volksmund bald „Ruhrbistum“ genannt, zählte 209 Pfarreien mit 58 Filialgemeinden, die in 29 Dekanaten zusammengefasst waren.

1958

Kathedralkirche des neuen Bistums wurde die ehemalige Essener Stiftskirche, das alte Münster am Hellweg. Zum ersten Bischof ernannte Papst Pius XII. am 18. November 1957 den Paderborner Weihbischof Franz Hengsbach. Mit dessen feierlicher Inthronisation am 1. Januar 1958 war das Bistum Essen errichtet. Für seinen Bischofsring wählte Hengsbach ein Stück Steinkohle, um auch auf diese Weise die Verbindung zur Bevölkerung seiner Diözese zum Ausdruck zu bringen.

Hengsbach wurde im Laufe der Jahre nicht nur zur Integrationsfigur seines Bistums, sondern für das gesamte Ruhrgebiet. Mit Zukunftsvertrauen und großer Energie baute er die Diözese auf und vermittelte den Menschen in der Zeit tiefgreifender Strukturkrisen Zuversicht und Hoffnung. Er war „vor Ort“, als mit den Zechenstilllegungen erste dunkle Wolken über das Ruhrgebiet aufzogen und auch, als die große Stahlkrise im Revier begann. Er war es auch, der den ‚Initiativkreis Ruhrgebiet‘ gründete, um Maßnahmen zur Überwindung der Strukturkrise im Revier zu ergreifen. Dieser Kreis, dem Spitzenvertreter aus Wirtschaft und Industrie angehören, hat mit dazu beigetagen, den wirtschaftlichen Aufschwung im Revier „anzuschieben“. Verbunden mit seinem Namen bleiben auch die Bischöfliche Aktion Adveniat, das Hilfswerk der deutschen Katholiken für Lateinamerika, dessen Mitbegründer er 1961 war und das seitdem seinen Sitz in Essen hat sowie Verdienste um die Verständigung zwischen Deutschen und Polen. 1988 würdigte Papst Johannes Paul II. das Wirken des ersten Ruhrbischofs mit der Aufnahme in das Kardinalskollegium. Am 24. Juni 1991 starb Franz Hengsbach und wurde in der Westkrypta des Essener Doms beigesetzt.

1992

Zu seinem Nachfolger wählte das Essener Domkapitel den damaligen Kölner Weihbischof Dr. Hubert Luthe. Mit ihm vollzog sich auf dem Bischofssitz in der Ruhrstadt nicht nur ein Generations-, sondern zugleich ein Stilwechsel. Der zweite Bischof von Essen, der am 2. Februar 1992 in sein Amt eingeführt wurde, hielt Hengsbachs Andenken in Ehren, war aber „eher ein Team-Arbeiter als ein Maestro mit dem Hirtenstab“. Seine Sorge galt vor allem der „Strukturkrise“ innerhalb der Kirche – und des Ruhrbistums selbst. Ihm war klar, dass aufgrund drastisch gesunkener Kirchensteuereinnahmen Dienste eingeschränkt, Einrichtungen geschlossen und Stellen abgebaut werden müssen. Und er wusste auch, dass in einem Bistum, das seit seiner Gründung ein Viertel seiner Gläubigen verloren hat, nicht die gleichen pastoralen Strukturen bewahrt weren können wie vor vier Jahrzehnten. Luthe stellte sich dieser Veranwortung mit großem Engagement.

2001

Viele weitere Ereignisse, Entwicklungen und Initiativen bleiben mit dem Namen des zweiten Ruhrbischofs verbunden: der Partnerschaftsvertrag mit dem Erzbistum Kattowitz (Polen), die Gründung des Hilfsfonds der Priester im Bistum Essen, der junge Menschen in akuten Notlagen während ihrer Ausbildungszeit unterstützt, die Errichtung der Jugendstiftung und die Seligsprechung von Nikolaus Groß am 7. Oktober 2001, um nur einige herausragende Beispiele aufzuzählen. Zweifellos hat Hubert Luthe in den zehn Jahren seines bischöflichen Wirkens dem Bistum Essen seinen Stempel aufgedrückt – und ist seinem Ruf stets treu geblieben: ein Seelsorger mit großer persönlicher Glaubwürdigkeit zu sein. Offen, verbindlich und herzlich.

