von Cordula Spangenberg

Neuer Aufbruch im Ehrenamt

Das pastoraltheologische Forschungszentrum „zap“ hat Ehrenamtler befragt. Sie wollen Mitspracherecht, feste Ansprechpartner, gute Organisation und Anerkennung.

Ohne freiwilliges Engagement funktionieren Kirche und Caritas nicht. Allerdings ticken die Menschen heute anders als „damals“ in den 1990ern. Sie wollen Mitspracherechte, feste Ansprechpartner, gute Organisation und Anerkennung, unter diesen Bedingungen engagieren sie sich nach wie vor gern. Was das im Detail bedeutet, zeigt eine Untersuchung des pastoraltheologischen Forschungszentrums „zap“ der Ruhruniversität Bochum.

Durchschnittlich seit 25 Jahren, sagt die „zap“-Ehrenamtsstudie, sind die Freiwilligen der katholischen Kirche schon dabei. Sie stammen aus einer Zeit, in der „Kleiner Finger, ganze Hand“ galt – also ein dauerhaftes, pflichtbewusstes, selbstloses Ehrenamt, das ohne jeden Zweifel viel Gutes auf den Weg gebracht hat.

Die Babyboomer gehen in Rente. Bleiben sie im Ehrenamt?

Nun aber gibt es eine Nachwuchs-Krise. Jüngere Menschen sind schon lange gewohnt, gehört zu werden, demokratisch mitzuentscheiden und selbst zu verfügen über die Zeit, die sie einsetzen wollen. Und jetzt geht auch noch die geburtenstarke „Babyboomer-Generation“ in Rente. Viele von ihnen haben Kirche und Caritas lange die Treue gehalten, wollen sich aber nicht mehr vereinnahmen lassen. Auch die gegenwärtige Kirchenkrise setzt vielen der „Kirchentreuen“ stark zu: Glaube und christliche Werte waren ihnen über Jahrzehnte ein starker Motor für ihr Ehrenamt, so die zap-Studie. 74 Prozent der beispielhaft im Erzbistum Paderborn befragten Ehrenamtlichen haben schon darüber nachgedacht, ihr Amt niederzulegen. Positiv finden sie es dennoch, eine sinnvolle Aufgabe und einen festen Ansprechpartner zu haben sowie in Entscheidungsprozesse rund um ihren ehrenamtlichen Einsatz eingebunden zu werden.

„Es gibt viel Zusammenhalt, aber dennoch sind viele Akteure in Pfarreien und Caritas inzwischen alt geworden und haben jetzt während der Pandemie ihr Ehrenamt aufgeben müssen“, sagt Jutta Lahrmann, Referentin für ehrenamtliches Engagement im Bistum Essen. Andererseits habe sich aber Neues entwickelt, zum Beispiel kontaktfreie Gabenzäune für bedürftige Menschen. Oder „Limetti“, die dreirädrige Ape der Pfarrei St. Peter und Paul in Hattingen mit der Kaffeemaschine im Laderaum, die im Sommer den weiten Weg nach Altena geruckelt ist, um den Helfern in den Flutgebieten Kaffee zu kredenzen.

Save the date: Ehrenamtstag im Bistum Essen am 7. Mai

Das Bistum Essen setzt auf Ehrenamtskoordination; der sechste Vorbereitungskurs endet im Februar 2022. Weit über 100 Teilnehmende aus dem Haupt- und Ehrenamt stehen dann bereit, Ehrenämter so zu gestalten, dass Ansprechpartner, Aufgaben und Strukturen für alle Beteiligten klar sind – das bedeutet mehr Spaß und weniger Verdruss im Ehrenamt. Auch sind erstmals zwei Vertreter der afrikanisch-muttersprachlichen Caritas-Gruppe aus St. Gertrud in Essen im aktuellen Kurs dabei.

Nach den Erinnerungen an den gut besuchten ersten Ehrenamtstag im Bistum Essen im Dezember 2019 im Marien-Gymnasium in Essen-Werden wird nun ein neuer Ehrenamtstag geplant, der auch den Pandemie-Bedingungen standhalten sollte: Am 7. Mai ab 12 Uhr startet er am Musikpavillon der Gruga. Derzeit wird noch vorbereitet, Anmeldemöglichkeiten werden später bekannt gegeben. Denn trotz der Umbrüche in Kirche und Ehrenamt: Viele Engagierte sind nach wie vor mit Begeisterung dabei und wollen sich mit Gleichgesinnten austauschen. An der Gründung des Netzwerkes bürgerschaftliches Engagement NRW hat das Bistum Essen sich deshalb gemeinsam mit den vier weiteren NRW-Diözesen beteiligt. Auch die Caritasverbände in NRW haben eine gemeinsame Plattform zur Vermittlung von Ehrenämtern.

Neue Freiwillige gewinnen: So geht’s

„Betrachten Sie die Änderungen nicht als Krise, sondern als Strukturwandel“, sagt die Religionssoziologin Veronika Eufinger, die die zap-Studie betreut hat. Will die Kirche neue Freiwillige über Milieu-Grenzen hinweg gewinnen, dann so:

  • Qualität fördern: Transparenz, klar definierte Aufgaben, Ressourcen und Ziele – wohin wollen wir eigentlich mit unserem Einsatz?
  • Ehrenamts-Management einführen: Menschen, die die Wünsche junger Interessenten mit dem sozialen und seelsorgerlichen Bedarf abstimmen und Lösungen finden.
  • Sich neu vernetzen: Es geht nicht allein um „Caritäter“ und Pfarrei-Christen, sondern um Menschen jenseits jeder Konfession, die das Zusammenleben gestalten wollen.
  • Für die Christen unter ihnen heißt es: Engagiertes Leben ist erfülltes Leben. 

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