Impuls: So schön!

Der 29. Juli ist der Geburtstag meines Vaters. 1912 ist er geboren. Das ist wirklich lange her. Ganz andere Zeiten. Gute Zeiten? Viel hat mein Vater nicht davon erzählt. Was gibt es schon zu erzählen von bitterer Armut und von der Not: 1918 stand meine Großmutter als Witwe da, mit drei kleinen Kindern. Dazu die Diskriminierung der aus Polen ins Ruhrgebiet eingewanderten Arbeiter und ihrer Familien. Mein Vater sagte oft im Scherz, wenn ihm beim Skatspielen eine kluge Finte gelang: Die Pollacken sind nicht doof!

Und wie stand’s mit der Kirche? Nach allem, was ich weiß: Nicht gut. Viel hat mein Vater auch darüber nicht geredet. Aber was er vermisst hat, das wurde mir überdeutlich klar, als mein Vater schon ganz alt war. Es war die Erstkommunionfeier seines jüngsten Enkelkindes 1997. Ein schöner Gottesdienst, ganz lebendig und froh. Da steht mein alter Vater vor der Kirche, lächelnd – und tränenüberströmt. Er sagt zu mir: „Hätt‘ ich doch als Kind die Kirche einmal so schön erlebt!“ 

Hab ich nie vergessen, den Satz. Er kommt mir insbesondere immer wieder dann in den Sinn, wenn mal wieder gejammert und gestöhnt wird, die „Entkirchlichung“ beklagt und das „früher“ beschworen. Ich bin froh über den Wandel und die Veränderung. So schön. (Herbert Fendrich)

Autor

Abteilungsleitung - Stellvertretender Dezernent

Dr. Herbert Fendrich

Zwölfling 16
45127 Essen