von Thomas Rünker

Erfurter Katholikentag startet mit vielen Ökumene-Akzenten

Bei der Eröffnung dankt Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den Christinnen und Christen für ihr gesellschaftliches Engagement, stellt den Kirchen angesichts des großen Vertrauensverlusts aber auch kritische Fragen nach dem richtigen Angebot. Der Katholikentag erwartet bis Sonntag rund 20.000 Gäste. Das Bistum Essen ist mit einem Stand auf der Bistumsmeile am Erfurter Dom vertreten.

Bundespräsident würdigt Engagement der Christen und stellt kritische Fragen zur Kirche

Katholikentag thematisiert Frieden und Demokratie vor aktueller politischer Lage

Ökumenische Zusammenarbeit prägt den Erfurter Katholikentag

Der Erfurter Domplatz ist gut gefüllt, als Christoph Kießig, Sänger der Berliner Band „Patchwork“, am Mittwochabend die Gäste des „ersten ökumenischen Katholikentags“ begrüßt. Ein launiger Hinweis darauf, dass das Treffen der katholischen Laiinnen und Laien in Erfurt zwar vor der eindrucksvollen Kulisse eines stattlichen Doms und seiner mindestens ebenso prominenten Stufen eröffnet wird, Katholikinnen und Katholiken in der Landeshauptstadt Thüringens aber nur eine kleine Minderheit sind.

Deshalb hat auch der gastgebende Bischof Ulrich Neymeyr überhaupt nichts gegen den „ökumenischen Katholikentag“, sondern betont gleich zu Beginn: „Ohne die Hilfe der evangelischen Christen wäre das hier für uns als kleines Bistum gar nicht möglich gewesen!“ Sein evangelischer Amtsbruder Landesbischof Friedrich Kramer ergänzt: „Ökumene ist der Normalzustand für uns“. Beide betonen jedoch auch, dass es bei dem noch bis Sonntag laufenden Katholikentag mit seinen rund 20.000 erwarteten Teilnehmenden nicht nur um das Gespräch zwischen Christinnen und Christen gehen soll, sondern auch um den Dialog mit den vielen nicht getauften Menschen in Erfurt. Da gebe es schließlich auch viele „Menschen des Friedens“, spielt Sabine-Maria Muchta, die stellvertretende Vorsitzende des Katholikenrats im Bistum Erfurt auf das Motto des 103. Deutschen Katholikentags an: „Zukunft hat der Mensch des Friedens“.

Wahrscheinlich hätte es dieses prägnante Motto aus dem biblischen Psalm 37 gar nicht gebraucht, um den Katholikentag in Zeiten von Ukraine-, Palästina- und anderen Kriegen zu einem Ort zu machen, an dem die Suche nach Frieden im Fokus steht. Zahlreiche Diskussionen, aber auch Gebete und Kultur-Veranstaltungen werden sich in den kommenden Tagen um die Frage drehen, wie es den Menschen denn gelingen kann, friedlich zusammenzuleben. „Christinnen und Christen glauben daran, dass sie am Frieden arbeiten und dass sie die Demokratie mit Leben füllen können“, sagt Irme Stetter-Karp, die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, das den Katholikentag ausrichtet. Und sie markiert damit in ihrer Ansprache gleich das zweite große gesellschaftspolitische Thema des Katholikentags in Erfurt – gerade nach der Kommunal- und vor der Landtagswahl in Thüringen: Die Sorge um die Demokratie und das Miteinander in Deutschland.

Bundespräsident kommt nach drei Tagen Staatsbesuch persönlich nach Erfurt

Darauf kommt auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ziemlich rasch zu sprechen, der es sich nach drei Tagen französischem Staatsbesuch nicht nehmen lässt, persönlich zur Katholikentags-Eröffnung zu kommen. „Engagierte Christen stellen sich aus ihrem Glauben heraus sehr entschieden gegen Extremisten und Feinde der Demokratie“, würdigt Steinmeier das politische Wirken vieler Gläubigen. Und er verweist er auf die „politisch sehr entschiedene Erklärung der deutschen Bischöfe“ gegen Rechtsextremismus und völkischen Nationalismus.

Beliebtes Ost-West-Kirchenlied

Einen musikalischen Ost-West-Akzent setzte die Band „Patchwork“ gleich zu Beginn mit dem auch in vielen Kirchen des Ruhrbistums gern gesungenen Lied „Wenn das Brot, das wir teilen, als Rose blüht“. Der gesamte Domplatz stimmte textsicher mit ein – und sowohl Moderator Daniel Heinze als auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeiner erinnerten daran, dass das 1981 in der damaligen DDR entstandene Lied spätestens nach der Wende auch unter Christinnen und Christen in Westdeutschland populär geworden ist.

Aber der Bundespräsident bleibt nicht nur bei der Politik: „Der vielfältige Dienst von Christen gehört zu dem, was unsere Gesellschaft zusammenhält.“ Insbesondere der caritative Dienst von Christinnen und Christen, die Sorge um Arme und deren Teilhabe seien „ein Glück für unsere ganze Gesellschaft!“ Gerade vor diesem Hintergrund könne man indes nur bedauern, dass die Kirchen aktuell „einen solchen Vertrauensverlust erleiden“, sagt der Bundespräsident und evangelische Christ, bevor er – wie die beiden Bischöfe – den Blick auf die vielen Menschen in Deutschland lenkt, die den Themen der Kirchen „dem Religiösen und dem, was über das Leben hinausweist“ gleichgültig gegenüberstehen. Steinmeier fragt: „Geben die Kirchen hier zu wenig Anstoß? Ist ihre Botschaft zu leise, zu blass, zu wenig profiliert?" Und fänden die „ernsthaft Suchenden überzeugende Antworten, finden sie geistliche Kompetenz, finden sie empathische Begleitung in unseren Gruppen, Gemeinden und Initiativen?"

Von der Welt-Politik bis zur Situation der Kirchen

Die Katholikentags-Eröffnung spannt den Bogen von der großen Welt- und nationalen Politik zur Situation der Kirchen und zeigt damit das Themenspektrum auf, das die Teilnehmenden bis Sonntag beschäftigen wird. Das Ruhrbistum ist dann mit einem Stand auf der Bistumsmeile, direkt am Domplatz vertreten und bringt neben Ruhrgebiets-Kultur (einer „Bude“) kirchliche Nachrichten aus der Zukunft nach Erfurt. Bischof Franz-Josef Overbeck, Generalvikar Klaus Pfeffer und weitere Bistums-Vertreterinnen und -Vertreter sind als Podiums- und Gottesdienst-Gäste auf dem Katholikentag – und um zwischen und nach den vielen offiziellen Programmpunkten zahlreiche Gespräche zu führen. Denn neben großen Diskussionen und Messfeiern ist der Katholikentag vor allem ein katholisches Netzwerk-Treffen.

„Ich wünsche Ihnen und uns allen einen Katholikentag der Ermutigung“, hat Bundespräsident Steinmeier den Menschen auf dem Domplatz am Ende seiner Ansprache zugerufen. Den anschließenden kräftigen Applaus dürfte Steinmeier als Ausdruck dafür veerstehen, wie sehr er den Katholikentags-Gästen mit diesem Wunsch aus der Seele gesprochen hat.

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