von Cordula Spangenberg

„Herzlich willkommen bei uns“ – die Fußwaschung

Fußwaschung gehörte im Orient zur Begrüßung. Jesus übernahm die Aufgabe mit dem Hinweis: Sorgt füreinander.

Wie begrüßt man daheim einen Gast? Erstmal die Jacke ablegen lassen, Blumen entgegennehmen, Durstlöscher anbieten, „Wie geht’s?“ fragen. Die Füße zu waschen, gehört in unseren Breiten nicht zu den Förmlichkeiten, vielleicht aber dennoch, im Flur die Schuhe auszuziehen.

Ritual Fußwaschung, in Jahrtausenden gedacht: Mach deinen Job, fühl dich wohl bei uns

Eine Fußwaschung ist Teil der Messe am Gründonnerstagabend. Dieser Gottesdienst erinnert an das letzte Abendmahl Jesu mit seinen Begleitern an einem Festtagsabend – damals ging es allerdings deutlich formeller zu als heute an der Wohnungstür. Wenig blieb dem Zufall überlassen, denn an diesem Abend wurde mit zahllosen Ritualen das jüdische Passah-Fest eingeläutet, das an die Befreiung des Volkes Israel aus ägyptischer Sklaverei erinnert. Zum Ritus des Passah-Festes gehörte neben vielem anderen auch die Fußwaschung; sie war im Orient Teil der Gastfreundschaft und Aufgabe niederer Sklaven. Diesmal stand allerdings Jesus selbst vom Platz auf und wusch seinen Freunden die staubigen Füße mit dem Hinweis zur Demut: „Auch ihr müsst einander die Füße waschen.“

Sisi, die junge Kaiserin, wusch in Demut die Füße der Armen

Die geschwisterliche Fußwaschung, von der das Johannes-Evangelium berichtet, wurde ins Urchristentum übernommen und blieb in ihrer Bedeutung so leicht verständlich, dass sogar das streng katholische Fürstengeschlecht der Habsburger sie ab dem Spätmittelalter als Ritus am Hof übernahm. Kaiser Franz-Joseph von Österreich-Ungarn und seine Frau Elisabeth „Sisi“ wuschen noch im 19. Jahrhundert alljährlich in Demut die Füße von zwölf hochbetagten Armen, die zuvor allerdings gründlich gebadet und ärztlich untersucht worden waren.

Dürfen Bischöfe Frauenfüße waschen? Papst Franziskus sagt ja

In den Gründonnerstags-Gottesdiensten der Bischofskathedralen und Abteien ist der Ritus der Fußwaschung heute noch fest vorgesehen. In anderen Kirchen kann, muss er aber nicht vollzogen werden. Die Regel, dass nur die Füße erwachsener Männer dafür in Frage kommen, hatte Papst Franziskus in seiner Zeit als Erzbischof von Buenos Aires mehrfach selbst gebrochen, und noch als Papst hat er in einem Jugendgefängnis die Füße eines muslimischen Mädchens gewaschen. Wie etliche andere Bischöfe wäscht auch Franz-Josef Overbeck seit seiner Weihe zum Bischof von Essen regelmäßig auch Frauen die Füße.

2016 hat der Papst dann die (immer noch) bestehende Regel zugunsten aller Geschlechter verändert und damit für innerkirchlichen Ärger zwischen Bewahrern und Reformern der katholischen Kirche gesorgt. Die vatikanische Kongregation für Gottesdienst und Sakramentenordnung mit Kardinal Robert Sarah an der Spitze musste das Römische Messbuch entsprechend ändern. Konservative Kritiker ärgerten sich anschließend, weil sie die Fußwaschung an den zwölf Aposteln im Abendmahlssaal eigentlich als Ouvertüre für das Weiheamt männlicher Diakone und Priester verstehen. Den Befürwortern der Änderung gefällt: Franziskus stellt damit den liebenden, dienenden Aspekt in den Mittelpunkt.

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