von Cordula Spangenberg

„Frauen ins Amt!“

Die Autoren sind sich einig: Die Diskriminierung der Frauen in der Kirche können nur die Männer ändern.

Matthias Feldmann: Nur weil sie kein Mann ist?

Stefan Ottersbach: Immer öfter stelle ich mir die Frage, wie lange ich noch mit dieser Dissonanz und Paradoxie leben kann

Klaus Pfeffer: Männlichen Monokulturen fehlt es an Lebendigkeit

Ludger Schepers: Kein Mensch darf wegen irgendetwas diskrimi-niert werden

Matthias Sellmann: Geschlechtsspezifisch geprägt

Stefan Wiesel: Nicht nur Sehnsucht, sondern auch schon Erfüllung

Nüchtern bis zornig fordern mehr als 100 Männer in dem neu erschienenen Buch „Frauen ins Amt! Männer der Kirche solidarisieren sich“, Frauen gleiche Rechte in der Kirche zu geben – unter ihnen auch der Essener Weihbischof Ludger Schepers, Generalvikar Klaus Pfeffer und vier weitere Männer aus dem Bistum Essen. 

Herausgegeben wurde die Publikation von der Benediktinerin, Theologin und Politikwissenschaftlerin Schwester Philippa Rath (67) und dem Würzburger Hochschulseelsorger Burkhard Hose (54). Vorausgegangen war vor einem Jahr das Buch „Weil Gott es so will – Frauen erzählen von ihrer Berufung zur Diakonin und Priesterin“. Dafür hatte Schwester Philippa Rath 150 Lebenszeugnisse von Frauen gesammelt, die in der Kirche diskriminierende Erfahrungen gemacht haben. Sie erhielt ein überwältigendes Feedback von Frauen und auch von reformwilligen und reformbereiten Männern. Man war sich einig: Die Diskriminierung der Frauen in der Kirche können nur die Männer ändern.

In den Beiträgen schreiben die Autoren – Laien, Lehrer und Hochschullehrer; Diakone, Ordensleute, Priester und Bischöfe – über bereichernde Frauenberufungen und die als ungut empfundene eigene Männer-Rolle im System Kirche. Nicht alle Texte sind leicht lesbar. Etliche sind auf hohem theologischen Niveau, fragen danach, ob die Tradition sich weiterentwickeln darf, und wie es mit der Einheit der katholischen Welt aussieht, wenn die Teilkirchen in verschiedenen Ländern „in verschiedenen Tempi unterwegs“ sind, so schreiben die beiden Herausgeber.

Matthias Feldmann: Nur weil sie kein Mann ist?

Matthias Feldmann (48) ist Bundeskurat der Deutschen Pfadfinderschaft St. Georg (DPSG) und Pastor in St. Pankratius, Oberhausen-Osterfeld. Er schildert, wie er persönlich als Messdiener, Theologiestudent und Kaplan die Abwertung des Weiblichen erlebt hat. „Heute sehe ich als Bundeskurat der Deutschen Pfadfinderschaft St. Georg (DPSG) zahlreiche haupt- und ehrenamtliche Kuratinnen, bei denen ich denke, dass sie sehr gut priesterliche Aufgaben erfüllen würden“, schreibt Feldmann. „Die guten Erfahrungen, die wir in unserem Verband mit gemischt-geschlechtlichen Vorstandsteams und mit Kuratinnen in der geistlichen Leitung machen, müssen aus meiner Sicht auch auf die Leitung von Gemeinden und Gottesdiensten übertragen werden.“

Stefan Ottersbach: Wie lange kann ich noch mit dieser Dissonanz und Paradoxie leben?

Stefan Ottersbach (47), Bundespräses des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) und Domvikar in Essen, beschreibt den Einfluss dreier Frauen auf seinen Werdegang in der Kirche. Rat- und sprachlos mache ihn, dass in der Debatte um die Frauenordination theologische Argumente zunehmend durch Autoritätsargumente ersetzt und gediegene Stellungnahmen wie die der Päpstlichen Bibelkommission aus dem Jahr 1976 schlicht ignoriert würden. Otterbachs Fazit: Er wird das bestehende System stützen – egal, ob er Priester der Kirche bleibt oder geht. Deshalb müsse er sich wirksamer „für die Anerkennung der sakramentalen Würden von Frauen in unserer Kirche“ engagieren.

