Emotionaler letzter Gottesdienst in St. Altfrid
„Wir haben hier geheiratet. Zwei unserer drei Kinder sind hier getauft worden. Wir verbinden mit diesem Ort viel Freundschaft und viel persönliche Geschichte. Deshalb sind wir heute hier.“ Thorsten und Viola Radau sind aus Marl zum letzten Gottesdienst vor der grundlegenden Sanierung der Kirche des Jugendhauses St. Altfrid angereist, „auch um Abschied zu nehmen.“ Ihre persönliche Beziehung zu diesem Gottesdienstort steht stellvertretend für die vielen Geschichten, die jede der angereisten Personen erzählen könnte.
„Als junge Frau habe ich hier viele Stunden verbracht. St. Altfrid war immer meine Zuflucht. Wenn ich Probleme hatte, bin ich hierhin gefahren“, gibt die 51-Jährige einen persönlichen Einblick in ihre Beziehung zu St. Altfrid. „Hierherfahren ist für mich wie nach Hause kommen. Ein Ort großer Vertrautheit“, ergänzt ihr Mann Stephan. Die zwei sind traurig darüber, dass Altarbild und Buntglasfenster „bald Geschichte sein werden“, hoffen aber, dass „dieser spezielle St-Altfrid-Geist auch in der umgebauten Kirche spürbar sein wird“.
Immer wieder werden neue Bierbänke hereingetragen, um dem großen Andrang an Gottesdienstbesuchenden her zu werden. Viele sind gekommen, um sich von dem liebgewonnenen Gottesdienstort zu verabschieden und danke zu sagen: Familien mit ihren Kindern und auch viele Ältere, die bei der Einweihung der Kirche vor 40 Jahren dabei gewesen sein könnten. Wehmut liegt in der Luft. Und Nostalgie: als die Band das erste Lied anstimmt, die Gemeinde zu ihren zusammenkopierten Liederzetteln greift, die, wie auch der Ort, für einige Personen aus der Zeit gefallen zu sein scheinen. Der Klassiker „Gottes Wort ist wie Licht in der Nacht“ des alten Neuen geistlichen Liedguts erfüllt das Kirchenrund.
„Für uns hier in St. Altfrid ist heute ein besonderer Sonntag“, sagt Pastor Sven Christer Scholven zu Beginn seiner Predigt. „Viele Erfahrungen sind mit dieser Kirche verknüpft. Menschen sind mit St. Altfrid groß geworden, wurden hier getauft, haben hier geheiratet. Hier an diesem Kirchort haben Gotteserfahrungen und -begegnungen stattgefunden. Und heute verabschieden wir uns von diesem Raum.“ Doch Scholven blickt zuversichtlich in die Zukunft. „Auch wenn sich der Ort ändert, die hier gemachten Erfahrungen bleiben. Sie bleiben gültig und wertvoll.“ Denn die würden nicht am Holz oder am Glas kleben, sondern blieben in den Herzen der Menschen und „sind eingeschrieben in Gottes Ewigkeit. Diese Hoffnung gibt uns Kraft, neue Wege zu gehen und uns auf Veränderungen einzustellen. Abschied und Trauer dürfen heute sein, müssen sein. Und wir dürfen uns freuen, dass es weiter geht.“ Der Kirchort müsse Veränderung erfahren, „um in die Zukunft gehen zu können.“
Dieser Ansicht ist auch Tobias Klutz, seit dreieinhalb Jahren Mitarbeiter im Referententeam der Jugendbildungsstätte. „Ich habe hier mit Jugendlichen sehr viele schöne Momente erlebt“, erzählt der 26-Jährige. „Dieser Ort ist ein bisschen der Welt entrückt. Wenn man hier hochfährt, ist alles andere weit weg. Daher ist diese Kirche ist einer meiner Lieblingsorte.“ Gleichzeitig freut er sich über die anstehende Renovierung und „dass die Kirche fit gemacht wird für die Zukunft. Denn der heutige Bau entspricht nicht mehr den heutigen Anforderungen an die Jugendarbeit.“
„Wann die umgebaute Kirche eröffnet wird, ist noch unklar“, erklärt Pastor Scholven angesichts von Lieferschwierigkeiten beim Baumetrial und Fachkräftemangel. „Während der Bauphase gehen die Sonntagsgottesdienste im Jugendhaus St. Altfrid aber weiter.“ Sie fänden dann um 11 Uhr in der Lioba-Kapelle statt. Der Umbau der Kirche sei auch ein klares Statement des Ruhrbistums für das Haus St. Altfrid, dieses als zentralen Ort der Pastoral für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene erhalten und zukunftsfähig machen zu wollen.