800 Menschen ziehen bei Fronleichnamsprozession durch Essener Innenstadt
Feierlich biegt der Prozessionszug um den Theaterplatz vor dem Grillo-Gebäude. Weihbischof Ludger Schepers trägt die Monstranz, ihm folgen hunderte Menschen durch die Essener Innenstadt, gesäumt von bunten Fahnen am Wegesrand, Lieder und Gesänge in verschiedenen Sprachen hallen durch die Straßen. Die 11-jährige Maria hält ein Skateboard unter dem linken Arm, ein Smartphone in der rechten Hand und filmt die vorbeiziehende Menge. Sie ist gemeinsam mit ihren Geschwistern und Eltern zur Fronleichnamsfeier gekommen. „Das sieht schön aus“, sagt sie zufrieden. Schon oft hat ihre Mutter sie hierhin mitgenommen, um mit der ganzen Familie diesen Tag zu feiern. „Ich finde es toll, wenn das Allerheiligste hier mitten in der Stadt quasi zu den Menschen kommt, wenn viele vielleicht nicht mehr den Weg in die Kirchen finden“, sagt Teresa Lagos und geht weiter Richtung Kennedyplatz. Vorbei an Cafés und Bars, vor denen die Menschen in der Sommersonne ein kühles Getränk, einen Café Latte oder eine Portion Pommes genießen und die Prozession beobachten. Immer wieder schauen Menschen aus ihren offenen Fenstern nach unten, ein älterer Herr verfolgt auf ein Kissen gestützt die Menschenmenge.
"Eine schöne Gemeinschaft mit vielen Gruppen und Nationen"
Rund eine Stunde später laufen Brigitte Knobelsdorff und Jo Friedrich gemeinsam die Viehofer Straße rauf. Vor Pfingsten sind sie schon bei der Prozession ihrer Gemeinde St. Dionysius in Essen-Borbeck gewesen, haben sich aber schon auf die große Feier in der Innenstadt gefreut. „Das ist einfach eine schöne Gemeinschaft, vor allem mit den unterschiedlichen Gruppen und Nationen“, sagt die 76-Jährige. „Freunde von uns sind in einer polnischen Gemeinde.“ Nach weiteren 500 Metern zieht die Prozession nach rund zwei Stunden wieder über den Domhof auf dem Burgplatz ein. Laut schallen die Töne zu „Tochter Zion“ aus den Trompeten, Saxophonen oder Klarinetten des Schönebecker Jugendblasorchesters.
Zuvor hatte Bischof Franz-Josef Overbeck hier eine Messe mit den Gläubigen aus dem Bistum Essen gefeiert, musikalisch begleitet vom Mädchenchor am Essener Dom, den Domsingknaben und dem Domchor. Auch Alexandra und Lukas Weiß waren mit der dreijährigen Hanna und dem einjährigen Elias gekommen. „Wir waren in den vergangenen Jahren immer mal wieder hier, wenn ich an diesem Tag nicht in unserer Heimatgemeinde St. Laurentius in Essen-Steele als Messdienerin war“, sagt die 36-Jährige. „Vor allem jetzt mit den Kindern ist es schön hier draußen zu feiern.“ Ihr Mann war bei der Feier am Essener Dom oft als Domsingknabe dabei. „Mein Bruder singt auch jetzt noch mit, das hören wir uns natürlich erst recht an“, sagt der 32-Jährige.
"Der Frieden ist unsere gemeinsame Aufgabe"
In seiner Predigt stellte Bischof Overbeck vor allem die Solidarität mit der Ukraine und den gemeinsamen Einsatz für den Frieden in Europa und der Welt in den Fokus. „Viele sind von den aktuellen Ereignissen so betroffen, wie sie es lange nicht gedacht hätten“, sagte er. „Das sind immense politische Herausforderungen, aber auch ethische.“ Genau in einer solchen Lage gelte es, der verwandelnden Kraft des Evangeliums zu trauen und sich als Christ solidarisch zu zeigen. „In der Tradition unserer Kirche tragen wir den Leib Christi heute mit dem Segensgestus durch unsere Stadt und erinnern an die Segensbedürftigkeit aller Welt und eines jeden Menschen.“ Als Menschen, die illusionslos in der Wirklichkeit leben, aber diese auch glaubensvoll bewältigen, müssten alle Christen einstehen für den Frieden im Alltag. Eine Botschaft, die auch Superintendentin Marion Greve den Gläubigen beim Halt an der evangelischen Marktkirche mitgab: „Wir sollten andere so nehmen, wie auch Christus uns annimmt – dass uns das nicht immer gelingt, zeigen die aktuellen Krisen dieser Welt. Der Frieden: Er ist unsere gemeinsame Aufgabe.“