Bischof Dr. Felix Genn

„Wir verkünden Euch das Leben“

von Ulrich Lota

Bei der Nachricht von seiner Wahl zum Ruhrbischof fielen ihm Begriffe ein wie: Zechen, Industrie, Arbeitslosigkeit, Strukturwandel, sozialer Umbruch. Und er dachte: „Mein Gott…!“ Die Region zwischen Rhein, Ruhr und Lenne kannte er bis dahin nur aus der Ferne. Doch Klischees sind seine Sache nicht. Felix Genn, Weihbischof in Trier, folgte dem Ruf und wechselte 2003 von der ältesten deutschen Diözese an die Spitze des jüngsten nordrhein-westfälischen Bistums, um Nachfolger von Hubert Luthe und damit dritter Bischof von Essen zu werden.

Keinen „Laut-Sprecher“ oder „Alles-neu-Macher“ hatte es da ins Ruhrgebiet verschlagen. Felix Genn tat’s stets auf seine Weise, eine leise Weise. Gottvertrauen, Klugheit und Neugier auf Menschen waren die Gaben, die er in seine neue, ihm zunächst fremde Heimat mitgebracht hatte – aber auch Humor und ein gutes Gedächtnis. Eigenschaften, die es ihm leicht machten, im Ruhrgebiet anzukommen, „Ruhrbischof“ zu werden.

Ruhrbischof? – so werden die Bischöfe der flächenmäßig kleinsten Diözese Deutschlands oft und gerne bezeichnet. Und doch ist dieser inoffizielle Titel für jeden Amtsinhaber eine Herausforderung, Verpflichtung und Bürde zugleich. Wie keiner seiner Vorgänger hat das Felix Genn erfahren müssen.

Schnell hatte er sich mit dem besonderen Charakter dieses Ruhrbistums vertraut gemacht, einer jungen Diözese, die deshalb geneigt ist, den Blick eher nach vorne als in die Vergangenheit zu richten. Eine Diözese in einer Region, die kein richtiges Zentrum kennt, vielmehr selbst Zentrum ist und in der den Menschen der eigene Kirchturm bis heute näher ist als die mehr als tausend Jahre alte Münsterkirche am einstigen Hellweg. Aber auch eine Diözese, die die Eigenart, die spezifischen Herausforderungen und die ihr eigenen Möglichkeiten des Handelns in einer großstädtischen Industrieregion erkannt und angenommen hat. Gerade dieser Weltauftrag der Kirche zwischen Rhein, Ruhr und Lenne ist das identitätsstiftende Merkmal des Ruhrbistums. „Dieses Erbe bleibt wirksam“, ist Bischof Felix Genn überzeugt. „Die Kirche von Essen ist immer vor Ort, selbst wenn sich der Ort verändert hat.“

Gerade diese Veränderungen haben das Ruhrgebiet zu einem Seismographen für gesellschaftliche und wirtschaftliche, ja auch kirchliche Veränderungen werden lassen. Für Ruhrbischof Genn war das Eintreten für den Erhalt von Arbeitsplätzen bei Opel oder Nokia in Bochum wie auch andernorts selbstverständlich. Er wusste aber auch, dass der Strukturwandel vor dem Ruhrbistum nicht Halt macht und damit auch eine Diskussion um kirchliche Arbeitsplätze unausweichlich ist. Dabei war ihm klar, dass die Öffentlichkeit den notwendigen Personalabbau im Bistum Essen äußerst sensibel beobachten wird. Hier werde sich zeigen, so kommentierte es damals ein Journalist, ob Genn wirklich der Ruhrbischof ist oder doch nur der Bischof von Essen. Das hätte ihm niemand zu sagen brauchen.

Geboren am 6. März 1950 in Burgbrohl, wuchs Felix Genn in Wassenach am Laacher See auf. Seiner Eifeler Heimat fühlt er sich bis heute verbunden. Das kirchlich verwurzelte bäuerliche Elternhaus hat ihn geprägt: er ist einerseits bodenständig und realistisch, kein Mann wolkiger Visionen, andererseits einer, der seine Verbundenheit zu Gott sichtbar lebt. „Frömmigkeit ist sozusagen sein Beruf“, hieß es schon in Trier über ihn. Zur Bischofsweihe 1999 wählte Genn sich den Wahlspruch „Wir verkünden Euch das Leben“ aus dem ersten Brief des Apostels Johannes. Er verbindet damit die Überzeugung, dass sich die christliche Botschaft nur auf Grund von Erfahrungen weitergeben lasse. Er möchte Menschen mit Jesus und seiner Botschaft in Berührung bringen und sie einladen, zu erfahren, dass Christ zu sein die bessere Alternative ist. Immer wieder betont er deshalb, dass die Kombination moderner Mensch und Christ sein gelingen kann. Beeinflusst ist Genns Denken von dem Schweizer Theologen Hans-Urs von Balthasar, mit dem er auch persönlich eng verbunden war. Von ihm hat er die Leitung des priesterlichen Zweigs der internationalen Johannesgemeinschaft übernommen.

