von Jürgen Flatken

School`s out wegen Corona? Von wegen!

Vor zwei Wochen hat NRW seine Schulen wegen der Corona-Pandemie vorsorglich geschlossen. Schülerinnen und Schüler und auch die Schulen wurden mit dieser Entscheidung vor große Herausforderungen gestellt. Nach anfänglichen Startschwierigkeiten scheinen sich aber alle mit der Situation arrangiert zu haben.

Am Freitag den 13. kam die Nachricht – und platzte ein wie eine Bombe: Ab Montag bleibt die Schule zu. Bis zu den Osterferien. „Super, drei Wochen schulfrei“, freute sich Schülersprecher Moricz Hübinger vom Mariengymnasium in Essen-Werden, als er davon hörte. „Da war mir der Ernst der Lage noch nicht ganz klar.“ Nachdenklich blickt der 17-Jährige auf die Zeit, die erst 14 Tage zurückliegt – einer in Corona-Zeitrechnung mit sich überschlagenden Ereignissen gefühlten Ewigkeit. „Wie geht’s jetzt weiter? Was passiert jetzt?“, fragte sich dagegen Jonas Fußangel, Sprecher des 11. Jahrgangs. „Die Schule muss ja irgendwie weitergehen.“

Dieser Ansicht waren auch die Lehrerinnen und Lehrer und sahen sich mit der Herkules-Aufgabe konfrontiert, quasi über Nacht, Unterrichtsmaterialien „to go“ zusammen zu stellen, um ihrem Bildungsauftrag gerecht zu werden. Doch wie funktioniert das Lernen aus der Ferne? Welche Rolle spielt dabei das Internet? Und wie kommen die Schülerinnen und Schüler an die Lehrmaterialien?

„Da unsere IT-Neuausstattung und damit die Einrichtung einer schulinternen Cloud erst für die Osterferien geplant war, verfügen wir leider noch nicht über eine schulinterne Lösung“, erzählt Christiane Schmidt, Schulleiterin des Mariengymnasiums. „Daher lösen einige Kollegen dieses Defizit durch eigenes Engagement.“ So bekommen die Klassen fünf bis neun ihre Unterlagen von den Klassenlehrern zugemailt, die Klassen zehn bis zwölf von ihren jeweiligen Fachlehrern.  

Schüler nutzen Microsoft Office 365

Großes Glück hatte dagegen die Sekundarschule am Stoppenberg, „weil bei uns der digitale `Rollout´ bereits abgeschlossen ist“, freut sich Benedikt Bahrfeck, der stellvertretende Schulleiter. Der digitale Fortschritt hat bereits Einzug gehalten. „Das bedeutet in der Praxis, dass alle Schülerinnen und Schüler über eine eigene Schulmailadresse verfügen und darüber bereits Verteiler erstellt worden sind.“ Zusätzlich könne jeder Schüler Microsoft Office 365 auf seinem Rechner oder Tablet nutzen, „was ein Riesenvorteil ist, da wir so Informationen und Aufgaben einfach und unkompliziert weitergeben können“.

Doch Schule ist mehr als reine Informationsvermittlung. „Natürlich kann das beste digitale `Austauschsystem´ in keinem Fall einen adäquaten Ersatz für Unterricht im klassischen Sinne darstellen“, betont Bahrfeck. Sein Kollege Thomas Regenbrecht, Schulleiter des Bischöflichen Abtei-Gymnasiums, Duisburg ergänzt: „Wir als Schule haben neben dem Lehrauftrag auch den nicht minder wichtigen Erziehungsauftrag. Bildung als Entwicklung einer Haltung zum Sachwissen geschieht immer im Unterricht, also in der persönlichen Begegnung.“ Soziales Verhalten und die Erziehung zum mündigen Bürger können nicht im Fernstudium geschehen. Auch Schulleiterin Schmidt ist sich sicher, dass „bei aller Technikbegeisterung, der Unterricht von der direkten Kommunikation und Interaktion zwischen Schülerinnen und Schülern sowie mit dem Lehrer lebt. Die Persönlichkeiten der Einzelnen tragen zum individuellen Lernerfolgt bei.“ Die reale Atmosphäre eines Klassenzimmers sei nicht zu unterschätzen. Die ersten Wochen zeigen, dass die Technik und das digitale Lernen ein sinnvolles Unterstützungselement seien, die Schulatmosphäre und die Mitschüler aber nicht ersetzen können.

Digitale Bigband-Probe

Das kann Moricz Hübinger nur unterschreiben, dem der persönliche Kontakt in der Schule „schon abgeht.“ Deswegen freut er sich auch schon auf die digitale Bigband-Probe mit Hilfe einer Meeting-App. „Ich bin gespannt, wie das wird.“ Er ist als Klavierspieler am Start, Schulkollege Jonas Fußangel als Saxophonist. Die beiden Schüler haben sich mit der Situation arrangiert.

„Anfangs gab es ein paar Startschwierigkeiten“, erzählt der 17-jährige Jonas. „Aber jetzt läuft es gut. Die Zusammenarbeit mit den Lehrern, aber auch untereinander.“ Er und seine Schulkameraden nutzen rege die sozialen Medien: Stufenchat und Whatsapp-Gruppen werden zum Fragen stellen, diskutieren und für gegenseitige Unterstützung genutzt.

„Es war schon eine Umstellung“, berichtet Moricz. Statt Bespaßung von Seiten der Schule war plötzlich Selbstdisziplin angesagt. „Ich musste das Lernen lernen“, erzählt er lachend. In den ersten Tagen saß er von zehn Uhr vormittags bis abends um acht am Schreibtisch „und ich habe irgendwie nichts geschafft.“ Handy, Bücher und alles andere waren spannender. „Es hat sich aber eingespielt. Ich habe den Tag jetzt strukturiert mit Lern- und Freizeitphasen. Das hat echt was gebracht und ich lerne konsequenter.“ Gleichzeitig böten die Lehrer und Lehrerinnen Möglichkeiten der Lernkontrolle an. „So hat unter anderem mein Geschichtslehrer vorgeschlagen, über Skype Fragen zu klären und Ergebnisse zu besprechen“, freut er sich über die Chance, Rückmeldung zu bekommen. Das System Schule hat für sich Wege durch die Corona-Zeit gefunden. Ersetzbar ist es auf Dauer aber nicht.  

Pressestelle Bistum Essen

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