Thomas Sternberg: „Christen nehmen die Dinge selbst in die Hand“
Mit „temperiertem Optimismus“ startet Thomas Sternberg, Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), in die erste Versammlung des „Synodalen Wegs“, die am Donnerstag, 30. Januar, in Frankfurt begonnen hat. Der größte Teil der 230 Delegierten sei reformbereit, sagte Sternberg am Vorabend der Synodalversammlung in der Veranstaltungsreihe „Kirche auf dem Drahtseil“ der Gemeinde St. Maria Magdalena in Wattenscheid-Höntrop.
Im bis auf den letzten Platz besetzten Gemeindezentrum „MaGma“ relativierte Sternberg zugleich überzogene und deshalb enttäuschende Erwartungen an die Ergebnisse des Synodalen Wegs: „Wir werden in Deutschland in zwei Jahren nicht Frauen zu Priesterinnen weihen können.“ Aber dennoch müssten Fragen, die man in der deutschen Kirche allein nicht beantworten könne, offen diskutiert werden: „Die Beschlüsse werden dann als Voten an die Entscheider weitergegeben.“
Christen sind nicht Helfer des Amtes, sondern handeln verantwortlich
Sternberg nutzte den Vorabend der „heißen Phase des Synodalen Weges“ – so Moderator Herbert Fendrich –, um seinen Zuhörern aus Wattenscheid und Umgebung seine Vision der Kirche vorzustellen: Selbstbewusste Christen nehmen die Verantwortung für ihre Gemeinden selbst in die Hand, organisieren sich vor Ort, geben den Glauben weiter und pflegen die Gemeinschaft mit Bistum und Weltkirche.
„Das Gemeindebüro ist ein nicht zu unterschätzender Ort der seelsorglichen Verantwortung“, sagte Sternberg. Außerdem brauche man religiöse Ansprechpartner: „Frauen und Männer der Gemeinde, mit denen man vertraulich über Dinge sprechen kann, die den Glauben berühren.“ Manche Aufgabenfelder der Seelsorge – Hochzeiten oder Beerdigungen –, bei denen man mit Christen an den Rändern der Kirche in Kontakt komme, bräuchten dringend mehr Aufmerksamkeit. Überall habe die Kirche vor Ort längst ein weibliches Gesicht, und die Protestbewegung Maria 2.0 sei „eine sehr gute Sache“.
Die Kirche braucht Priester
Dennoch brauche die Kirche Priester für die Eucharistiefeier als inneren Kern des Gemeindelebens. Seit 1990 gebe es 30 Prozent weniger Priester, auf zehn verstorbene oder aus dem Dienst geschiedene Priester komme lediglich ein Neugeweihter. Die Lösung vieler Diözesen, alteingesessene Gemeinden zu Großpfarreien zusammenzulegen, sieht Sternberg kritisch: „Pastorale Vollversorgung“ in diesen großen Einheiten werde es nicht geben können, Gemeinde bilde sich vor Ort. Andererseits sei die Idee, 3000 Gläubige als eigene Gemeinde mit Pfarrer, Kirche, Pfarrheim und Kindergarten auszustatten, schon in den 1970er Jahren nicht aufgegangen. Für seinen Vorschlag erhielt er Zwischenapplaus: „Einen Antrag in Rom stellen, um die ersten zwei oder drei verheirateten Diakone zu Priestern weihen zu können.“ Damit müsse der Zölibat keineswegs abgeschafft werden.
Internationale Aufmerksamkeit ist dem „Synodalen Weg“ in Deutschland nach Sternbergs Eindruck jetzt schon beschieden. Jetzt komme es darauf an, Machtstrukturen zu verändern, synodale Formen zu entwickeln und Subsidiarität – also Mitverantwortung und Selbstbestimmung – auch in den Gemeinden ernst zu nehmen: „Bin ich ein Schaf und warte auf den Hirten? Wir alle sind Schafe des einen Hirten Jesus Christus.“