Nach dem Abitur in Andernach und dem Theologiestudium in Trier und Regensburg wurde Genn 1976 zum Priester geweiht. Erste Erfahrungen in der Seelsorge sammelte er zwei Jahre als Kaplan in Bad Kreuznach. 1978, im Alter von 28 Jahren, wurde er Subregens am Bischöflichen Priesterseminar in Trier und 1985, nach seiner Promotion zum Dr. theol. mit einer Arbeit über den heiligen Augustinus, Spiritual und war damit für die geistliche Begleitung und Ausbildung der Priesteramtskandidaten zuständig. Von 1994 bis 1997 nahm Genn einen Lehrauftrag für Christliche Spiritualität an der Theologischen Fakultät Trier wahr. Einen Namen weit über die Grenzen seines Heimatbistums hinaus machte er sich 1996 als Leiter der Heilig-Rock-Wallfahrt. Unter seiner Leitung wurde die traditionsreiche Pilgerfahrt zu einem besonderen geistlichen Ereignis, an der rund 700.000 Menschen teilnahmen.

1997 übernahm Genn die Leitung des Studienhauses St. Lambert in Lantershofen, einem Seminar für spätberufene Priesteramtskandidaten. Diese besondere Priesterausbildung liegt ihm  sehr am Herzen. 1999 ernannte ihn Papst Johannes Paul II. zum Titularbischof von Uzali und Weihbischof in Trier. Als Bischofsvikar war er für den Visitationsbezirk an der Saar zuständig. Dort konnte er viele Erfahrungen in einer Region sammeln, die als krisengeschüttelter Kohle- und Stahlstandort viele Parallelen zum Ruhrgebiet aufweist. Erfahrungen, die ihm heute als Ruhrbischof zugute kommen sollten. Dennoch hatte er nicht erwartet, dass er – kaum 18 Monate im Amt – selbst einen fundamentalen Strukturwandel einleiten musste. „Doch angesichts der zurückgehenden Zahl von Katholiken und aktiven Priestern im Bistum Essen sowie drastisch gesunkener Kirchensteuereinnahmen sind wir zum Handeln gezwungen“, begründete er im Januar 2005 seine Entscheidung, 259 Gemeinden zu 42 Pfarreien zusammenzulegen, 96 Kirchengebäude aufzugeben, Personal abzubauen und Dienstleistungen im Generalvikariat zu zentralisieren.

Ziel dieses umfassenden Maßnahmenkataloges sei es, die Seelsorge in den Gemeinden des Ruhrbistums und den Dienst am Nächsten auch unter veränderten gesellschaftlichen, demographischen und finanziellen Rahmenbedingungen zu sichern und zu stärken, machte Genn deutlich. „Wir müssen diese große pastorale Herausforderung annehmen und den Umbruch der Kirche gestalten. Die Kirche als Gemeinschaft der Glaubenden hat eine Sendung zu erfüllen - auch mit weniger Mitteln.“ Dabei stellt er klar, dass es ihm bei der Neuaufstellung des Ruhrbistums nicht um ein bloßes Spar- und schon gar nicht um die Konstituierung eines diözesanen Auslaufmodells geht. Genn: „Wir wollen die Kirche von Essen mit Gottes Hilfe und den uns zur Verfügung stehenden Mitteln lebendig gestalten.“

Mit einem „knallharten Sanierer“ hat Felix Genn denn auch nichts gemein, ein Managertyp ist er schon gar nicht. Aber seiner Verantwortung als Bischof ist er nicht ausgewichen. Er musste handeln – und er handelte. Ihm ging es nicht um Bilanzen, darum, die Kirche als Dienstleister effektiver zu machen. Vielmehr sah er die Notwendigkeit, „dass Christen sich wieder sammeln, um aus der Sammlung in die Sendung zu gehen“. Er weiß: Niemand ist heute selbstverständlich Christ. Deshalb war und ist ihm eines stets besonders wichtig: Gott den Menschen näher zu bringen.

Am 19. Dezember 2008 ernannte Papst Benedikt XVI. Dr. Felix Genn zum Bischof von Münster. Am 29. Marz 2009 wurde er im Dom zu Münster als 75. Nachfolger des heiligen Ludgerus in sein Amt eingeführt.

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