von Thomas Rünker

Bistümer und Landeskirchen ermutigen Gemeinden zu stärkerer ökumenischer Zusammenarbeit

Neuer Praxisleitfaden „Und wenn wir alle zusammenziehen?“ gibt konkrete Tipps für die gemeinsame Nutzung von Kirchen und Gemeindehäusern. Zudem regt das Papier dazu an, den Rückbau der kirchlichen Infrastruktur in Stadt- und Ortsteilen ökumenisch abzustimmen. Bischof Franz-Josef Overbeck: „Ökumenische Kirchennutzungen sind keine Notlösungen, sondern sichtbares Zeichen wachsender Einheit.“

Angesichts der Fortschritte in der Ökumene und sinkender Mitgliederzahlen rufen die katholischen Bistümer und die evangelischen Landeskirchen in Nordrhein-Westfalen ihre Gemeinden zu stärkerer Zusammenarbeit auf. „Und wenn wir alle zusammenziehen?“ ist der programmatische Titel eines Praxisleitfadens, in dem ein abgestimmtes Vorgehen bei der Aufgabe pastoraler Immobilien und die gemeinsame Nutzung von Kirchen, Pfarrheimen oder Gemeindezentren im Fokus steht. Am 22. März haben die Landeskirchen und Bistümer diese Broschüre gemeinsam veröffentlicht, in der es nicht nur um evangelische und römisch-katholische Christen geht, sondern um die gesamte Breite der Ökumene, also zum Beispiel auch um freikirchliche, orthodoxe und orientalische Gemeinden.

Der Leitfaden beschreibt, dass beide großen Kirchen kleiner werden und deshalb auch ihren Gebäude-Bestand reduzieren. Vor diesem Hintergrund lädt Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck zusammen mit den weiteren Verantwortlichen der NRW-Bistümer und -Landeskirchen dazu ein, „diesen Prozess in ökumenischer Verbundenheit zu gestalten“. Er ermuntert: „Suchen Sie bei anstehenden Veränderungen frühzeitig den Kontakt zu den Nachbargemeinden der jeweils anderen Konfessionen und stimmen Sie Ihre Planungen untereinander ab“, und weiter: „Prüfen Sie, ob die gemeinsame Nutzung einer Kirche oder eines Gemeindehauses die Möglichkeit bietet, ökumenisch gemeinsam im Stadtteil präsent zu bleiben, Gottesdienste vor Ort zu feiern und kirchliche Angebote dezentral fortzuführen.“ Ökumenische Kirchennutzungen, so Bischof Overbeck, seien „keine Notlösungen, sondern sichtbares Zeichen der wachsenden Einheit zwischen den Konfessionen“.

Was ist für evangelische Gläubige im Kirchenraum wichtig, was für katholische?

Diese Einladung untermauert der Leitfaden mit zahlreichen Hinweisen und konkreten Tipps: Was ist für evangelische Gläubige im Kirchenraum wichtig, was für katholische? Muss eine Kirche für die Nutzung durch andere Konfessionen umgebaut werden? Welche rechtlichen Vorgaben gibt es durch katholische Bistümer oder evangelische Landeskirchen? Zu diesen und vielen weiteren Fragen rund um die gemeinsame Nutzung von Gemeinde-Gebäuden gibt die Broschüre Antworten. Dabei betonen die Ökumene-Fachleute der Bistümer und Landeskirchen, dass es „keine Einsparung ohne Kirchenentwicklung“ geben könne, aber auch „keine Kirchenentwicklung ohne Einsparung“. Anstelle der bislang in vielen Landesteilen gewohnten konfessionellen Doppelstrukturen in Orts- oder Stadtteilen werben sie für eine gemeinsame ökumenische Präsenz in der Zukunft: „Die Orientierung am Sozialraum, daran, was aus christlicher Perspektive zu einem gelingenden Leben beitragen kann, eröffnet Perspektiven für eine lokale Kirchenentwicklung, die nicht nur zur gemeinsamen Nutzung von Gebäuden, sondern zu ,ökumenisch kooperativen Gemeinden‘ führen kann.“ So könne das Thema Ökumene in den Gemeinden von einer mancherorts als belastend empfundenen Zusatzaufgabe „zur Grunddimension kirchlichen Planens und Handelns werden“, schreiben die Fachleute.

Ökumene-Aufrufe zum Reformationsjubiläum

Der Praxisleitfaden ist nicht der erste Appell der beiden großen Kirchen an ihre Gemeinden, stärker zusammenzuarbeiten. 2017, im Jahr des Reformationsjubiläums, hatten mehrere Bistümer und Landeskirchen in NRW bereits Aufrufe veröffentlicht, die ein engeres ökumenisches Miteinander empfehlen. Vor dem Hintergrund der laufenden Veränderungsprozesse in den Kirchen ist der Leitfaden „Und wenn wir alle zusammenziehen?“ sechs Jahre später eine deutliche Konkretisierung.

Gute Beispiele für gelungene ökumenische Zusammenarbeit

In den vergangenen Jahren sind bereits erste gute Beispiele für eine gelungene ökumenische Zusammenarbeit entstanden. So wird das Markushaus in Essen-Vogelheim seit 2018 von der evangelischen und katholischen Gemeinde gemeinsam genutzt. In Bochum-Hordel feiert die evangelische Kirchengemeinde seit vielen Jahre Gottesdienste in der katholischen St. Barbara-Kapelle. Gleiches gilt für die Kirche St. Dionysius im Duisburger Süden. Die Pfarrei St. Pankratius in Oberhausen-Osterfeld lädt zu Gottesdiensten in die evangelische Auferstehungskirche und in das evangelische Gemeindezentrum Quellstraße ein. Weitere ökumenische Nutzungen werden aktuell unter anderem in Essen-Heidhausen und -Schonnebeck geplant.

Über die Rückbau-Perspektive hinaus regen die Tipps im Praxisleitfaden auch zu gemeinsamen ökumenischen Initiativen an, wenn neue Siedlungsgebiete entstehen. „Hier ergeben sich Chancen, die bisherigen konfessionellen Wege im Sinne einer kooperativen Ökumene zu öffnen und auf die ohnehin gemeinsamen pastoralen Herausforderungen ökumenisch nach Antworten zu suchen“, heißt es in dem Papier.

Neben der Online-Variante ist der Praxisleitfaden auch in einer gedruckten Version erhältlich, die kostenlos beim Referat Ökumene (E-Mail: oekumene@bistum-essen.de) im Bistum Essen bezogen werden kann.

Ansprechpartner im Ökumene-Referat

Referent für Ökumene

Christoph Schaten

Zwölfling 16
45127 Essen

0201/2204-681

0171/3830022

christoph.schaten@bistum-essen.de

Pressestelle Bistum Essen

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