2003

Am 6. Juli 2003 wurde Dr. Felix Genn als dritter Bischof von Essen in sein Amt eingeführt. Schnell hatte er sich mit dem besonderen Charakter dieses Ruhrbistums vertraut gemacht und die spezifischen Herausforderungen in einer großstädtischen Industrieregion erkannt und angenommen.

2005

Er wusste, dass viele Umbrüche und Veränderungen das Ruhrgebiet zu einem Seismographen für gesellschaftliche und wirtschaftliche, ja auch kirchliche Veränderungen haben werden lassen. Für Bischof Genn war das Eintreten für den Erhalt von Arbeitsplätzen bei Opel oder Nokia in Bochum wie auch andernorts selbstverständlich. Er wusste aber auch, dass der Strukturwandel vor dem Ruhrbistum nicht Halt macht und damit auch eine Diskussion um kirchliche Arbeitsplätze unausweichlich ist. Dennoch hatte er nicht erwartet, dass er – kaum 18 Monate im Amt – selbst einen fundamentalen Strukturwandel einleiten musste. „Doch angesichts der zurückgehenden Zahl von Katholiken und aktiven Priestern im Bistum Essen sowie drastisch gesunkener Kirchensteuereinnahmen sind wir zum Handeln gezwungen“, begründete er im Januar 2005 seine Entscheidung, 259 Gemeinden zu 43 Pfarreien zusammenzulegen, 96 Kirchengebäude aufzugeben, Personal abzubauen und Dienstleistungen im Generalvikariat zu zentralisieren.
Ziel dieses umfassenden Maßnahmenkataloges sei es, die Seelsorge in den Gemeinden des Ruhrbistums und den Dienst am Nächsten auch unter veränderten gesellschaftlichen, demographischen und finanziellen Rahmenbedingungen zu sichern und zu stärken, machte Genn deutlich. „Wir müssen diese große pastorale Herausforderung annehmen und den Umbruch der Kirche gestalten. Die Kirche als Gemeinschaft der Glaubenden hat eine Sendung zu erfüllen - auch mit weniger Mitteln.“ Dabei stellt er klar, dass es ihm bei der Neuaufstellung des Ruhrbistums nicht um ein bloßes Spar- und schon gar nicht um die Konstituierung eines diözesanen Auslaufmodells geht. Genn: „Wir wollen die Kirche von Essen mit Gottes Hilfe und den uns zur Verfügung stehenden Mitteln lebendig gestalten.“

2009

Der massive Umbau der Pfarrgemeinden und der kirchlichen Verwaltung im Ruhrbistum waren zwar vollzogen, ihre Folgen aber längst noch nicht überall verarbeitet, als Papst Benedikt XVI. Genn am 19. Dezember 2008 zum Bischof von Münster ernannte. Am 29. März 2009 wurde er im Dom zu Münster als 75. Nachfolger des heiligen Ludgerus in sein Amt eingeführt.

Genns Nachfolger wurde der Münsteraner Weihbischof Dr. Franz-Josef Overbeck, den Papst Benedikt XVI. am 28. Oktober 2009 zum vierten Bischof von Essen ernannte. Der neue Bischof wurde am 4. Adventssonntag, 20. Dezember, im Essener Dom in sein Amt eingeführt. Mit seinen 45 Jahren stand Overbeck von Beginn an als jüngster Bischof Deutschlands unter einer besonderen öffentlichen Beobachtung. Zugute kam ihm dabei seine Herkunft: Aus einer jahrhundertalten Bauernfamilie stammend, aber aufgewachsen im Schatten der Ruhrgebietsindustrie wusste Overbeck von Anfang an, mit dem besonderen Menschenschlag im Ruhrbistum umzugehen.

2010

Zudem zeigte sich die Region gleich zu Beginn von Overbecks Amtszeit von ihrer besten Seite: Für das Jahr 2010 hatte die Europäische Union Essen und dem Ruhrgebiet den Titel „Kulturhauptstadt Europas“ zuerkannt. Auch die katholische Kirche beteiligte sich mit zahlreichen Aktionen an diesem Jahr, dass die Region nachhaltig geprägt hat: Von den spirituellen „Kulturtankstellen“ in den Städten und Kreisen über thematische Gottesdienste, Konzerte und Ausstellungen bis hin zur Beteiligung katholischer Gruppen am Ruhrgebiets-weiten „Day of Song“ oder dem „Stillleben“ auf der gesperrten Autobahn A40.

