von Adveniat | Jens Albers

Adveniat-Bischof Overbeck fordert gleichberechtigten Impfstoff-Zugang

Bischof Franz-Josef Overbeck hat auf der Bilanz-Pressekonferenz des in Essen ansässigen Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat einen „gleichberechtigten globalen Zugang zu den Impfstoffen für alle Länder“ gefordert.

„Ein kurzsichtiger und unsolidarischer Impfnationalismus von einigen wohlhabenderen Staaten, der die globalen Ausmaße und Zusammenhänge der COVID-19-Krise außer Acht lässt, bietet keine Lösungsperspektiven und gefährdet letztendlich uns alle“, betonte Overbeck auf der Adveniat-Bilanz-Pressekonferenz in Essen. Mehr als 29 Millionen Menschen haben sich bisher in Lateinamerika und der Karibik mit dem Corona-Virus infiziert, 905.000 Menschen sind an und mit Corona gestorben. Besorgniserregend ist laut Overbeck vor allem die Situation im brasilianischen Bundesstaat Amazonas. Dort bedrohe eine besonders ansteckende Variante des Virus die Menschen: „Inzwischen ist einer von 300 Einwohnern des Bundesstaates Amazonas an Corona gestorben“, machte der Adveniat-Bischof die Dramatik der Situation deutlich.

„In dieser Krisensituation ist Adveniat da für die Menschen, die der Pandemie schutzlos ausgeliefert sind – die Armen und Benachteiligten“, betonte Adveniat-Hauptgeschäftsführer Pater Michael Heinz. Adveniat habe bereits 8,2 Millionen Euro für 489 Projekte zur Bekämpfung der Corona-Pandemie und deren Folgen zur Verfügung gestellt. Der Schwerpunkt der Nothilfe liege auf der Versorgung mit Lebensmitteln, aber auch mit Medikamenten und Hygieneartikeln, damit sich die Pandemie nicht weiter ausbreitet. Adveniat unterstütze die Initiativen seiner Partnerinnen und Partner vor Ort „verlässlich und unbürokratisch“. „Denn gerade jetzt ist es angesagt, an der Seite der Partner zu stehen“, sagte Pater Heinz.

Erfreut zeigte sich der Adveniat-Hauptgeschäftsführer, dass im vergangenen Haushaltsjahr (1.10.2019 bis 20.09.2020) die Einnahmen aus Kollekten, Zuwendungen und Spenden 48,61 Millionen Euro betrugen und damit auf Vorjahresniveau lagen. Die Spenderinnen und Spender hätten gezeigt, dass sie sich von den Menschen und den drängenden Problemen Lateinamerikas und der Karibik „berühren und bewegen lassen“. Mit 34,88 Millionen Euro konnte Adveniat im vergangenen Geschäftsjahr 2.037 Projekte in Lateinamerika und der Karibik fördern. Trotz Corona blickte Pater Heinz auch verhalten optimistisch auf die Bilanz des laufenden Haushaltsjahres, in dem die Pandemie die Durchführung der Kollekte in den Weihnachtsgottesdiensten erschwert hat. Eine vorsichtige Hochrechnung bis Ende des Haushaltsjahres weise zwar ein Minus von mehr als 10 Millionen Euro bei der Weihnachtskollekte auf. Dem werde aber ein Direktspendenplus von voraussichtlich 6 Millionen Euro entgegenstehen. Für Pater Heinz zeigt das eindrücklich, dass die Spendenbereitschaft der Katholikinnen und Katholiken „enorm hoch ist – ebenso wie das Vertrauen in die Wirksamkeit der Arbeit von Adveniat“. 

Selten habe es eine solche Spendenbereitschaft wie beim Aufruf zur Unterstützung der Corona-Hilfe durch Adveniat gegeben, sagte Adveniat-Geschäftsführerin Tanja Himer.

Über das Hilfswerk

Adveniat, das Lateinamerika-Hilfswerk der katholischen Kirche in Deutschland, steht für kirchliches Engagement an den Rändern der Gesellschaft und an der Seite der Armen. Dazu arbeitet Adveniat entschieden in Kirche und Gesellschaft in Deutschland. Getragen wird das Werk von hunderttausenden Spenderinnen und Spendern – vor allem auch in der alljährlichen Weihnachtskollekte am 24. und 25. Dezember. Adveniat finanziert sich zu 95 Prozent aus Spenden. Die Hilfe wirkt: Im vergangenen Jahr konnten mehr als 2.000 Projekte mit rund 35 Millionen Euro gefördert werden, die genau dort ansetzen, wo die Hilfe am meisten benötigt wird: an der Basis, direkt bei den Armen.

„Wir erleben durch die Corona-Pandemie nun seit über einem Jahr bewusster denn je, dass kein Virus vor Grenzen haltmacht. Es ist alternativlos, endlich als globale Solidargemeinschaft zu denken und vor allem zu handeln“, unterstrich Himer. Wie Bischof Overbeck forderte auch sie einen weltweiten, gleichmäßigen und gerechten Zugang zu Impfstoffen und eine zeitweise Aussetzung der Patentrechte. Denn für die Adveniat-Geschäftsführerin ist klar: „Nur gemeinsam können wir die Pandemie besiegen.“ Die Krise müsse als Chance für einen Wandel hin zu einer gerechteren Welt genutzt werden. „Ein einfaches Zurück zur Normalität vor Corona darf es – gerade auch im Interesse der Menschen in Lateinamerika – nicht geben“, sagte Himer.

An der Bilanzpressekonferenz nahm auch Pater Martin Maier teil, der am 1. September sein Amt als neuer Hauptgeschäftsführer von Adveniat antreten wird. In dieser Funktion werde er den Weg der vorrangigen Option für die Armen weitergehen, sagte der Jesuit. Maier zitierte den 1980 ermordeten Erzbischof von San Salvador Oscar Romero, der in der Option für die Armen die politische Dimension des Glaubens gesehen habe: „Oscar Romeros Beispiel fordert uns dazu auf, die Wahrheit über diese Welt zu sagen, die eine Welt von Opfern ist und zugleich die Frage nach Gründen von Armut und Ungerechtigkeit zu stellen“. Aufgabe von Adveniat bleibe es, „den Armen ein Leben in Fülle zu ermöglichen“.

Pressestelle Bistum Essen

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