Bischöflicher Rat befasst sich mit Herausforderungen und Potenzialen in der Pflege
Pflegenotstand, Fachkräftemangel, der Einsatz von Robotik und Künstlicher Intelligenz: Mit diesen drängenden Zukunftsthemen in der Pflege hat sich der Rat für Gesundheit und Medizinethik des Bischofs von Essen bei seiner Jahresveranstaltung am Dienstag, 2. Mai, in der Bistumsakademie Die Wolfsburg in Mülheim befasst – erstmals in dieser Ausführlichkeit und Intensität. Die Tagung Zwischen Demografiefalle und Digitalisierung – Herausforderungen und Potenziale in der Pflege wurde geleitet von Akademiedozent Mark Radtke.
Der Gesundheitsökonom Michael Greiling, Professor für Workflow-Management an der Europäischen Fachhochschule (EUFH) und Leiter des Instituts für Workflow-Management im Gesundheitswesen (IWiG), die Unternehmensberaterin im Digital Health-Bereich und diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin Miriam Moser, der Pflegeethiker Christan J. Voß und der Kultur- und Gesundheitswissenschaftler Florian Jeserich sprachen über aktuelle und zukünftige Entwicklungen und Trends in der Pflege.
Bischof Franz-Josef Overbeck hatte die mehr als 50 Teilnehmenden der interdisziplinären Tagung mit einer Videobotschaft begrüßt und ins Thema eingeführt. „Wir müssen uns angesichts gegenwärtiger gesellschaftlicher Veränderungsprozesse darüber vergewissern, wie eine verantwortbare und realistische christliche Perspektive an Kontur gewinnen kann“, sagte Overbeck.
Für eine gute und menschengerechte Pflege bedürfe es ausreichend geeignetes Personal, was sich mit Blick auf den aktuellen Fachkräftemangel schon heute nur sehr schwer bewerkstelligen lasse. „Zuwanderung kann eine mögliche Lösungsperspektive bieten, aber die wiederum stellt besondere Anforderungen an eine gelungene Integration in den Arbeitsmarkt dar“, führte Overbeck aus. Dies gelte in gleichem Maße für die Arbeit in bereits bestehenden und zukünftigen Pflegeteams.
Der Rat für Gesundheit und Medizinethik des Bischofs von Essen
Der Rat für Gesundheit und Medizinethik des Bischofs von Essen bringt hochkarätige und vielfältig qualifizierte Menschen aus verschiedenen Bereichen wie Ärztinnen und Ärzte sowie Führungs- und Leitungspersonen aus Krankenhäusern, Pflege und Krankenkassen und aus der Wissenschaft im Ruhrbistum zusammen. Dabei beraten die Ratsmitglieder den Bischof von Essen, setzen aber – etwa mit Diskussionsveranstaltungen und durch Stellungnahmen – auch eigene Akzente im gesellschaftspolitischen Diskurs und bei gesundheits-, pflegepolitischen und medizinethischen Fragestellungen. Die Verantwortung für die Arbeit des Rates liegt bei der Bistumsakademie Die Wolfsburg, die auch Tagungs- und Organisationsort des Rates.
Zeitgleich habe die Digitalisierung in der Pflege längst Einzug gehalten. „In ihrer Ambivalenz etwa in ethischen Implikationen und Abwägungen, die klug zu treffen und zu gestalten sind, bietet sie gleichzeitig Chancen, so genutzt und in den Arbeitsalltag integriert zu werden, dass sie einen Mehrwert an Pflegequalität bringt“, sagte Overbeck.
Der Ruhrbischof betonte die Wichtigkeit eines klug ausgestalteten ethischen Rahmens für digitale Tools und den Einsatz von Robotik und KI-Assistenzsystemen: „Gleichzeitig gibt es dabei eine gegebene Grenze. Der Mensch ist in seiner Geschöpflichkeit auf Mit-Sein angelegt. Mensch-Sein bedeutet immer Mit-Sein. Wir sind keine beziehungslosen Wesen, sondern unsere Einzigartigkeit und Individualität kommt gerade darin zum Ausdruck, dass wir sozial miteinander verbunden sind und wissen, dass wir uns nicht uns selbst verdanken.“
In seiner Keynote-Rede führte Gesundheitsökonom Greiling eine größere Attraktivität des Pflegeberufs, etwa durch optimierte Arbeitsbedingungen, als möglichen Lösungsansatz zur Linderung des Pflegenotstands an. An einem Praxisbeispiel stellte er vor, wie dies durch die Etablierung des Modells des Workflow-Managements – Prozessoptimierung unter den Aspekten der Effizienz und Effektivität – gelinge könne.