von Cordula Spangenberg

Pfingsten: Ein lebenswendendes Ereignis

Wie eine Gruppe verängstigter Apostel zu Helden der Verkündigung wurde – und ihre Nachfolger den Heiligen Geist in Konzilsdokumenten festzurrten

Was genau damals an diesem Pfingsttag geschehen ist, von dem die Apostelgeschichte im zweiten Kapitel erzählt, das lässt sich nur schwer nachhalten. Die Sachlage: Die Apostel hatten sich nach der letzten Begegnung mit ihrem Meister Wochen lang im Obergeschoss eines Hauses verkrochen. 50 Tage später erlebten sie an einem jüdischen Festtag gemeinsam eine Szene, die die ganze Gruppe von Grund auf umkrempelte. Zu lesen ist von einem „Getöse“, das die Passanten zusammenströmen ließ, weil „diese Galiläer“, die sie vorher als ziemlich verdruckst wahrgenommen hatten, plötzlich auffällig laut und gesprächig wurden. Ob sie etwa früh am Morgen schon betrunken seien, mussten die Apostel sich fragen lassen.

Ihr Anführer Petrus, der zuvor nicht unbedingt durch Mut, Bildung oder bestechende Rhetorik aufgefallen war, stellt sich unvermittelt hin mit einer Rede über „diesen Jesus“, den Gott zum Herrn und Messias gemacht habe, und „den ihr gekreuzigt habt“. Die Menge war bereit zuzuhören, 3000 Menschen traten anschließend der bis dato unscheinbaren Gemeinschaft bei. „Sie hielten an der Lehre der Apostel fest und an der Gemeinschaft, am Brechen des Brotes und an den Gebeten.“ Soweit der Hergang, wie die Apostelgeschichte ihn darstellt.

Sturm, Flammen und Courage

Was war passiert? Der Text nennt als Urheber den Heiligen Geist, der die Anwesenden erfüllt habe. Offensichtlich scheint, dass sie ein lebenswendendes Erlebnis hatten, das ihnen Charisma und Courage schenkte. Wie genau dieser Geist zu spüren ist, bleibt im Dunkeln. Das Neue Testament bemüht dafür an verschiedenen Textstellen einige Metaphern: Brausen, Wind und Sturm, Feuer, Quellwasser, Salböl, die Taube.

Erst der Heilige Geist – später die Kirchenspaltung

Ohne dieses ungeregelte Geist-Erlebnis, so viel scheint klar, hätte der christliche Glaube sich gar nicht erst ausgebreitet. Zur Geschichte gehört aber auch, dass die christlichen Wortführer das Verhältnis des Heiligen Geistes zu Gott Vater und Gott Sohn nicht der Phantasie ihrer Mitchristen überlassen wollten. 300 Jahre später wurden deshalb Glaubenssätze zu Fragen des Geistes und der Dreifaltigkeit konzilsfest gemacht, die in ihrer Spitzfindigkeit schließlich im 9. Jahrhundert zur Spaltung zwischen römisch-katholischer und orthodoxer Kirche führten – ein Streit, der bis heute nicht behoben ist und die Konfessionen weiterhin trennt.

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