von Thomas Rünker

Overbeck: Münchener Gutachten muss Konsequenzen für den Alltag haben

Bischof Overbeck und Generalvikar Pfeffer betonen die individuelle Verantwortung in der Leitung der Kirche.

Aktueller Hinweis:

Die sozialwisschenschaftliche Studie zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt im Bistum Essen ist am 14. Februar 2023 veröffentlicht worden.

Alle zentralen Ergebnisse zur weiterführenden Studie finden Sie hier

In der Diskussion um das neue Missbrauchsgutachten des Erzbistums München und Freising hat Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck die individuelle Verantwortung in der Leitung der Kirche betont: „Wir sehen heute deutlich, dass Verantwortung übernommen werden muss – und Verantwortung ist immer personal.“ Nun gehe es darum, „dass sich auch der Vatikan, dass sich auch Papst Benedikt dazu verhält“, sagte Overbeck am Donnerstagabend in einem „ZDF Spezial“. Das Gutachten thematisiert unter anderem die Verantwortung von Kardinal Joseph Ratzinger, dem emeritierten Papst Benedikt XVI.. 1980 hatte Ratzinger als Erzbischof von München und Freising über die Aufnahme eines Essener Priesters in sein Bistum entschieden, der zuvor in Essen und Bottrop Jungen sexuell missbraucht hatte.

Overbeck betonte, dass das Münchener Gutachten „Konsequenzen für den Alltag“ haben müsste. Er verwies auch darauf, dass im Bistum Essen und in der gesamten katholischen Kirche in Deutschland in den vergangenen Jahren viel hinsichtlich der Prävention von sexualisierter Gewalt passiert sei. „Hier haben wir viel getan, um das zu verhindern, was zu diesem Desaster geführt hat“, sagte Overbeck mit Blick auf den Missbrauchsskandal. Das Münchner Gutachten bedeute wie die anderen Gutachten „eine große Aufgabe für uns“. Dabei verwies er auch auf den Synodalen Weg, der mit seinen teilweise heftigen Diskussionen ein erster Schritt sei, „um Perspektiven zu eröffnen“.

Generalvikar Pfeffer: „Den Betroffenen zuhören und Ihnen Glauben schenken“

Generalvikar Pfeffer nannte das Münchener Gutachten im WDR5-Mittagsecho „ein sehr deutliches Signal für die katholische Kirche, endlich Schluss damit zu machen, Verantwortlichkeiten nicht klar zu benennen“. Zugleich müsse die Kirche noch viel stärker als bisher „den Betroffenen zuhören und Ihnen Glauben schenken“, unterstrich Pfeffer ähnlich lautende Empfehlungen der Münchener Gutachter. Ihn selbst hätten die Begegnungen mit Betroffenen sexuellen Missbrauchs in den vergangenen Jahren sehr verändert: „Das geht schon sehr unter die Haut – und das lässt auch mich manchmal an meiner eigenen Kirche verzweifeln.“

Im Auftrag des Bistums Essen wird im Herbst das Institut für Praxisforschung und Projektberatung (IPP) eine Studie vorstellen, die mit einem sozialwissenschaftlichen Fokus die Missbrauchsfälle im Ruhrbistum aufarbeitet und dabei auch den gesellschaftlichen und kirchlichen Kontext einbezieht. Das IPP hat seit März 2020 Zugang zu allen Akten, die die Missbrauchsfälle in der Bistumsgeschichte betreffen und führt auf Basis der Aktenauswertung Interviews mit Verantwortlichen, Betroffenen und weiteren Zeitzeugen im Bistum und den betroffenen Gemeinden. Dabei geht es besonders um die Frage, welche Strukturen, Verhaltensmuster und Fehler von Verantwortlichen sexualisierte Gewalt in kirchlichen Einrichtungen der Diözese begünstigt haben. Eine juristische Untersuchung aller Personalakten der noch lebenden Geistlichen zu etwaigen Vorwürfen oder Verdachtsfällen sexuellen Missbrauchs hatte das Ruhrbistum bereits 2012 bei den Rechtsanwälten der Kölner Kanzlei Axis in Auftrag gegeben und die Ergebnisse 2017 vorgestellt. Darüber hinaus hatte das Bistum Essen im Jahre 2017 die Personalakten aller bekannt gewordenen Priester, die sexuelle Missbrauchstaten begangen hatten, der Staatsanwaltschaft zur Prüfung übergeben.

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