von Thomas Rünker

Letzter Gemeindegottesdienst in Gelsenkirchener St.-Joseph-Kirche

„Wir sind traurig, aber nicht hoffnungslos“, sagt Pfarrer Ingo Mattauch. Pfarrei setzt auf neue Orte der Begegnung in ihren Stadtteilen – und sucht für die 125 Jahre alte Pfarrkirche nun eine alternative Nutzung.

125 Jahre alte Pfarrkirche öffnet künftig nur noch für besondere Gottesdienste und Besuche von Fußballfans vor Schalke-Heimspielen

Gemeinde setzt sich kleiner, will sich aus ihren Stadtteilen aber nicht zurückziehen

Zentraler Standort der Pfarrei wird das "Haus Eintracht", neue Gemeinde-Aktionen in Schalke-Nord

Mit einer festlichen Messe zum Jahresabschluss hat die Pfarrei St. Joseph in Gelsenkirchen-Schalke am Silvesterabend einen letzten Gemeindegottesdienst in ihrer Pfarrkirche gefeiert. Zwar öffnet die Pfarrei den markanten Bau an der Grillo- / Ecke Kurt-Schumacher-Straße auch weiterhin vor den Heimspielen des FC Schalke 04 für Fußball-Fans und feiert dort auch künftig besondere Gottesdienste. Doch aus dem „Regelbetrieb“ der Pfarrei werde die Kirche nun herausgenommen, erläuterte Pfarrer Ingo Mattauch zu Beginn der Messe den 2017 von Pfarrgemeinderat und Kirchenvorstand gefassten Beschluss: Die Pfarrei setzt sich kleiner, weil die Zahl der Kirchenbesucher und der Gläubigen abgenommen hat – und damit auch die finanziellen Möglichkeiten, einen Bau wie die 1894 eröffnete neugotische Kirche, aber auch andere Gotteshäuser zu erhalten. Bereits zwei Tage vor dem letzten Gemeindegottesdienst in St. Joseph hatte sich die Pfarrei zudem von ihrer Kirche St. Antonius in der Feldmark verabschiedet – und wird am 2. Februar auch die Kirche St. Franziskus im Stadtteil Bismarck schließen.

„Alles hat seine Zeit, alles hat seine Stunde“

Das Ende der Gemeindegottesdienste in St. Joseph sei zweifellos „ein trauriger Moment, aber kein hoffnungsloser“, betonte Mattauch in seiner Predigt und griff den Impuls aus der biblischen Lesung auf: „Alles hat seine Zeit, alles hat seine Stunde, das gilt auch immer wieder für die Organisation des christlichen Lebens in der Welt.“ Immer wieder sei die Kirche „herausgefordert, sich dieser Welt anzupassen“ – eine Welt, die sich gerade im Umfeld der Schalker St.-Joseph-Kirche, aber auch im gesamten Ruhrbistum in den vergangenen Jahrzehnten deutlich verändert habe. Mattauch zitierte aktuelle Umfragen, nach denen 20 Prozent der Deutschen an Weihnachten einen Gottesdienst besuchen wollten – und schlug den Bogen zur Nachkriegszeit: „Da gingen rund 40 Prozent der Gläubigen in die Kirche, und zwar jeden Sonntag.“ Ein bis auf den letzten Platz belegtes Kirchenschiff wie bei diesem Abschiedsgottesdienst hat man auch in St. Joseph schon viele Jahre allenfalls noch in der Familien-Christmette erlebt.

„Diese Kirche ist gottlob nicht nur irgendein Gebäude“

Doch Pfarrer Mattauch und die vielen ehrenamtlich Engagierten in St. Joseph wollten im letzten Gemeindegottesdienst nicht wehmütig, sondern vor allem mit Dank zurück- und in erster Linie nach vorn schauen. „Ich will heute mit einem Lächeln hier hinausgehen – in Erinnerung an die vielen tollen Momente hier“, sagte Inga Clever, die während der Predigt von ihrer Zeit als Messdienerin berichtete und gemeinsam mit zwei älteren Gemeindemitgliedern beispielhaft erzählte, warum die Kirche für sie so bedeutsam ist. „Diese Kirche ist gottlob nicht nur irgendein Gebäude“, sagte auch Pfarrer Mattauch. Umso größer ist die Herausforderung nun für ihn und den Kirchenvorstand, in den kommenden Jahren eine aus Sicht der Pfarrei inhaltlich und finanziell sinnvolle weitere Nutzung für die rund 125 Jahre alte Kirche zu finden.

Pfarrnachrichten gibt es künftig in der Apotheke

Dass die seelsorgerische Arbeit in St. Joseph ab sofort ohne die repräsentative Kirche auskommen muss, wurde im Gottesdienst auch durch Details deutlich: Die Pfarrnachrichten gibt es künftig statt im Vorraum der Kirche in der gegenüberliegenden Apotheke – und wer künftig mit seinem Auto Gemeindemitglieder zu den Sonntagsmessen in Hl. Dreifaltigkeit im Stadtteil Bismarck oder in St. Elisabeth in Heßler mitnehmen kann, möge sich doch bitte beim ehrenamtlichen Koordinierungsteam der Gemeinde melden. Pfarrer Mattauch hob hervor, dass auch in Schalke das Glaubensleben in Gemeinschaft weitergehen werde: Das 200 Meter entfernte Haus Eintracht in der Grillostraße soll künftig der zentrale Standort der Pfarrei St. Joseph sein und zugleich zu einem „Haus für den Stadtteil“ werden. Weitere Treffpunkte stehen in Kitas und anderen katholischen Orten in den Stadtteilen der Pfarrei bereit.

Neues Gemeindeleben in Schalke-Nord

„Wir setzen uns kleiner, aber wir ziehen uns nicht zurück“, beschrieb Mattauch die Kern-Idee, die St. Joseph im Pfarreientwicklungsprozess gefasst hat. Was dies bedeute, werde schon seit einiger Zeit in Schalke-Nord deutlich, so Mattauch: Die dortige St.-Anna-Kirche wurde 2007 geschlossen. Doch mittlerweile gebe es ein eigenes ehrenamtliches Koordinierungsteam der Pfarrei das auch in Schalke-Nord neues katholisches Leben entwickle und als Ansprechpartner im Stadtteil gefragter sei denn je. „Da bewegt sich wieder etwas“, freut sich der Pfarrer – und denkt dabei wohl nicht nur an den Gottesdienst in einer Fahrschule, zu dem die Ehrenamtler in einigen Wochen einladen wollen.

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