von Thomas Rünker

Historische Kirchenbücher des Bistums Essen sind jetzt online erforschbar

Das Bistumsarchiv macht 400 Jahre Heirat, Taufe und Tod im Ruhrgebiet digital zugänglich. Erste Kirchenbücher aus Essen und Duisburg sind jetzt online.

Online-Zugriff auf hunderte Kirchenbücher seit dem Jahr 1622 ermöglicht tiefe Einblicke in Familienhistorien.

Datenschutz begrenzt Zugriff auf Bücher, deren letzte Einträge mindestens 100 Jahre alt sind.

Noch nicht digitalisierte Kirchenbücher können auch weiterhin im Bistumsarchiv eingesehen werden.

Es war ein Dienstag, als Anna und Matthias geheiratet haben. 400 Jahre ist das nun her: Am 6. Februar 1624 gaben sich die beiden in der Duisburger Liebfrauenkirche das Ja-Wort. Von der Kirche ist heute nur noch der Chor als Teil der modernen Karmelkirche am Innenhafen erhalten. Und was aus Matthias und Anna geworden ist, ist unklar. Aber dass das Paar am 6. Februar 1624 geheiratet hat, das ist bis heute im Kirchenbuch der ältesten Duisburger Pfarrei aufgeschrieben. Und wer sich für Anna, Matthias oder tausende weitere Menschen interessiert, die in den vergangenen Jahrhunderten getauft wurden, geheiratet haben oder gestorben sind, der kann in historischen Kirchenbüchern aus dem heutigen Bistum Essen nun auch online recherchieren.

Dass Menschen, die Familiengeschichten im Ruhrgebiet erforschen, nun nicht mehr unbedingt persönlich ins Bistumsarchiv in Essen-Kray kommen müssen, ist Jennifer Berg zu verdanken. Die Archivarin leitet das Projekt, in dessen Rahmen nach und nach alle Kirchenbücher im Bistumsarchiv digitalisiert und dann auch online verfügbar gemacht werden. Angesichts von derzeit rund 820 verschiedenen Kirchenbüchern im Archiv hat sich Berg für dieses Digitalisierungsprojekt mit der Erkelenzer Firma Novodoc Imaging renommierte und professionelle externe Hilfe geholt. Die Firma scannt die historischen Akten und stellt die Fotos in einer so großen Auflösung zur Verfügung, dass sich Nutzerinnen und Nutzer die digitalen Kirchenbuch-Seiten auf dem Bildschirm problemlos vergrößern können.

Anna und Matthias gehören zu den ältesten im Bistum Essen verzeichneten Brautleuten. „Unsere ältesten Kirchenbücher stammen aus der Duisburger Pfarrei Liebfrauen, die Einträge beginnen im Jahr 1622“, erläutert Berg. Insgesamt umfassten die digitalisierten Kirchenbücher „grob den Zeitraum von der Mitte des 17. bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts“. Danach setzen Datenschutzfristen ein: Je nach Art der Einträge dürfen Kirchenbücher erst 120 Jahre nach der letzten eingetragenen Taufe oder 100 Jahre nach der letzten Hochzeit oder dem letzten Todesfall veröffentlicht werden.

Historische Kirchenbücher sind oft die einzige Informationsquelle

Ohnehin sind jedoch vor allem die älteren Kirchenbücher für Forscherinnen und Forscher von großer Bedeutung. Denn ab 1798 wird in den von Napoleons Truppen besetzten Rheinprovinzen die verpflichtende Zivilehe eingeführt – eine Idee, die nach und nach auf alle deutschen Länder übergeht und 1876 schließlich Gesetz im ganzen Deutschen Reich wird. Damit wechselt auch die Protokollierung dieser Verbindungen vom Pfarrer zum Standesamt, wo heute alle Personenstands-Themen verzeichnet sind. Umgekehrt sind für alle Zeiträume vor der Gründung des Deutschen Reichs vielerorts die Kirchenbücher die einzigen Auskunftsquellen zu Fragen wer wann wo mit wem zusammen gelebt hat.

Die Kirchenbücher im Archiv des Bistums Essen

Viele – aber nicht alle – Pfarreien im Bistum Essen haben ihre Kirchenbücher zur Verwahrung in das zentrale Bistumsarchiv gegeben. Derzeit hat das Archiv rund 820 Kirchenbücher, nach und nach werden zudem weitere Pfarrei-Bestände übernommen. Alle historischen Kirchenbücher gehen nach und nach in die Digitalisierung und sind dann auch online abrufbar. Es wird jedoch immer Lücken im Bestand der Kirchenbücher geben – unter anderem, weil im Zweiten Weltkrieg zahlreiche Kirchenbücher verbrannt sind. Auf archiv.bistum-essen.de informiert das Archiv über sein Angebot und stellt dort detailliert dar, welche Kirchenbücher einsehbar sind.

Wer nun online auf https://bistum.ruhr/kirchenbuecher recherchiert kann dort bislang die Kirchenbücher aus acht Essener und vier Duisburger Pfarreien einsehen, jeweils sortiert nach Jahrgängen und Themen (Taufen, Heiraten, Sterbefälle). Wie im Original kann man sich Seite für Seite durch die digitalen Kirchenbücher blättern. Wer dann zum Beispiel beim Hochzeits-Eintrag vom „6. Februarij 1624“ mehr als nur „Anna“ und „Matthias“ lesen will, sollte die bis ins 20. Jahrhundert verwendete Kurrentschrift sowie zumindest die fürs jeweilige Thema wichtigen Latein-Vokabeln beherrschen – und ein wenig Toleranz für die unterschiedlichen Handschriften der Pfarrer mitbringen.

Derzeit läuft die Digitalisierung weiterer Duisburger Kirchenbücher, danach sind Akten aus Oberhausener Pfarreien an der Reihe. Auch wenn das Einscannen und Onlinestellen mittlerweile zügig vonstattengeht, müssen Berg und das Team des Bistumsarchivs nicht fürchten, schon bald keinerlei Besuch mehr in Essen-Kray zu empfangen. Im Gegenteil: Wer Informationen aus einem noch nicht digitalisierten Kirchenbuch sucht, das im Bestand des Bistumsarchivs ist, kann bei Jennifer Berg einen Termin zur Einsichtnahme vereinbaren.

Bistumsarchiv

Jennifer Berg

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45127 Essen

Pressestelle Bistum Essen

Zwölfling 16
45127 Essen