von Thomas Rünker

Gott und den Menschen Raum geben – mit weniger Geld, aber guten Ideen

Als neues Leitungsduo des Bereichs Pastoralentwicklung im Bistum Essen koordinieren Andrea Qualbrink und Ludger Schollas die Abteilungen, die gemeinsam mit Pfarreien und anderen kirchlichen Einrichtungen Räume eröffnen, in denen Menschen willkommen sind und mit Gott in Berührung kommen können. In Zeiten knapper Kassen und kritischer Anfragen aus der Gesellschaft sind da neue Konzepte gefragt.

Sie haben Theologie studiert und Organisationsentwicklung gelernt. Nun sollen Andrea Qualbrink und Ludger Schollas für das Bistum Essen Ideen entwickeln und umsetzen. Die 46-Jährige und der 55-Jährige leiten den neuen Bereich Pastoralentwicklung im Bistum Essen. Und wäre die Bistums- eine Konzernzentrale, dann stünde vielleicht „Produktentwicklung“ auf den Türschildern, während der Unternehmensvorstand vom „Kerngeschäft“ sprechen würde. Von Gottesdienstgestaltung und Kirchenmusik über die Glaubenskommunikation und Angeboten für Kinder und Jugendliche bis hin zur Mitwirkung von Ehrenamtlichen, dem sozialen Engagement von Kirchengruppen und der Frage, wie und wo neue Seelsorge-Orte entstehen können reicht das Spektrum der Beschäftigten in vier Abteilungen, die Qualbrink und Schollas nun koordinieren.

Nachfolgeorganisation des Pastoraldezernats

Die meisten Abteilungen des neuen Bereichs Pastoralentwicklung waren bis zum Frühjahr Teil des Dezernats Pastoral, das Michael Dörnemann mehr als zehn Jahre lang geleitet hat. Zum einen treten Qualbrink und Schollas nun also Dörnemanns Nachfolge an, der künftig Pfarrer in der Essener Innenstadt wird. Zum anderen sind sie im Rahmen der im Frühjahr erfolgten Neuorganisation des Generalvikariats auch Teil des Leitungsteams des Ressorts Kirchenentwicklung, zu dem neben Ressortleiter Markus Potthof auch Marcus Klefken gehört, Leiter des Bereichs Wirtschaftliche Entwicklung der Kirchengemeinden.

Dabei lassen sich die beiden weder von der Fülle der Aufgaben noch von den schwierigen Perspektiven einschüchtern. Für beide ist klar: „Die Aufgabe von Kirche ist es, offen und zutiefst an den Menschen und ihren Bedarfen interessiert zu sein und gute Angebote zu machen, in denen die Liebe Gottes erfahrbar wird.“ Hierfür wollen sie vor allem im Gestalten und Umsetzen stark sein. „Wir sind in der Kirche Meister im Analysieren“, sagt Schollas. „Aber Denken ist das Eine – und Tun das Andere.“ Bewusst hätten sie ihr Arbeitsfeld Pastoral-Entwicklung genannt, hebt Qualbrink hervor. „Wir wissen nicht, wie eine `Kirche von morgen` genau aussieht. Aber wir wissen, dass wir hierfür gut hinhören, genau hinschauen, Neues entwickeln und auf Qualität achten müssen.“ „Wir wollen sehr sensibel schauen, was gebraucht wird und dabei Gutes bewahren. Wir werden uns aber auch von Gewohntem verabschieden müssen“, ergänzt Schollas. „Wir wollen mit einem nüchternen Blick auf unsere Ressourcen gemeinsam mit den Menschen vor Ort Kirchorte gestalten.“

In den vergangenen Jahren hat Ludger Schollas im Ruhrbistum die Arbeitsstelle Pfarreientwicklung geleitet, die die Kirchengemeinden bei der Umsetzung ihrer Pfarreientwicklungsprozesse unterstützt, und zuvor in Gladbeck selbst einen solchen Prozess moderiert. Er weiß, wie viel Trauer, Ärger und Wut der Abschied von lang Vertrautem auslöst. Er stellt aber fest: „Die Pfarreien bleiben eine wichtige Größe in unserem Bistum.“ Doch daneben wollen Qualbrink und er künftig auch andere kirchliche Initiativen und Orte stärker in den Blick nehmen und unterstützen. „Viele Menschen haben den Bedarf, in Gemeinschaft ihren Glauben zu leben“, betont Qualbrink. „Es gibt aber auch viele Menschen, deren Seelsorge-Bedarf so nicht gedeckt wird.“ Angebote wie die beliebten Segensfeiern für werdende Eltern und Familien mit Neugeborenen zum Beispiel oder Initiativen rund um den Bistums-Pilgerweg zeigten das große Interesse an solchen Formen, den eigenen Glauben zu leben.

