von Thomas Rünker

Ärztliche Hilfe für Menschen ohne Krankenversicherung

Neues Angebot in der Duisburger Innenstadt löst „Infirmarium“ im Petershof ab. Ärzte der provisorischen Ambulanz in Marxloh helfen jetzt in einer Praxis in der City.

Gesundheitsministerin Steffens lobt das Engagement, mahnt aber auch eine politische Lösung an.

Tausende nicht krankenversicherte Menschen in Duisburg und Umgebung können sich bei gesundheitlichen Problemen jetzt an die Malteser-Migranten-Medizin in der Duisburger Innenstadt wenden. In der Praxis an der Münzstrasse 15-17 nähe Rathaus und Schwanentor behandeln ehrenamtlich tätige Ärzte und Krankenschwestern nun jeweils donnerstags von 10 bis 15 Uhr Menschen, die mangels Versicherungsschutz und Geld in regulären Praxen und Kliniken abgewiesen würden. Damit löst die professionell eingerichtete Anlaufstelle die provisorische Krankenstation im Petershof in Duisburg-Marxloh ab.

Vor gut zwei Jahren startete Angebot im Petershof

Dort hatte unter der Regie des Prämonstratenser-Paters Oliver Potschien vor gut zwei Jahren ein Team von Ehrenamtlichen im ehemaligen Pfarrhaus der St. Peter-Kirche damit begonnen, Menschen ohne Krankenversicherung zu versorgen. Der Zuspruch des Angebots vor allem durch Familien aus osteuropäischen EU-Ländern wie Rumänien oder Bulgarien ließ das Projekt schnell an Grenzen stoßen. Nun übernehmen die Maltester diese Aufgabe, die mit ihrer Migranten-Medizin bereits an bundesweit 16 weiteren Standorten Erfahrung mit dieser Arbeit haben.

So war denn bei der feierlichen Eröffnung und Einweihung der Praxisräume am Freitagmittag auch vielfach vom „Staffelstab“ die Rede, der nun vom Petershof an die Malteser weitergereicht werde. Wobei die handelnden Personen größtenteils dieselben bleiben: Alle sechs Ärzte sind vom Petershof mit in die City-Praxis gewechselt. Das bedeutet Kontinuität – und Vertrauen für die Klientel, die Organisationen und Ämtern oft eher skeptisch gegenüber steht.

Große und vielfältige Klientel

Dass diese Klientel indes deutlich größer und vielfältiger ist als der Name Migranten-Medizin zunächst andeutet, betonte NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) in ihrem Grußwort. Neben den EU-Ausländern, die zumindest theoretisch alle eine Krankenversicherung haben müssten, verwies sie auch auf Deutsche, die aus den verschiedensten Gründen keine Krankenversicherung hätten. Zudem behandeln die Praxen der Migranten-Medizin auch Menschen, die ohne korrekte Papiere in Deutschland unterwegs sind. Steffens dankte den Maltesern und den ehrenamtlich engagierten Ärzten und Helfern. Gemeinsam mit den Malteser und Duisburgs Gesundheitsdezernent Dr. Ralf Krumpholz betonte sie jedoch auch, dass es eine politische Lösung bräuchte, um das Ziel zu erreichen, für dass sich auch der Petershof immer stark gemacht hat: Allen Menschen in Deutschland einen regulären Zugang zum Gesundheitssystem zu ermöglichen. Steffens nannte die Gesundheitsversorgung „ein Menschenrecht“ und verwies auf die Bundesregierung, die gerade in Duisburg offensichtlichen Probleme zu lösen. 17.000 Menschen lebten im Großraum Duisburg ohne Krankenversicherungsschutz, schätzt die Ministerin und spricht von einer „sehr großen Dunkelziffer“.

Kostenfaktor Klinikaufenthalte

Die Einrichtung der Praxis hat das Land mit einer Anschubfinanzierung ermöglicht. Mittle- und langfristig ist das Projekt jedoch auf Spenden angewiesen. Ein Unsicherheitsfaktor sind hier die Kosten durch Krankenhausaufenthalte – denn rein rechtlich kann sich eine Klinik mit ihren Forderungen an die Arztpraxis wenden, die einen Patienten eingewiesen hat, wenn dieser keinen Versicherungsschutz hat. In Duisburg hofft man hier auf eine gute Zusammenarbeit mit den örtlichen Krankenhäusern, von denen zwei ebenfalls von den Maltesern betrieben werden. Von einem „Geben und Nehmen“ ist am Rande der Eröffnung die Rede: Die Praxis der Migranten-Medizin entlastet die Ambulanzen der Kliniken und weist nur wirklich notwendige Fälle ein – die ohne eine Behandlung später womöglich als Notfall ohnehin behandelt werden müssten und dann tendenziell noch höhere Kosten verursachen würden.

Clearingstelle fahndet nach Kostenträgern

Während der Sprechstunden stehen zwei Allgemeinmediziner und zwei Kinderärzte für die Patienten bereit. Im Sommer soll noch ein Zahnarzt das Team ergänzen. Zudem bietet eine vom Land finanzierte sogenannte Clearingstelle ihre Beratung an, um für EU-, aber auch für andere Ausländer doch eventuell doch einen Versicherungsstatus zu ermitteln. An den ersten beiden Öffnungstagen der Praxis kamen bereits 32 Patienten, davon rund die Hälfte Kinder. Das waren noch nicht so viele Patienten wie in einer Petershof-Schicht, sagt Dr. Anne Rauhut aus dem Ärzteteam. Dafür kannte das Team rund ein Drittel der Patienten noch nicht - das Angebot scheint sich also herum zu sprechen. Und für die Mediziner bleibt ein Eindruck, den sie schon aus dem Petershof kennen: „Die Leute hier sind deutlich kränker als in einer gewöhnlichen deutschen Arztpraxis.“ Zwei Patienten wurden mit schweren gesundheitlichen Problemen gleich in eine Klinik eingewiesen.

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