Zugleich war 2010 für das Bistum Essen wie für die gesamte Kirche in Deutschland ein überaus schwieriges Jahr. Wie ein Schlag traf Bistumsleitung, Priester, Mitarbeiter und Gläubige die seit Beginn des Jahres aufkommende Welle immer neuer Anzeigen sexuellen Missbrauchs in katholischen Einrichtungen. Auch im Ruhrbistum meldeten sich nach und nach immer mehr Menschen mit Berichten über abscheuliche, teils Jahrzehnte zurückliegende Taten. Ein Arbeitsstab nahm sich jeder einzelnen dieser Anzeigen an. Zudem setzte Bischof Overbeck im Laufe des Jahres eine Präventionsbeauftragte ein, um sexuellem Missbrauch in allen kirchlichen Strukturen vorzubeugen. Dennoch blieb eine große Verunsicherung in weiten Teilen der Kirche vorhanden.

2011

Auf diese Verunsicherung reagierte Bischof Overbeck mit der Einrichtung eines umfassenden Dialogprozesses. Overbeck griff damit sowohl eine Initiative der Deutschen Bischofskonferenz als auch des Diözesanrats der Frauen und Männer im Bistum Essen auf. „Mein Wunsch ist es, dass wir im Miteinander-Sprechen Wege finden, um die in Teilen spürbare Lähmung und Resignation zu überwinden“, schrieb der Bischof im Juni in einem Hirtenwort. Damit bezog er sich nicht nur auf die Folgen des Missbrauchsskandals, sondern auch auf Frust und Verbitterung, den die Umstrukturierung der Kirche seit 2005 hinterlassen hatte. Beides – und viele andere Kirchenthemen – sollten in den kommenden zwei Jahren zur Sprache kommen können.

2012

Als Herzstück dieses Dialogprozesses begann im Januar die Reihe von insgesamt sechs Bistumsforen. Jeweils rund 300 Gäste diskutierten bei diesen Tagesveranstaltungen über jeweils ein zentrales Thema. Zudem stellte sich Overbeck seit Anfang des Jahres bei „Dialogen mit dem Bischof“ in der Katholischen Akademie „Die Wolfsburg“ Themen, die die Menschen in besonderer Weise bewegten. Hinzu kamen weitere Dialoginitiativen, etwa auf Ebene der verschiedenen pastoralen Berufsgruppen.

Parallel zu diesem umfangreichen innerkirchlichen Dialogprozess setzte das Bistum Essen 2012 mit seiner Familien-Kampagne auch einen besonderen gesellschaftspolitischen Akzent. Unter der Überschrift „Bindung macht stark“ wurde das Thema Familie ein ganzes Jahr lang von allen Seiten beleuchtet, egal ob bei Diskussionsveranstaltungen, Gottesdiensten, Projekten, Kulturveranstaltungen oder Tagungen – immer standen die große Vielfalt moderner Familienbilder und ihre besonderen Bedürfnisse im Fokus.

2013

Die Ergebnisse der ersten zwei Jahre des Dialogprozesses im Bistum Essen mündeten im Sommer 2013 in das Zukunftsbild. In sieben Begriffen ist darin das (künftige) Bild der Kirche im Ruhrbistum beschrieben: Sie soll berührt, wach, vielfältig, lernend, gesendet, wirksam und nah sein. Mit einem großen Fest auf dem Essener Burgplatz wurde das Zukunftsbild im Sommer vorgestellt – verbunden mit dem Auftrag an alle Gemeinden, Einrichtungen, Verbände und katholische Einzelpersonen, dieses Bild auch zum eigenen Zukunftsbild zu machen.

2014

Hubert Luthe, der zweite Bischof des Bistums Essen, starb am 4. Februar im Alter von 86 Jahren und wurde neben dem Grab von Franz Hengsbach in der Adveniat-Krypta des Doms beigesetzt. Auch über die Trauerfeierlichkeiten hinaus stand der Dom in diesen Wochen im Mittelpunkt: Schon zu Beginn des Jahres hatte Bischof Overbeck mit Thomas Zander einen neuen Dompropst eingeführt. Kurz darauf feierten dann die „Kommunionkinder-Tage“ ihre Premiere, zu denen seitdem jährlich hunderte Jungen und Mädchen in die Domkirche kommen. Im März konnte sich das Bistum Essen dann über die Ernennung eines neuen Weihbischofs freuen. Wilhelm Zimmermann – zuletzt Pfarrer in St. Urbanuns, Gelsenkirchen-Buer – wurde am 29. Juni zum Bischof geweiht.