Das neue Leitungsteam

Dr. Andrea Qualbrink (46) hat Theologie studiert und in Pastoraltheologie promoviert. Sie war in der Studierendenseelsorge und als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Münster tätig. Seit 2017 arbeitet sie in verschiedenen Bereichen des Bischöflichen Generalvikariats Essen, zuletzt im Stabsbereich Strategie und Entwicklung. Inhaltlich hat sie sich immer wieder mit dem Thema Frauen in der Kirche beschäftigt, das Programm „Kirche im Mentoring – Frauen steigen auf“ mitinitiiert und engagiert sich vor diesem Hintergrund auch im bundesweiten Gesprächsprozess „Synodaler Weg“. Qualbrink ist verheiratet und Mutter eines Sohns.

Ludger Schollas (55) hat ebenfalls Theologie studiert und gehörte 1994 zu den ersten Pastoralreferenten des Bistums Essen. Nach 19 Jahren als Krankenhaus-Seelsorger wechselte er in die Gladbecker Pfarrei St. Lamberti und arbeitete dort intensiv im Pfarreientwicklungsprozess mit. Anschließend baute Schollas in Gladbeck das Sozialpastorale Zentrum K4 mit auf, bevor er in die Arbeitsstelle Pfarreientwicklung im Generalvikariat wechselte. Schollas ist verheiratet und Vater von drei erwachsenen Kindern.

Schollas und Qualbrink wollen Schwerpunkt Sozialpastoral stärken

Einen stärkeren Schwerpunkt wollen Schollas und Qualbrink zudem beim Thema Sozialpastoral legen, also der Verknüpfung konkreter Hilfen für bessere Lebensumstände mit Inhalten des christlichen Glaubens. Hierbei sollen Seelsorgerinnen und Seelsorger ihr ganzes Quartier, ihren Stadtteil mit den Problemen und Chancen die dort liegen, stärker in den Blick nehmen. Es gehe nicht um das „Verteilen von Almosen”. Hier helfe auch die Haltung von Seelsorgenden in Kliniken, Gefängnissen, bei Polizei, Feuerwehr oder der Notfallseelsorge, in den Gemeinden weiter, sagt Schollas, der selbst viele Jahre als Krankenhaus-Seelsorger tätig war. Wer als erstes „Wie geht es Ihnen?“ fragt, schaue automatisch auf die Bedarfe der Menschen.

Viele Ideen treiben Schollas, Qualbrink und die verschiedenen Teams in ihrem Bereich um, doch wenn es um die Umsetzung geht, stoßen sie – wie alle im Bistum Essen – immer wieder an die Grenzen. Dabei gehe es auch um die Rolle der Kirche in der Gesellschaft: „Kirche ist heute nicht mehr selbstverständlich. Im Gegenteil: Wir waren noch nie so kritisch angefragt.“ Das weiß Qualbrink auch durch ihre Tätigkeit für die Projekte des Bistums im Anschluss an die bundesweite Missbrauchs-Studie und ihre Mitarbeit beim Synodalen Weg. „Wir müssen wirklich offen und gastfreundlich sein für die Menschen in all ihrer Vielfalt.“ Dabei müsse jedoch nicht jeder Kirchenstandort alles für alle Zielgruppen anbieten, von Kleinkindgottesdiensten bis Orgelkonzerten. „Das können wir nicht mehr – aber das müssen wir auch nicht, weil nicht alle Angebote überall abgefragt werden“, stellt Qualbrink fest. Besser sei es, für verschiedene Themen „Standorte mit Strahlkraft zu entwickeln“.

Seelsorge auch an Schulen und im Internet

Ein solcher Standort könne dann auch eine Schule des Bistums sein, wo Kinder und Jugendliche nicht nur Mathe und Englisch lernen, sondern auch eine Glaubensgemeinschaft erleben. Das Essener Schulzentrum am Stoppenberg zum Beispiel, arbeitet gerade an einer eigenen Firmvorbereitung als Ergänzung zum Angebot der Pfarreien. Und auch die Seelsorge im Internet möchten Qualbrink und Schollas künftig als eigene „pastoralen Handlungsort“ entwickeln. Doch egal ob online oder offline, Taufe, Hochzeit, Beerdigung oder die Ansprechbarkeit von Seelsorgerinnen und Seelsorgern: „Gerade bei den Kernkompetenzen der Kirche – berührende Gottesdienste feiern, mit Menschen im Gespräch sein, sie bei Bedarf begleiten, den christlichen Glauben anbieten – müssen wir einfach gut sein“, betont Qualbrink.

Bereichsleiterin Pastoralentwicklung

Dr. Andrea Qualbrink

Zwölfling 16
45127 Essen

Bereichsleiter Pastoralentwicklung

Ludger Schollas

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Pressestelle Bistum Essen

Zwölfling 16
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