von Thomas Rünker

„Der Synodale Weg steckt in seiner ersten Bewährungsprobe“

In der Mülheimer Akademie „Die Wolfsburg“ diskutierte der Bischof mit der Benediktinerschwester Philippa Rath und dem Theologieprofessor Matthias Sellmann über den aktuellen Stand beim Reformdialog.

Bischof Franz-Josef Overbeck erwartet nicht, dass sich alle Teilnehmer des Synodalen Wegs am Ende des kirchlichen Reformdialogs auf einheitliche Stellungnahmen einigen werden. Wenn es angesichts der unterschiedlichen Einstellungen gelänge, „mit 70 bis 80 Prozent“ der Delegierten Übereinstimmungen zu erzielen, „ist viel erreicht“, sagte der Bischof am Dienstagabend in Mülheim. Gut acht Monate nach seinem Beginn stehe der Synodale Weg derzeit in seiner ersten Bewährungsprobe: „Nach einem guten und lebendigen Start werden jetzt die verschiedenen Perspektiven deutlich, mit denen die Themen behandelt werden“, so Overbeck.

Der Synodale Weg

Als Konsequenz aus dem Missbrauchsskandal hatten die Deutsche Bischofskonferenz und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken den Synodalen Weg gestartet und bei einem ersten Treffen in Frankfurt Ende Januar eröffnet. Bei fünf Regionalkonferenzen Anfang September standen dann erste Arbeitspapiere aus den vier thematischen Synodalforen zur Diskussion.

Zusammen mit der Bank im Bistum Essen hatte die Katholische Akademie „Die Wolfsburg“ zum „Dialog mit dem Bischof“ über den aktuellen Stand der Beratungen über Neuausrichtungen der Kirche bei den vier zentralen Themen, Frauen, Macht, Sexualität / Partnerschaft und priesterliche Existenz eingeladen. Mit Overbeck diskutierten die Rüdesheimer Benediktinerschwester Philippa Rath und der Bochumer Theologieprofessor Matthias Sellmann, die wie Overbeck zu den 230 Mitgliedern der Synodalversammlung gehören.

Unkontrollierte Machtausübung in der Kirche

„Jetzt ist klar, wie ernst der Prozess von allen genommen wird. Jetzt kommt es darauf, wie wir miteinander umgehen“, betonte der Bochumer Theologie-Professor Matthias Sellmann, der zusammen mit Overbeck im Synodalforum „Macht und Gewaltenteilung in der Kirche“ mitarbeitet. In der Kirche gebe es „ein großes Ausmaß an unkontrollierter Machtausübung“, betonte Sellmann. Menschen in Demokratien würden gewöhnlich „durch Kompetenz und Wahl“ zu einem Amt kommen und bürgerliche Gesellschaften sich „die Menschen selbst aussuchen, die sie regieren“ – anders als Bischöfe, die von einem Domkapitel vorgeschlagen und letztlich vom Papst ernannt würden.

Im „Macht“-Forum werde daher über die Frage diskutiert, „wie kirchliche Amtsträger ins Amt kommen“. Auch für Pfarreien seien mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten beim Einsatz von Priestern und anderen pastoralen Mitarbeitern im Gespräch. Im Forum werde zudem über Amtszeitbegrenzungen für Bischöfe und Pfarrer diskutiert, berichtete Sellmann und verwies auf die USA: Dort gebe es sechsjährige Amtszeiten für Pfarrer mit einer einmaligen Verlängerungsoption, bei der sowohl der Pfarrer als auch die Gemeinde mitbestimmen könnten. Zudem seien „echte Mitbestimmungskompetenzen“ für Pfarrgemeinderäte sowie verbindliche Prüf- und Offenlegungspflichten für das diözesane, aber auch für pfarrliche Vermögen Themen des Forums.

„Wir brauchen heute die Vision des Frauenpriestertums“

Während Sellmann zuversichtlich ist, dass viele der bislang diskutierten Ideen bereits mit dem aktuell gültigen Kirchenrecht vereinbar sind, warb Schwester Philippa – Mitglied des Frauenforums – auch für mutige Schritte darüber hinaus: „Wir brauchen heute die Vision des Frauenpriestertums, wir können das nicht mehr auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschieben.“ Die Ordensfrau berichtete von zahlreichen Kirchenaustritten selbst engagierter Frauen, weil sich die Kirche in dieser Frage nicht bewege. „Selbst die alten Frauen, die seit Jahrzehnten engagiert sind, haben diese Geduld nicht mehr.“

Bischof Overbeck zeigte großes Verständnis für diese Frauen, sieht aber derzeit keine Chancen, bei dieser Frage weiterzukommen. Wichtig sei es, einen Schritt nach dem anderen zu gehen – „ich wäre schon froh, wenn wir heute ,viri probati‘ hätten“, sagte der Bischof mit Blick auf den Priestermangel, also „bewährte Männer“, die als Verheiratete ebenfalls zu Priestern geweiht werden können. Overbeck möchte die Diskussion über Frauen als katholische Priesterinnen weiterführen, „aber wer heute das Priestertum der Frau haben will, hat heute ein falsches Ziel – nicht für morgen oder übermorgen, aber für heute“, so seine Einschätzung.

Für den Synodalen Weg als Ganzes erwartet das Podium in der „Wolfsburg“ weiter zunehmende Diskussionen, je näher die „1. Lesung“ der Texte der Synodalforen bei der zweiten Synodalversammlung im kommenden Februar in Frankfurt rückt. Während Schwester Philippa fürchtet, dass sich einige Synodalen „aus Angst“ nicht an den Beratungen beteiligen oder „unter Druck stehen“, warb Sellmann trotz des geistlichen Charakters des Dialogprozesses für einen „nüchternen Blick auf die politischen Dinge, die sich da gerade abspielen.“ Und Overbeck betonte: „Man muss robust bleiben, einfache Ziele verfolgen und so den Laden zusammenzuhalten.“

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