von Thomas Rünker

Bischof wirbt für dezentrale Lösungen in der Weltkirche

Im Interview mit dem „Spiegel“ beklagt der Ruhrbischof mangelnde Beteiligungsmöglichkeiten der Ortskirchen, wenn der Vatikan weltweit gültige Vorgaben zum Beispiel zur Segnung gleichgeschlechtlicher Paare oder zur Gestalt der Pfarrgemeinden verfasst.

Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck wünscht sich in der katholischen Weltkirche mehr Rücksichtnahme auf die Besonderheiten vor Ort. „Es fehlt an einer Beteiligungsstruktur“, sagt Overbeck jetzt im Interview mit dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“. „Da schreibt irgendjemand in Rom eine offizielle Note, die weltweit für alle gelten soll, zu der aber niemand von uns befragt wurde“, kritisiert der Ruhrbischof und schlägt vor: „Wir müssen dezentrale Lösungen finden, ohne die Einheit der Kirche zu gefährden und die örtliche Kultur zu vernachlässigen.“

Er sehe es als „Teil meiner bischöflichen Verantwortung“, das, was die Weltkirche sage, auf seine Diözese anzuwenden. Dies gilt für Overbeck nicht nur für die jüngst intensiv diskutierte Frage zur Segnung gleichgeschlechtlicher Paare. „Als der Vatikan im vergangenen Jahr eine Instruktion zur Zukunft der Pfarrgemeinden veröffentlichte, war mir klar, dass ich auch damit sehr differenziert umgehen werde.“

Mit Blick auf den synodalen Weg, den aktuellen Reformprozess der katholischen Kirche in Deutschland, sieht Overbeck die allermeisten Bischöfe grundsätzlich offen für Veränderungen. „Nur ganz wenige Bischöfe tragen den synodalen Weg nicht mit.“ Allerdings warnt der Ruhrbischof auch vor zu großen Erwartungen: „Wenn man das Gelingen des synodalen Weges mit der Priesterinnenweihe verbindet, dann befürchte ich ein Scheitern. Um eine gesamtkirchliche Entwicklung anzustoßen, muss man in kleinen Schritten das Mögliche verändern. Vielen ist das zu wenig. Aber wir leben in einer sehr komplexen Welt mit vielen verschiedenen Wertesystemen.“

Overbeck warnt vor „Gruppierungen, die ideologisierend vorgehen und zu wissen glauben, was allein katholisch ist“. Sie beraubten der Kirche ihrer Entwicklungsmöglichkeiten. Er tue alles dafür, dass es nicht zu einem Schisma, zu einer Kirchenspaltung, komme und stattdessen Brücken gebaut würden. „Der Kirche ergeht es derzeit nicht anders als der Gesellschaft, in der sich Menschen radikalisieren“, so der Bischof. „Wir leben in einer herausfordernden Zeit, in der wir dringend eine konstruktive Konfliktkultur entwickeln müssen.“

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