Nicht nur beim Stand des Bistums Essen auf dem Katholikentag in Regensburg, sondern auch bei vielen Veranstaltungen in Gemeinden und Verbänden stand in diesem Jahr das Zukunftsbild des Bistums im Fokus. Mit einem Schweigemarsch und anderen Aktionen im Rahmen der Kampagne „Bekennen.Beten.Spenden“ solidarisierte sich das Bistum zudem mit verfolgten Christen im Nahen Osten.

Seit dem Jahr 2014 bildet das Bistum Essen ehrenamtliche Frauen und Männer für den Begräbnisdienst aus. In Abstimmung mit den hauptamtlichen Seelsorgerinnen und Seelsorgern führen diese Ehrenamtlichen in ihren Pfarreien eigenverantwortlich Kondolenzgespräche mit Angehörigen, leiten Trauerfeiern und begleiten Trauernde auch nach der Beerdigung.

2015

Nachdem das Zukunftsbild zwei Jahre lang bekannt gemacht, diskutiert und in ersten Projekten erprobt worden war, wurden im Sommer 2015 schließlich 20 konkrete Ideen für den seelsorgerlichen Alltag ausgewählt und bei einem großen Bistumsfest auf dem Essener Burgplatz als bistumsweite Projekte vorgestellt, die bis Anfang 2018 möglichst konkret umzusetzen waren. Darunter waren Segnungsfeiern für Neugeborene, neue seelsorgerliche Angebote in Innenstädten und sozialen Brennpunkten, ein gut genutzter Pilgerweg quer durch das Ruhrbistum, neue Popmusik in der Kirche und ein Gründerbüro für unkonventionelle Ideen.

Im Jahr 2015 kamen viele Menschen vor allem aus Syrien, dem Irak und Afghanistan auf ihrer Flucht nach Deutschland. Unzählige ehren- und hauptamtliche Kräfte aus Caritas und Pfarreien halfen dabei, die Erstversorgung und weitere Integration der Ankommenden zu bewältigen. Das Bistum Essen unterstützte mit einem unbürokratisch abrufbaren Sonderfonds von einer halben Million Euro vor allem ehrenamtliche Hilfsinitiativen.

2016

Die Überlegungen und Entscheidungen rund um das Zukunftsbild mündeten in den Pfarreientwicklungsprozess (PEP). Zwischen 2015 und 2018 diskutierten die 42 Großpfarreien des Bistums Essen künftige Formen kirchlichen Zusammenlebens in ihrem Verantwortungsbereich. Nach einer kritischen Bewertung der wirtschaftlichen Bedingungen entwarfen sie anschließend in sogenannten „Voten“ Pläne für die lokale Kirchenentwicklung: Wo sollen künftig seelsorgerliche, kulturelle und soziale Schwerpunkte gesetzt werden? Welche Kirchen und Gebäude auf Pfarreigebiet können dafür erhalten, welche müssen bis spätestens 2030 aufgegeben werden? Die „Voten“ wurden anschließend in den Fachabteilungen des Bischöflichen Generalvikariates geprüft und von Bischof Overbeck bestätigt. Den Umsetzungsprozess in den Pfarreien begleiten in den Folgejahren die Arbeitsstelle Pfarreientwicklung sowie die Dezernate Kirchengemeinden und Pastoral des Generalvikariates.

2017

„Willkommen im Leben, kleiner Segen!“ Zu den ersten Segensfeiern für Babys, die erstmals Anfang Februar 2017 in fünf Ruhrgebietsstädten stattfanden, kamen mehr als 150 Familien mit ihren Babys. Anders als bei der Taufe werden bei dieser Feier – einem der Zukunftsbildprojekte des Bistums Essen – die Kinder nicht als Kirchenmitglieder aufgenommen, sondern einfach als neues Familienmitglied willkommen geheißen und gesegnet.

