Lourdes: Friedensgebete an der Mariengrotte

Unter dem Leitwort „Diener Christi – Diener des Friedens“ beten in diesen Tagen tausende Soldaten aus aller Welt bei der 56. Internationalen Soldatenwallfahrt in Lourdes für den Frieden. „Wir Christen sind mit einem klaren Auftrag um des Friedens und der Gerechtigkeit willen in die Welt geschickt“, sagt Militärbischof Dr. Franz-Josef Overbeck.

Bischof Overbeck begleitet 56. Internationale Soldatenwalfahrt

Marschmusik. Überall Marschmusik. Mal zackig, mal beschwingt, aber stets laut und mitreißend. Irgendwo klingt immer eine Trompete oder ein Trommelwirbel über der Altstadt von Lourdes, wenn sich dort in diesen Tagen rund 10.000 Soldaten aus aller Welt treffen. Denn die Internationale Soldatenwallfahrt ist nicht nur ein traditionsreiches Treffen, bei dem junge Leute, deren Väter und Großväter sich noch in den Schützengräben der Weltkriege gegenüberlagen, gemeinsam für eine friedliche Welt beten. Sie ist auch eine Art Leistungsschau der Militärmusik. Und die verleiht dem französischen Marienwallfahrtsort derzeit einen ganz besonderen Klang – während zahllose Uniformen in den verschiedensten Farben und Formen für ein kurioses Bild in den Straßen der Kleinstadt sorgen.

Aus Deutschland sind rund 700 Bundeswehr-Soldaten und deren Angehörige nach Lourdes gekommen, größtenteils mit zwei Sonderzügen, die mehr als 24 Stunden unterwegs waren. Auch Dr. Franz-Josef Overbeck, der nicht nur Bischof von Essen, sondern auch der deutsche Militärbischof ist, ist in Lourdes mit dabei. „Für mich ist diese Wallfahrt in jedem Jahr eine gute Gelegenheit, mit vielen Soldatinnen und Soldaten ins Gespräch zu kommen“, so Overbeck. Im Zeltlager, wo viele der deutschen Pilger untergebracht sind, feiert er mit ihnen einen Gottesdienst unter freiem Himmel und erinnert in seiner Predigt nicht nur an den Ausbruch des ersten Weltkriegs vor 100 und des zweiten Weltkriegs vor 75 Jahren, sondern auch an aktuelle Krisen- und Unruheherde wie Syrien, Mali oder die Ukraine. Deren kleine Delegation war schon am Vorabend bei der internationalen Eröffnungsfeier mit stürmischem Applaus von den Armeeangehörigen aus 37 Ländern begrüßt worden. Overbeck ermuntert die Bundeswehr-Soldaten, aus ihrem Glauben heraus Verantwortung für den Frieden zu übernehmen. „Wir Christen sind mit einem klaren Auftrag um des Friedens und der Gerechtigkeit willen in die Welt geschickt“, ruft er den Soldaten am Ende seiner Predigt zu.

„Diener Christi – Diener des Friedens“ lautet in diesem Jahr das Leitwort der Wallfahrt, zu der sich schon seit kurz nach dem Zweiten Weltkrieg Soldaten einst verfeindeter Länder zum gemeinsamen, versöhnenden Gebet in Lourdes treffen. Auch deutsche Soldaten sind schon seit vielen Jahrzehnten dabei, in den 1960er und 1970er Jahren etwa mit dem ersten Ruhr- und damaligen Militärbischof Franz Hengsbach. Bis heute ist die Wallfahrt für viele Bundeswehr-Soldaten ein fester Termin im Kalender – und unter den (mittlerweile freiwillig) Wehrdienstleistenden findet sie immer neue Fans: Mit drei 10-Liter Kanistern warten Julian Hofmann aus München und seine zwei Kameraden zwischen vielen anderen Pilgern auf einen freien Zapfhahn an der Wasserstelle, aus der das berühmte „Lourdes-Wasser“ sprudelt. „Die sind für meine Verwandten und ein paar Freunde“, sagt er mit Blick auf die immer voller werdenden Kanister. Von der Wallfahrt ist der Wehrdienstleistende begeistert: „So viele Eindrücke! Ich bin das erste Mal dabei – aber sicher nicht das letzte Mal!“

Auch für Benedikt Pohl ist es eine Premiere in Lourdes. „Es ist toll, weil hier so vieles aufeinander trifft“, sagt der ehemalige Messdiener und Jugendgruppenleiter aus der Bottroper St. Cyriakus-Gemeinde, der heute als Obergefreiter in Bremen stationiert ist. „Soldaten aus so vielen verschiedenen Ländern, gläubige Christen, aber auch viele, die vor allem wegen des multikulturellen Lebens hier zur Soldatenwallfahrt kommen.“ Pohl möchte in Lourdes „möglichst viele Leute kennenlernen, aber auch Zeit für mich selbst haben“. Und für seine Freundin Anna. Die ist ebenfalls Soldatin, aber in Berlin, und jetzt in Lourdes mit dabei.

Mancher wird in Lourdes sogar zum Christ: Im Zeltlager-Gottesdienst tauft Bischof Overbeck die Offizierin Stella Christina Zipp und spendet ihr und zwei Kameradinnen das Sakrament der Firmung. „Es war ein jahrelanger Weg für mich zum Glauben“, sagt Zipp danach. Ein Weg, der eng mit ihrer Bundeswehr-Zeit verbunden ist. „Bei meiner ersten Auslandsverwendung bin ich nach Israel gekommen. Da habe ich die ganzen heiligen Orte besucht“, sagt die 30-Jährige, die heute als Oberstleutnant in einer Fernmeldeeinheit dient. Schon damals sei in ihr der Entschluss gereift, sich intensiver mit dem christlichen Glauben zu beschäftigen. Konkret sei dieser während ihres fünfmonatigen Afghanistan-Einsatzes geworden. Nicht etwa auf Grund besonders dramatischer Vorfälle. „Ich hatte dort einfach viel Zeit über mich selbst nachzudenken“, erzählt sie. „Die ganzen irdischen Themen, die hier in Deutschland so wichtig sind, sind in Afghanistan viel unbedeutender. Und auch Ablenkungsmöglichkeiten gibt es nicht viele.“ Also hat sie sich oft in die Kirche gesetzt, meditiert, gebetet – und den Entschluss zur Taufe gefasst. Dafür gab‘s viel Applaus der Kameraden.

Und doch gehört zu einer Wallfahrt mehr als beten – erst recht, wenn Tausende junger Leute zusammen sind. Allabendlich wird das Café Jeanne d’Arc an der Brücke über die Gave zum Zentrum der Völkerverständigung. Junge Frauen lassen sich mit schmucken Offizieren fotografieren – und umgekehrt – und mancher Soldat scheint nach eifrigem Tauschen diverser Uniformteile einer internationalen Fantasie-Armee anzugehören. Als sich dann auch noch die Bundeswehrkapelle in die Menge mischt und den aus Fußball-Fankurven bekannten Hit „Seven Nation Army“ anstimmt, ist von Besinnlichkeit endgültig nichts mehr zu spüren. Aber von jeder Menge Lebensfreude und dem Eindruck, dass gemeinsames Feiern nicht die schlechteste Basis für den Frieden ist. (tr)

Hier geht's zu einem Video von der Soldatenwallfahrt.

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