von Lisa Myland

Merkur an der Bushaltestelle, Saturn an der Tanke: Schüler des Essener Mariengymnasiums auf dem Planetenweg

Mit einem Planetenweg zum Ablaufen lernen Schüler des Essener Gymnasiums die Größe des Weltalls besser kennen. Naturwissenschaften werden an der Schule in Essen-Werden mit besonderem Fokus gefördert.

In einem Kreis stehen die Schüler mit Lehrerin Irene Franke-Bayer vor dem Haupteingang des Mariengymnasiums, im Mittelpunkt ein großer Gullideckel. „Das ist unsere Sonne“, sagt die 44-Jährige. „Startpunkt für unseren Planetenweg durch Werden.“ Sie schaut auf die Schrittzähler-App ihres Smartphones. Den Standort des nächsten Planeten können die Achtklässler vom Schulgebäude aus schon sehen. 44 Schritte sind es bis zur Bushaltestelle Porthofplatz, maßstabsgetreu umgerechnet bedeutet das: Zwischen Sonne und Merkur liegen rund 1,4 Millionen Kilometer.

Ein Gefühl bekommen für die Weite des Weltalls

Um alle Planeten auf ihrem Weg zu entdecken, müssen die Schüler rund drei Kilometer die B224 in Essen-Werden entlanglaufen. In Gruppen haben sie Fakten zu den insgesamt neun Planeten vorbereitet. Die Abstände zwischen den einzelnen Stationen werden nach einiger Zeit länger. „Es ist ein Weg, den sie alle gut kennen und abschätzen können. Sie sollen so ein Gefühl für die Abstände und Größenverhältnisse der Planeten bekommen“, erklärt Irene Franke-Bayer das Projekt.

Aktionen wie diese sind es, mit denen sich das Mariengymnasium in diesem Jahr zum dritten Mal als „MINT-freundliche Schule“ rezertifizieren lassen konnte. Ab der fünften Klasse werden in den naturwissenschaftlichen Fächern des Essener Gymnasiums die Grundlagen für das Lernen in Studium und Beruf in diesem Fachbereich vermittelt und verstärkt gefördert. In der Oberstufe können Schülerinnen und Schüler jedes Fach des MINT-Bereiches - Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik - als Grund- oder Leistungskurs wählen. Immer wieder gibt es kleine Projekte, die das Forschen und Lernen in Naturwissenschaften fördern: Neben dem Planetenweg der Achtklässler tüftelt der Projektkurs für Antriebstechnologie zum Beispiel an kleinen Modellen von Wärmekraftmaschinen oder Schülerinnen und Schüler trainieren für die Chemieolympiade.

Venus zwischen Bushaltestelle und Supermarkt

Im Physikraum hängt statt Tafel ein großes Smartboard an der Wand, mit dem der Lernstoff etwa mit Videos und digitalen Skizzen vermittelt werden kann. Zukunftsfähiges Arbeiten, mit dem sich das Gymnasium unter anderem für die nächste Auszeichnung bereitmacht: Als „Digitale Schule“. „Gerade das Homeschooling seit Beginn der Corona-Pandemie hat uns da weit nach vorne gebracht, was wir dort erreicht haben, müssen wir unbedingt erhalten“, sagt Irene Franke-Bayer.

Zwischen der Bushaltestelle und einem Supermarkt haben die Achtklässler die Venus erreicht. „In Wirklichkeit hat sie einen Durchmesser von 12.100 Kilometern, im Modell sind es nur 8,6 Millimeter“, erzählt Henri seinen Mitschülern. „Und sie ist fast so groß wie unsere Erde.“ Ob der 13-Jährige sich auch später mal beruflich mit Naturwissenschaften beschäftigen will, weiß er noch nicht so genau, ist aber fasziniert von den Fakten rund ums Weltall: „Das ist schon krass, was da oben so abgeht, spannend, sich das genauer anzugucken.“

„Da möchte man nicht leben“

An einer alten Tankstelle, zwischen einem stillgelegten Cabrio und einem geparkten Boot, hat Jupiter seinen imaginären Standort. Rund einen Kilometer ist der Tankstellen-Jupiter von der Gullideckel-Sonne entfernt. „Das sind 778 Millionen Kilometer im Weltall“, sagt Simon. Zusammen mit seinen Mitschülern Jonathan und Leo hat er Vieles zu dem Planeten herausgefunden. Er zeigt auf einen roten Fleck auf einer Skizze des Jupiter: „Das ist das rote Auge, ein riesiger Sturmwirbel, der da seit 200 Jahren wütet“. „Da möchte man nicht leben“, sagt einer seiner Mitschüler nachdenklich. „Kann man auch gar nicht!“, ruft ein anderer. Für Irene Franke-Bayer zeigt das Outdoor-Projekt genau in solchen Momenten seine Wirkung: „Sie denken darüber nach und diskutieren.“ Nach dem kurzen Vortrag von Simon, Jonathan und Leo gehen die Achtklässler weiter die Hauptstraße entlang – auf der Suche nach den nächsten Planeten in Essen-Werden. Irgendwo zwischen Verkehrsschildern, Haltestellen und Gullideckeln.

85 Schulen aus NRW wurden in diesem Jahr von Schulministerin Yvonne Gebauer als „MINT-freundliche Schule“ ausgezeichnet, im Bistum Essen auch das St. Hildegardis-Gymnasium in Duisburg, das sich ebenso als „digitale Schule“ rezertifizieren lassen konnte.

Pressestelle Bistum Essen

Zwölfling 16
45127 Essen