Klaus Pfeffer: Männlichen Monokulturen fehlt es an Lebendigkeit

„Männlichen Monokulturen fehlt es an Lebendigkeit“, schreibt der Essener Generalvikar Klaus Pfeffer (58) in seinem Beitrag. Er beschreibt seinen privilegierten Werdegang im „Kasten“, wie das Priesterseminar in Bochum genannt wurde, und wie er an der Universität den Schmerz der anderen Theologiestudierenden – männlich wie weiblich – erlebt hat, „von der Kirche in unserem Bistum nicht gewollt zu sein“. Nach der Priesterweihe habe er gesehen, dass die Frauen in der Gemeinde „einfach ein besseres Gespür dafür hatten, dass in der pastoralen und spirituellen Arbeit die eigene Person nicht ausgeklammert werden darf“. Sein Eindruck nach den Erfahrungen in Pfarrei und Bistumsleitung: „Wir Männer verhalten uns anders, wenn keine Frauen dabei sind – weniger lebendig, manchmal oberflächlich.“ Eine schmerzhafte Grenze sei gesetzt, wenn Seelsorgerinnen älteren oder kranken Menschen nach langjähriger Begleitung nicht auch das Sakrament der Versöhnung oder der Krankensalbung spenden könnten.

Ludger Schepers: Kein Mensch darf wegen irgendetwas diskriminiert werden

Der Essener Weihbischof Ludger Schepers (68) ist Mitglied der Frauenkommission der Deutschen Bischofskonferenz und deren Kontaktperson für die LSBTI*-Seelsorge. Die Ehe seiner Eltern sei von Liebe und Partnerschaft in großer Zärtlichkeit geprägt gewesen, so sind Schepers frühe Erinnerungen, die seinen Eindruck festigten, dass niemand „wegen irgendetwas“ diskriminiert werden darf. „Ich freue mich, heute lernen zu dürfen, wovon in meiner Studienzeit nicht im Ansatz die Rede war“, schreibt der Weihbischof und nennt markante Frauen des Neuen Testaments – Maria von Magdala, Junia, Lydia, Priska und andere –, die in der heutigen Theologie eine neue Rolle spielten. „Dass die offenkundigen Verletzungen sich bis zur Wut steigern, wundert mich nicht“, schreibt Schepers angesichts seines Eindrucks, wie Frauen heute in und an der Kirche leiden. Schepers ist seit Jahrzehnten mit der Seelsorge in der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) beauftragt und teilt sich diese Aufgabe mit seiner persönlichen Referentin, der Diplom-Theologin Marie-Luise Langwald. Ihrer gleichwertigen Position in katholischen Gremien seien nach wie vor Grenzen gesetzt, so Schepers: „An dieser Frage wird sich entscheiden, ob in Zukunft der Kirche die Frauen fehlen werden.“

Matthias Sellmann: Geschlechtsspezifisch geprägt

Der Direktor des Zentrums für Angewandte Pastoralforschung (zap) der Universität Bochum, Matthias Sellmann (55), berichtet in seinem Beitrag ungeschönt darüber, welche geschlechtsspezifischen Rollenzuweisungen aus seiner eigenen Biografie im kirchlichen Milieu und dem Elternhaus stammen könnten. Mann: Alleinverdiener, bezahlt im Restaurant, entscheidet alles Wichtige, braucht abends Ruhe. Frau: kümmert sich rund um die Uhr um Haushalt und Kinder, hat einen „Frauenberuf“, und Mädchen muss man beschützen. „Bis heute merke ich, wie bei mir Schalter gedrückt werden, wenn Männer ihre Kirchenautorität einsetzen und inszenieren“, schreibt Sellmann, „bis heute kommt es mir so vor, als begegnet man in der Kirche mit überproportionaler Wahrscheinlichkeit Männern (und auch Frauen!), die deutlich geschlechtsspezifisch agieren.“

Stefan Wiesel: Nicht nur Sehnsucht, sondern auch schon Erfüllung

Stefan Wiesel (48) ist Diözesanhochschulseelsorger und Leiter von CampusSegen, einer Initiative der Hochschulseelsorge im Bistum Essen. Er berichtet von der sonntäglichen Feier in einer evangelischen Schwesterngemeinschaft, die in ihm die Sehnsucht „nach einem gleichberechtigen Zugangsweg zum Vorsteher:innendienst der Eucharistie“ weckt. Ein zweiter Eindruck: Dass eine junge Studentin im Hochschulgottesdienst ganz anders und authentisch predigt über ihre studentischen Alltags- und Lebenserfahrungen, als er selbst als Priester das könnte: „Es ist also nicht nur die Frage, ob Frauen predigen könnten, sondern vielmehr die Frage, wer von seiner Begegnung zwischen dem eigenen Leben und dem Evangelium erzählt.“

Das letzte Wort im Buch haben drei Frauen: die Franziskanerin Katharina Ganz (52), die Dogmatikprofessorin Julia Knop (45) und Claudia Lücking-Michel (59) vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK).

Das 304-seitige Buch "Frauen ins Amt" ist im Herder-Verlag erschienen (ISBN: 978-3-451-39253-5) und für 25 Euro im Buchhandel erhältlich.

Pressestelle Bistum Essen

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