Spätestens seit 2010 verändern sich auch die gewohnten Rollen und Berufsidentitäten der Priester, Diakone, Ordensleute, Pastoral- und Gemeindereferentinnen und -referenten. In einem 2017 gestarteten weiteren Prozess auf Bistumsebene „Du bewegst Kirche! – Pastorale Dienste im Gespräch“ geht es einerseits um Ausbildung, Quereinstiege in die Seelsorge, Teamarbeit und Leitungsmodelle für alle in der Seelsorge Tätigen. Andererseits wird nach Möglichkeiten gesucht, den Kreis derjenigen zu erweitern, die Taufe, Krankensegnung oder Assistenz bei der Spendung des Ehesakraments übernehmen können. An der konkreten Umsetzung dieser Themen wird seit 2019 in Projektgruppen gearbeitet, im Jahr 2024 soll der Prozess abgeschlossen sein.

2018

Nachdem die von der Deutschen Bischofskonferenz in Auftrag gegebene „MHG-Studie“ zum Missbrauch an Minderjährigen durch Kleriker im September 2018 veröffentlicht wurde, hat Bischof Overbeck in einem Brief an alle Pfarreien des Ruhrbistums seine Erschütterung und Trauer zum Ausdruck gebracht: „„Ich wünsche mir sehr, dass wir in einem offenen Dialog herausfinden, welche grundsätzlichen Veränderungen in unserer Kirche erforderlich sind, damit sexuelle Gewalt und sexueller Missbrauch bei uns keinerlei Nährboden mehr finden“, schrieb Overbeck.

Die Ära des deutschen Steinkohlenbergbaus ging im Dezember 2018 mit Wehmut, Trauer und Respekt vor den Leistungen der Bergleute zu Ende. Am Tag vor der offiziell letzten Schicht auf Prosper Haniel feierten katholische und evangelische Christen im Essener Dom einen bewegenden Gottesdienst, der live im Fernsehen gezeigt wurde.  

2019

Um sexuelle Übergriffe innerhalb der Strukturen der katholischen Kirche zu verhindern, wurden im Bistum Essen im Mai 2019 neun neue Projekte begonnen – 90 Personen aus Ehren- und Hauptamt, aber auch externe Beraterinnen und Berater arbeiteten daran. Am 11. Januar 2021 wurden die Ergebnisse präsentiert, ihr Ziel: Sexualisierte Gewalt zu verhindern, eine lückenlose Aufarbeitung sicherzustellen und eine Kultur des achtsamen Miteinanders sowie der Sensibilität gegenüber allen Formen des Machtmissbrauchs und der Gewalt zu gewährleisten.

Im Advent 2019 startete der „Synodale Weg“ der katholischen Kirche in Deutschland. In strukturierten Debatten wird eine gemeinsame Haltung zu Fragen der Macht und Gewaltenteilung, der Sexualethik, zur priesterlichen Existenz und Frauen in kirchlichen Diensten und Ämtern gesucht. Am Ende müsse es – so betonte Bischof Overbeck – zu verbindlichen Entscheidungen kommen. Aus dem Bistum Essen reisen zwölf Synodale zu den Versammlungen: Bischöfe, Priester, Theologieprofessoren sowie Vertretungen katholischer Gremien und Verbände.

2020

Die Corona-Pandemie stellte das Leben auf den Kopf. Um die Zeit des Lockdowns mit seinen Kontaktsperren gut zu überbrücken, gab es im Bistum Essen Seelsorge per Telefon und Caritas-Sozialberatung am Fenster oder draußen im Gehen. Gottesdienste wurden per Video-Schalte oder kontaktfrei im Autokino gefeiert. Altenheime luden dazu ein, vom Zimmerfenster aus Hofkonzerten zuzuhören. Ehrenamtliche bestückten Gaben-Zäune mit haltbaren Lebensmitteln, und zum Nikolaustag bot das Bistum Essen die Aktion „rent-a-clause“ an: „Nikolaus, komm in unsere Video-Konferenz.“ 

Bischof Overbeck besuchte mit dem gebotenen Abstand das von Covid-19 besonders schwer getroffene Essener Caritas-Stift St. Lambertus. Overbeck und Generalvikar Klaus Pfeffer warnten vor Verschwörungsmythen, die während des Lockdowns auch innerhalb der Kirche hochkochten. Angesichts der epochalen Veränderungen durch die Corona-Pandemie ermutigte der Bischof in seinem Wort zum Neuen Jahr 2021 zu einer nüchternen Haltung, Besonnenheit und Solidarität.

