von Ulrich Lota

Overbeck: „Papst em. Benedikt XVI. war von der Vernünftigkeit des Glaubens überzeugt“

Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck würdigt bei einem Pontifikalrequiem im Essener Dom den früheren Papst Benedikt XVI. als großen Theologen, der von der Vernünftigkeit des Glaubens überzeugt war.

Bei einem feierlichen Gedenkgottesdienst haben sich Menschen am Sonntag, 15. Januar, im Essener Dom von dem am Silvestermorgen verstorbenen Papst emeritus Benedikt XVI. verabschiedet.

Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck würdigte Joseph Ratzinger, wie er mit bürgerlichem Namen hieß, erneut als einen großen Theologen, der sein ganzes Leben „von der Vernünftigkeit des Glaubens“ überzeugt war. Josef Ratzinger habe sich nie darauf verlassen, „dass nur das Sichtbare das Vernünftige ist, um das Ganzes unseres Wirklichkeitsbezuges zu begreifen“, so der Ruhrbischof in seiner Predigt. Der Primat des Unsichtbaren vor dem Sichtbaren gehöre deswegen für den verstorbenen Papst wesentlich zum Glauben, der dem vernunftbegabten Menschen als Geschenk gegeben und zugleich aufgetragen sei. Overbeck: „Dieser Glaube selbst ist vernünftig, doch nicht nur mit der Vernunft zu erschließen, weil er Gnade ist und eine lebendige Begegnung und Beziehung mit dem Gott voraussetzt, der in Jesus Christus Mensch geworden ist und uns erhört hat.“

Für Josef Ratzinger, so der Ruhrbischof, gehörte eine „Einführung in das Christentum“, so der Titel eines der bekanntesten Werke des späteren Papstes, für jede Generation neu zu den großen Aufgaben eines Lebens im Glauben. Overbeck: „Was er darum immer in wieder neuen Anläufen im Rahmen seiner verschiedenen Aufgaben als Professor, Erzbischof, Kardinal, Präfekt der Glaubenskongregation, Papst und Papst emeritus auslegt, kreist stets um diesen tiefen inneren Kern unseres Menschseins, wesentlich empfangen und dialogisch hingeordnet auf Gott zu sein.“

Dies komme auch in der ersten großen Enzyklika Papst Benedikts XVI. „Deus caritas est“ zum Ausdruck, sagte der Bischof. „Weil es eben notwendig ist, in unserer Welt, in der Gott nicht mehr selbstverständlich ist, gleichsam eine neue Einführung in das Christentum vorzunehmen, und zwar durch eine lebendige Verhältnisbestimmung zwischen Glaube und Liebe, zwischen Fides und Caritas, zwischen Religion und sozialem Engagement, verbunden mit einem stetigen Nachdenken über einen christlich bestimmten Vernunftbegriff.“

Mit seinem Rücktritt als Nachfolger des heiligen Petrus habe Benedikt XVI. „einen historisch bedeutsamen Schritt“ gesetzt, so der Ruhrbischof, der gleichzeitig möglicherweise auch das Ende einer kirchengeschichtlich hoch bedeutsamen Epoche eingeläutet habe. „Denn wer davon beseelt ist, den modernen Menschen als gläubigen Christen in die Schönheit des Lebens mit Gott und in die Tiefe der spirituellen Verbindung mit dem Mensch gewordenen, gekreuzigt und auferstandenen Jesus einzuführen, der versteht nicht nur den Raum der Kirche als einen idealen Raum für dieses Leben. Er weiß vielmehr auch um die großen Herausforderungen der Welt mit ihren Alltäglichkeiten, aber auch ihren Abgründen, wie z.B. dem Missbrauch und allen Formen von Gewalt, schließlich um seine Umkehrbedürftigkeit.“

Als ein solcher Mensch, der dieser Umkehr bedürftig war, habe sich auch unser verstorbener emeritierter Papst Benedikt verstanden, so der Bischof, und folglich in seinem geistigen Testament um Vergebung gebeten. „Als ich es las, dachte ich an den Abschluss seiner Predigt zu unserer Priesterweihe, bei der er darauf hinwies, dass das Wesentliche der Weihe in Handauflegung und Gebet geschähe“, sagte Overbeck, der von Kardinal Joseph Ratzinger 1989 in Rom zum Priester geweiht worden ist. „Die Handauflegung sei unter anderm ein Zeichen, ein Leben lang unter dem Schutz Gottes geborgen zu sein und zu bleiben, als bedürftige Menschen, die sich von der Nähe Jesu Christi immer wieder inspirieren lassen und ihren Dienst tun. Seinen wichtigsten Ausdruck fände dies nicht umsonst in der Liturgie, deren Ästhetik Papst Benedikt immer wieder betont hat. Es ist heilsam, dass am Ende das wahre Schöne, ein vollendetes Leben, bei Gott zu finden ist, das aber auch durch Abgründe hindurchgehen muss.“

Predigt Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck im Wortlaut zum Download (PDF)

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