Essener Siechenhauskapelle wird zum „Pop-Up-Store“ für „mal was Gutes“
Zwei Wochen lang wird die traditionsreiche Kapelle an der Essener "Rü" zu einem besonderen Ruhepol und Veranstaltungsort
Aktion zum Start in die Adventszeit
Ein großer Tisch lädt zum gemeinsamen Mittagsmahl ein, außerdem gibt es ein buntes Abendprogramm
Sie ist das mit Abstand älteste Gebäude auf Essens Einkaufs- und Partymeile „Rü“ – und beherbergt nun zwei Wochen lang einen katholischen „Pop-Up-Store“. In der über 500 Jahre alten Siechenhauskapelle in Essen-Rüttenscheid startet die 25-jährige Gemeindeassistentin Lousia Theisen zusammen mit einem Team Ehrenamtlicher aus der Gemeinde St. Ludgerus und Martin ab Montag, 25. November, ein Programm, das den Menschen vor allem eines bringen soll: „mal was Gutes“.
Unter diesem Motto gibt es in der Kapelle bis zum 7. Dezember zum Beispiel einen großen Tisch, der jeden Mittag um 12.30 Uhr zum gemeinsamen Mittagsmahl lädt: Anwohner und Arbeitnehmer aus der Umgebung können ihren Pausensnack mitbringen und teilen Essen, Gespräche und vielleicht den Wunsch, mitten am Tag gemeinsam durchzuatmen.
Großer Tisch in der Kirche wird zum Treffpunkt
Das ist in der kleinen Kirche, die einst zu einem Krankenhaus gehörte, während der Aktionszeit auch den ganzen Tag über möglich: Der Pop-Up-Store will die Menschen im vorweihnachtlichen Einkaufstrubel auf der Rüttenscheider Straße zu einer kurzen oder längeren Auszeit einladen. Nicht in Form der „Eucharistischen Anbetung“, die sonst in der Siechenhauskapelle ihren Platz hat und bei der Katholiken vor einer geweihten Hostie beten – sondern als historischer Kirchenraum, der dann an einem großen Tisch zum Miteinander einlädt.
„Unsere Ludgeruskirche liegt zwar zentral in Rüttenscheid, aber nicht mitten im Geschehen“, sagt die angehende Gemeindereferentin Theisen. Mit dem Pop-Up-Store will die Gemeinde nun zumindest für eine begrenzte Zeit dort präsent sein, wo für die meisten Rüttenscheider das Leben spielt. Neben dem täglichen Mittagsmahl, dem Mittagsgebet jeweils samstags um 12 Uhr und der Heiligen Messe mittwochs um 18.30 Uhr hat das Team ein abwechslungsreiches Programm mit Abendveranstaltungen zusammengestellt, die man für gewöhnlich nicht in Kirchen findet: Das Spektrum der allesamt kostenlosen Veranstaltungen reicht von einer Soirée zum Auftakt am Montag, 25. November, über einen Yoga-Abend, einen Stammtisch „für Frauen und Mädchen in besonderen Lebenslagen“, einem Workshop zur Müllvermeidung bis hin zu einem Abend über Engel. Dabei bedient sich das „mal was Gutes“-Team eines breiten Netzwerks und holt neben Fachleuten von Caritas und Sozialdienst Katholischer Frauen auch die „Zero Waste“-Gruppe der Nachhaltigkeits-Initiative „Transition Town Essen“ oder die evangelische Pfarrerin Sabine Grüneklee-Hermann in die Kapelle. Unterstützung bei der Konzeption von „mal was Gutes“ gab's zudem vom Gründerbüro des Bistums Essen.
Theaterstück zum Thema Kirchenaustritt
Am Freitag, 29. November, steht das Thema Kirchenaustritt auf dem Plan: „Should I stay or should I go“ heißt das Theaterstück, das ein Schauspieler, ein Dramaturg und eine Theaterpädagogin des Schauspiels Essen auf Basis der Kirchenaustrittstudie des Ruhrbistums inszeniert haben und um 20 Uhr auf die kleine Kirchenbühne bringen. Wem bringt dieses – für die Kirche so schwierige – Thema „mal was Gutes?“ „Vielleicht tut dieser Abend Menschen gut, die gerade unsicher mit ihrer Kirche sind“, sagt Theisen. In jedem Fall lädt das Stück Ausgetretene, Zweifelende und überzeugte Kirchenmitglieder gleichermaßen zum Nachdenken ein – und im Anschluss vielleicht auch zur Diskussion mit den Künstlern und den Machern der Kirchenaustrittsstudie.
Mit den Hausherren der Siechenhauskapelle habe es angesichts des eher unkonventionellen Aktions-Programms von „mal was Gutes“ übrigens so gut wie keinerlei Probleme gegeben, erläutert Theisen. „Die Kapelle gehört dem Essener Domkapitel, Rektor ist Domkapitular Hans-Werner Thönnes.“ Der ehemalige Essener Generalvikar, heute Pastor in Bochum-Wattenscheid, war von der auch vom Innovationsfonds des Bistums Essen unterstützten Idee, die traditionsreiche Kapelle zum Start in die Adventszeit einmal ganz neu ins Licht der Öffentlichkeit zu rücken, offenbar sehr angetan. „Wichtig war uns allen, dass die Kirche auch während der Aktionszeit offen bleibt“, betont Theisen. Auch wenn es in den zwei Wochen keine Eucharistische Anbetung gibt, bleibt die Siechenhauskapelle in erster Linie ein Haus des Gebets – und der Gemeinschaft, die sich um den eigens aufgebauten Tisch versammeln darf.