2021

Als erste Pfarrbeauftragte im Bistum Essen wurde die Gemeindereferentin Sandra Schnell aus Hagen zu Ostern 2021 in der Pfarrei St. Matthäus in Altena und Nachrodt-Wiblingwerde in ihr neues Leitungsamt eingeführt. In dessen Ausübung wird sie dabei von dem Lüdenscheider Pastor Johannes Broxtermann als „moderierendem Priester“ unterstützt. Wenig später folgte ein weiteres Leitungsteam unter Federführung zweier Gemeindereferentinnen in der Pfarrei St. Josef in Essen-Frintrop.

Nach dem Verbot der Segnung gleichgeschlechtlicher Paare durch die Glaubenskongregation im Vatikan schrieb Bischof Franz-Josef Overbeck in einem Brief an alle Pfarreien des Ruhrbistums, die kirchliche Lehre verlange „dringend eine erweiterte Sichtweise auf die menschliche Sexualität“. Dabei brauche es „eine ernsthafte und zutiefst wertschätzende Neubewertung der Homosexualität“.

Die verheerenden Regenfälle und Überschwemmungen am 14. Juli 2021 trafen im Ruhrgebiet Teile von Essen und Mülheim, in erster Linie aber das Märkische Sauerland hart. Bischof Overbeck besuchte die Menschen im Lennetal rund um die Stadt Altena und gedachte besonders der Familien der beiden Feuerwehrmänner, die bei Rettungsarbeiten ums Leben kamen. Das Bistum und seine Caritas stellten 50.000 Euro als Soforthilfe zur Verfügung.

2022

Den am 24. Februar begonnenen russischen Angriffskrieg  auf die Ukraine bezeichnete Bischof Franz-Josef Overbeck als „in dieser Art ethisch unvertretbar“. Er sei eine Aggression, der unbedingt Widerstand geleistet werden müsse.

17 Gemeinde- und Pastoralreferentinnen und ein Gemeindereferent wurden am 12. März 2022 als außerordentliche Taufspenderinnen und -spender beauftragt. Das Bistum Essen übernahm damit eine bundesweite Vorreiterrolle, um die wichtige Aufgabe des Taufens in den Pfarreien sicherzustellen, da immer weniger Priester und Diakone dafür zur Verfügung stehen. Weiter 16 Nicht-Kleriker erhielten im Oktober ihre Taufbeauftragung, ein weiterer Vorbereitungskurs war bereits in Planung. Ende 2023 werden in 30 von 40 Pfarreien im Bistum Essen außerordentliche Taufspenderinnen und Taufspender im Einsatz sein.

Im September wurde in der Versammlung des Synodalen Weges der deutschen Kirche ein Grundtext zur Veränderung der katholischen Sexualmoral durch Sperrminorität einiger Bischöfe abgelehnt. Es folgten deutschlandweit strittige Diskussionen. „Einmal mehr geht Vertrauen in uns Bischöfe verloren”, kommentierte Bischof Overbeck, „nur eine Kirche, die die Lebenswirklichkeit der Menschen wahrnimmt, ist eine lebendige Kirche.“ 

Im Jahr 2022 starben zwei verdiente emeritierte Weihbischöfe des Bistums Essen: Franz Grave (89) am 19. Februar und Franz Vorrath (85) am 17. Oktober 2022.

Ein von einem Bischof geleiteter territorial umschriebener Seelsorgs- und Verwaltungsbezirk. Die Errichtung, Änderung oder Aufhebung eines Bistums erfolgt durch den Heiligen Stuhl. Mehrere Bistümer sind einem Erzbistum (Erzdiözese) zugeordnet und bilden zusammen eine Kirchenprovinz, an deren Spitze ein Erzbischof steht. Nach der Neuordnung der Bistumsgrenzen (1995) gibt es in Deutschland 7 Erzbistümer (Bamberg, Berlin, Freiburg, Hamburg, Köln, München-Freising sowie Paderborn) und 20 Bistümer (Aachen, Augsburg, Dresden-Meißen, Eichstätt, Erfurt, Essen, Fulda, Görlitz, Hildesheim, Limburg, Magdeburg, Mainz, Münster, Osnabrück, Passau, Regensburg, Rottenburg-Stuttgart, Speyer, Trier und Würzburg).

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