von Cordula Spangenberg

Macht, Partizipation und Gewaltenteilung in der Diskussion

„Die Wolfsburg“ und die Ruhr-Universität Bochum waren Gastgeber einer internationalen Tagung zu einem der vier Foren des katholischen Reformprozesses Synodaler Weg

Ob die deutsche Kirche sich in die demokratisch geprägte, freiheitlich-rechtsstaatliche Gesellschaft einbetten lässt, hängt in hohem Maße davon ab, wie sie künftig mit Macht und Gewaltenteilung umgeht. Dabei gehe es nicht um eine unkritische Übernahme gesellschaftlicher Praxis, sondern darum, mitten in der Gesellschaft einen prophetisch kritischen Auftrag zu erfüllen, sagte der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck am Dienstag, 2. März, bei einer internationalen Tagung der katholischen Akademie „Die Wolfsburg“ in Mülheim. „Die ‚Zeichen der Zeit‘ und der ‚Glaubenssinn des Volkes Gottes‘ ergänzen die reiche Geschichte der Erkenntnis der Offenbarung Gottes durch Schrift, Tradition und Lehramt“, so Overbeck.

Die zweitägige Fachtagung „Macht, Partizipation und Gewaltenteilung – Was ist in der katholischen Kirche möglich?“ ließ mehr als 20 Theologie-Professorinnen und –Professoren, Bischöfe und weitere Fachleute zu Wort kommen und diente dem Austausch von Argumenten zum gleichnamigen Forum des Synodalen Wegs der katholischen Kirche.

Aus Sicht des Salzburger Fundamentaltheologen Gregor-Maria Hoff ist allein die Tatsache, dass der Synodale Weg mit großer Mehrheit beschlossen wurde, bereits das Ergebnis praktizierter Gewaltenteilung der deutschen Bischöfe. Dadurch sei ein eigenes neues Format kirchlicher Beratung mit starker spiritueller Note entstanden – ein „Experiment“, ohne das die deutschen Bischöfe angesichts der massiven Kirchenkrise nicht handlungsfähig gewesen wären, auch wenn der Synodale Weg mangels Anbindung an das Kirchengesetz auch auf Kritik stoße, so Hoff.

Klare Führungs- und Kontrollstrukturen auf allen Kirchenebenen

Zur Sicherung der Gewaltenteilung innerhalb der Kirche plädiert der Berliner Soziologe Hans Joas für klare Führungs- und ebenso klare Kontrollstrukturen auf allen Ebenen von der Pfarrgemeinde über die Bistümer bis zur Weltebene. In der Kirche als „Genossenschaft der Gläubigen“ gebe es Zentralität nur im Hinblick auf die elementaren Lehren des Glaubens. In seinen dezentralen Spielräumen sei das Christentum immer schon von Epochen und Kulturen geprägt und nicht einfach von der Botschaft des Evangeliums.

Kriterien, Standards und Verfahren der Machtkontrolle

Um praktisch umsetzbare Lösungen zu finden, müsse man sich auf die Kirche als Organisation konzentrieren und Kriterien, Standards und Verfahren der Machtkontrolle entwickeln, forderte auch Matthias Sellmann (Bochum) im Namen der Praktischen Theologie. Das Ergebnis müsse eine real wirksame, messbare Veränderung der Machtverteilung sein. Qualitätskontrolle und Evaluation für pastorale Berufe sei dabei kein Tabu: Caritas und Kasualien (Segnungsgottesdienste wie Taufe oder Hochzeit an den Schwellen des Lebens) seien nach wie vor stark gefragt. Sellmann: „Wenn das gut gemacht wird, kommt Kirche gut an.“

Rechenschaftspflichten für Bischöfe und Pfarrer

Im Kirchenrecht sofort umsetzbare Reformschritte sind laut Sabine Demel (Regensburg) die freiwillige Rechenschaftsverpflichtung des Bischofs und Pfarrers gegenüber den Gläubigen, außerdem die Einrichtung von Ombudsstellen für Beschwerden über Machtmissbrauch. Eine Gesetzesreform sei hingegen nötig, wenn man Zugangsrechte zu Diensten und Ämtern außerhalb des Weiheamtes ermöglichen wolle: etwa zur Predigt im Gottesdienst, zur Krankensalbung oder zum Amt des Kirchenrichters. Das Kirchenrecht sehe hier bereits heute im Ausnahmefall eine Genehmigung für Laien vor, so dass nur die Ausnahme-Klausel gestrichen werden müsse, erklärte Demel.

Digital ausgerichtet wurde die Tagung von der katholischen Akademie des Bistums Essen „Die Wolfsburg“ in Kooperation mit den Akademien der Diözesen Münster, Berlin, Hamburg und Erfurt sowie der Katholisch-Theologischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum.

Ein ausführlicher Bericht zur Tagung ist auf der Homepage der „Wolfsburg“ zu lesen.

Pressestelle Bistum Essen

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