Generalvikar Pfeffer begrüßt neue Regeln im katholischen Arbeitsrecht
Die deutschen Bischöfe haben mehrheitlich neue Regeln für das katholische Arbeitsrecht in Deutschland beschlossen und damit vor allem die umstrittenen sogenannten Loyalitätspflichten mit Blick auf das Beziehungsleben der Beschäftgten oder deren sexuelle Identität gekippt. „Der Kernbereich privater Lebensgestaltung unterliegt keinen rechtlichen Bewertungen und entzieht sich dem Zugriff des Dienstgebers“, heißt es in einer Mitteilung der Deutschen Bischofskonferenz. „Diese rechtlich unantastbare Zone erfasst insbesondere das Beziehungsleben und die Intimsphäre.“
Vorausgegangen war dem Beschluss ein intensiver Beratungsprozess, in den sich das Bistum Essen mit seinen Stellungnahmen maßgeblich mit eingebracht hat. Für ihre eigenen Beschäftigten und die Beschäftigten in allen anderen katholischen Einrichtungen im Ruhrbistum hatten Bischof Franz-Josef Overbeck und Generalvikar Klaus Pfeffer bereits im Februar mit einem Brief klar gestellt, dass eine Kündigung etwa wegen einer zweiten Eheschließung oder einer homosexuellen Beziehung im Bistum Essen ausgeschlossen ist.
Generalvikar Pfeffer: „Kirche hat einen großen Schritt getan“
In einer Stellungnahme äußert sich Generalvikar Klaus Pfeffer sehr erfreut über die nun gefundene bundesweite Einigung:
„Mit der neuen Grundordnung hat die katholische Kirche in Deutschland einen großen Schritt getan, weil für viele Mitarbeitende eine Zeit der Angst zu Ende geht. Niemand muss sich mehr um seinen Arbeitsplatz sorgen, weil das private Beziehungs- und Familienleben, die sexuelle Orientierung oder Identität nicht mit der lehramtlichen Sexualmoral übereinstimmt. Die Zeit ist - Gott sei Dank - vorbei, in der Menschen aus dem kirchlichen Dienst ausscheiden müssen, weil sie nach einer Ehescheidung wieder heiraten wollen. Und vorbei ist auch die Zeit, in der Menschen ihre sexuelle Orientierung oder Identität verbergen und ihre Beziehung verstecken müssen, weil sie von der offiziellen kirchlichen Lehre abweicht. Das alles hat unendlich viel Leid verursacht. Dass diese Veränderung nun möglich geworden ist, hat nicht zuletzt die Initiative "Outinchurch" vorangetrieben, aber auch viele andere Reformkräfte in unserer Kirche. Ich selbst bin froh darüber, dass wir als Bistum Essen mit unseren Positionierungen der vergangenen Jahre sicher auch unseren Teil dazu beigetragen haben – zumal sich in unserem Bistum bereits seit dem klärenden Brief, den unser Bischof und ich im Februar allen Beschäftigten geschrieben haben, niemand mehr angesichts seines Beziehungslebens Sorgen um seinen Arbeitsplatz machen muss.
„Vielfalt als Bereicherung“
Es ist von großer Bedeutung, welche starken Aussagen in der neuen Grundordnung zu finden sind: Dass ein kirchenamtliches Papier Vielfalt als Bereicherung bezeichnet und klipp und klar feststellt, dass Mitarbeitende „unabhängig von ihren konkreten Aufgaben, ihrer Herkunft, ihrer Religion, ihres Alters, ihrer Behinderung, ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Orientierung, ihrer sexuellen Identität und ihrer Lebensform Repräsentantinnen und Repräsentanten der unbedingten Liebe Gottes und damit einer den Menschen dienenden Kirche“ sein können, mag in aufgeklärten Ohren selbstverständlich klingen - für die römisch-katholische Kirche ist das eine Revolution.
Mir ist bewusst, dass manche sich noch weitere Reformen gewünscht hätten. Umstritten ist vor allem der Umgang mit dem Kirchenaustritt von Mitarbeitenden. Dies bleibt weiterhin ein Kündigungsgrund. Manche hätten sich hier eine größere Offenheit gewünscht. Das kann ich durchaus verstehen, weil sich viele Katholikinnen und Katholiken mit ihrem Kirchenaustritt keineswegs von ihrem Glauben verabschieden, sondern vor allem ihre Unzufriedenheit und Verzweiflung mit dem Zustand der offiziellen Kirche zum Ausdruck bringen. Immerhin lässt die neue Grundordnung aber auch zu, von einer Kündigung in Einzelfällen abzusehen. Es gibt also beim Kirchenaustritt zumindest keinen Automatismus der Kündigung mehr.
„Es hat noch nie ein so offenes Beratungs- und Beteiligungsverfahren gegeben“
Auch wenn es nach wie vor viele kritischen Stimmen zur Neuregelung der Grundordnung gibt, bin ich mit dem Ergebnis sehr zufrieden und halte sie für einen großen Fortschritt. Wenn sich 27 Bischöfe mit sehr unterschiedlichen Auffassungen verständigen müssen, sind in vielen Fragen Kompromisse nötig. Zugleich hat es allerdings noch nie ein so offenes Beratungs- und Beteiligungsverfahren gegeben. Dass Bischöfe ein offizielles Dokument im Entwurf öffentlich breit diskutieren lassen und dann auch Änderungen einarbeiten, ist wirklich beachtlich. Ich wünsche mir, dass wir diese Diskussionskultur in Zukunft in unserer Kirche auch bei anderen Themen anwenden.“