von Thomas Rünker

Feste, Feiern und Erinnerungen: Bindeglieder zwischen Juden- und Christentum

Im Festjahr „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ stellt die ökumenische Initiative „#beziehungsweise: jüdisch und christlich – näher als du denkst“ Bindeglieder zwischen den beiden großen Religionen vor.

Vor 1700 Jahren garantierte der römische Kaiser Konstantin Juden in Köln den Zugang zu Ämtern in der Stadtverwaltung

Im Festjahr erinnert eine Initiative an die vielen Berührungspunkte zwischen christlichem und jüdischem Glauben

Gerade bei vielen Festen gibt es Bindeglieder zwischen Christen- und Judentum

Weihnachten oder Chanukka? Brit Mila oder die Taufe? Karneval oder Purim? Wie eng Christen- und Judentum miteinander verbunden und wie nah sich viele der Jahrhunderte alten Traditionen sind, soll 2021 besonders deutlich werden: Gemeinsam feiern Juden und Christen 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland – und bei aller leidvollen Geschichte sollen in diesem Jahr gerade die lebendigen Glaubenstraditionen im Vordergrund stehen. Darauf macht die ökumenische Initiative „#beziehungsweise: jüdisch und christlich – näher als du denkst“ aufmerksam, an der sich auch das Bistum Essen beteiligt.

1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland

Der römische Kaiser Konstantin hat in einem Edikt vom 11. Dezember 321 festgelegt, dass Juden in der Kölner Stadtverwaltung städtische Ämter bekleiden dürfen und sollen. Dieses Gesetz gilt als ältester Beleg jüdischen Lebens im Europa nördlich der Alpen.

Lesungen aus Bibel und Thora – und große Diskussionsbedürfnisse

So hat in beiden Religionen das Wort eine herausragende Bedeutung: Christen hören Texte aus der Bibel, Juden aus der Thora. Zugleich gibt es in beiden Religionen „verschiedene Traditionen der Auslegung. Sie erstaunen, sind manchmal widersprüchlich und ergeben einen Vielklang“, heißt es auf einem von zwölf Plakaten der Initiative.

Feste und Feiern an Lebenswenden

Oft stehen dabei Feste und Feiern an Lebenswenden im Mittelpunkt, zum Beispiel schon gleich nach der Geburt: Christen lassen ihre Kinder taufen, neugeborene jüdische Söhne werden beschnitten – und bei jüdischen Mädchen wird die Namensgebung gefeiert. Geht es später für Kinder und Jugendliche darum, allmählich erwachsen zu werden, steht die jüdische Bar- oder Bat-Mizwa der katholischen Firmung oder der evangelischen Konfirmation gegenüber.

Pessach und Ostern, Weihnachten und Chanukka

Dass Pessach und Ostern schon terminlich eng beieinander liegen, dürfte halbwegs bekannt sein – „#beziehungsweise“ verweist aber auch auf eine inhaltliche Nähe: Während Juden an Pessach die Befreiung aus der Sklaverei in Ägypten feiern, feiern Christen Jesu Auferstehung. Bei beiden Festen gehe es darum, dass „Gott befreit und erlöst“, wie es auf dem Kampagnen-Plakat heißt. Ähnlich ist es beim zweiten christlichen Fest, Weihnachten, und dem jüdischen Pendant Chanukka. Beide Feste werden im November und Dezember gefeiert und drehen sich um Licht: Christen entzünden Kerzen auf Adventskränzen und Weihnachtsbäumen und feiern die Geburt Christi, Juden zünden jeden Tag ein weiteres Licht am achtarmigen Chanukka-Leuchter an und erinnern an das Licht-Wunder im Jerusalemer Tempel. „Gott zeigt sich in den Wundern des Lebens. Hoffnung neu entzündet“, beschreibt „#beziehungsweise“ die gemeinsame Botschaft.

Erinnerung an die Schattenseiten christlich-jüdischer Geschichte

Doch auch die Schattenseiten der christlich-jüdischen-Geschichte in Deutschland blendet die Initiative im Festjahr nicht aus: Für November ist das Plakat „Sachor beziehungsweise Pogromnacht“ geplant. „Sachor“ ist die biblische Aufforderung „Erinnere dich!“. Hierzulande steht gerade um den 9. November das Erinnern an die Novemberpogrome von 1938, die Verfolgung der Juden im Dritten Reich und die Mahnung vor immer wieder aufflammendem Antisemitismus im Fokus.

Materialien für Pfarrgemeinden und Schulen

Im Bistum Essen lädt Weihbischof Wilhelm Zimmermann, Bischofsvikar für den Interreligiösen Dialog, Pfarrgemeinden, Schulen, Gruppen, Verbände und alle anderen Interessierten ein, mit den Plakaten der „#beziehungsweise“-Initiative und den erläuternden Texten – jeweils aus jüdischer und christlicher Initiative – über die Bindeglieder zwischen Christentum und Judentum ins Gespräch zu kommen. Bereits jetzt sind alle Plakate der Kampagne auf der Bistums-Seite zum Interreligiösen Dialog abrufbar. Im Internetauftritt von „#beziehungsweise“ gibt es zudem weiterführende Informationen zu den einzelnen Themen sowie Materialien, zum Beispiel für den Einsatz im Unterricht. Zudem bietet die Initiative ein Rahmenprogramm an, unter anderem mit Online-Seminaren und -Veranstaltungen sowie dem Format „Gelehrte im Gespräch“.

Persönlicher Referent — Referent für den Interreligiösen Dialog

Dr. Detlef Schneider-Stengel

Zwölfling 16
45127 Essen

Pressestelle Bistum Essen

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