Ein erzählender Reiseführer durch die Orgellandschaft
Buch „Orgeln im Ruhrgebiet“ erschienen
Das Ruhrgebiet als eine „Orgellandschaft“ zu bezeichnen, scheint auf den ersten Blick abwegig oder zumindest gewagt zu sein. Dass die Region jedoch nicht allein auf ihre Industriegeschichte reduziert werden kann, sondern reich an kulturellen Schätzen ist, wird gerade im Kulturhauptstadtjahr deutlich. Zu diesen Schätzen gehören auch die Orgeln. Das belegt das jetzt im Kölner J.P. Bachem Verlag erschiene Buch „Orgeln im Ruhrgebiet“ auf eindrucksvolle Weise.
„Es ist kein Fachbuch, keine bloße Dokumentation, sondern ein Reiseführer durch die Orgellandschaft“, betonte Stefan Glaser, Bischöflicher Beauftragter für die Kirchenmusik im Bistum Essen und Initiator dieses Buchprojektes, bei der Vorstellung des neuen Buches im Medienforum des Ruhrbistums. In der Tat: Das Buch ist keine „schwere Kost“. Eher erzählend, fein dosiert hinsichtlich fachlicher Informationen sowie aufgelockert durch zahlreiche Anekdoten und Fotos nehmen die beiden Autoren Karl-Heinz Göttert und Eckhard Isenberg den Leser mit auf eine Reise durch diese Orgellandschaft, die sich vom Niederrhein bis nach Hamm erstreckt. Dass die Region der Kulturhauptstadt Ruhr.2010 auch eine Landschaft mit zahlreichen und wertvollen Orgeln darstellt, das zeigen die beiden einschlägig bekannten Orgel-Spezialisten, die schon Bücher über Orgeln in Deutschland, Europa und der Welt geschrieben haben, auf. „Das Buch ist kein Showlaufen der Orgeln, es gibt kein Ranking, sondern es will die bunte Vielfalt der ‚Königin der Instrumente‘ vor Augen führen“, so Göttert.
Über 60 Orgeln stellt das Buch vor, die nicht nur in katholischen oder evangelischen Kirchen zu finden sind, sondern beispielsweise auch in der Mercatorhalle Duisburg, der Essener Philharmonie, der Villa Hügel, im Audimax der Ruhr-Universität Bochum oder im Konzerthaus in Dortmund. Eine Rarität ist sicherlich auch die „Kino-Orgel“ in der Bundesanstalt für Arbeitsschutz in Dortmund, die die beiden Autoren als ein „Denkmal der Kulturgeschichte des Lärms“ beschreiben.
Das älteste im Buch beschriebene Instrument steht in der evangelischen Kirche in Kamp-Lintfort-Hoerstgen und stammt aus dem Jahre 1732. Die große Überraschung ist für die Autoren jedoch das 19. Jahrhundert. „Von etwa 1800 bis 1920 entstand in der Region eine ganze Reihe zeitgemäßer romantischer bzw. hochromantischer Orgeln, die ohne die Finanzkraft der aufschießenden Betriebe und die Initiative der in ihnen arbeitenden Menschen undenkbar gewesen wäre“, heißt es in der Einleitung des Buches. Nicht Industrie und Kultur im Allgemeinen, „sondern ausgerechnet Industrie und Romantik im Besonderen“ gehen nach Ansicht der Autoren „eine so wohl kaum vermutete Verbindung“ ein. Sie gäben der Landschaft auch hinsichtlich ihrer Orgeln „ein nicht unbedingt einheitliches, aber durchaus wahrnehmbares gemeinsames Gepräge“. Charakteristisch für die Orgellandschaft der Region seien vor allem die Orientierung an der Romantik und der große Anteil von „regionalen Erzeugnissen mit nicht unbedingt gleicher, aber doch ähnlicher Stilistik“.
Das Buch, das jetzt im Buchhandel zum Preis von 39,95 Euro erhältlich ist, enthält im Anhang außerdem ein „Orgel-ABC“ sowie die Adressen aller beschriebenen Orgeln. Für das im Kulturhauptstadtjahr stattfindende ökumenische Projekt „Orgellandschaft Ruhr - Ein Jahr mit der Königin", das weltweit größte Orgelfestival mit 470 Konzerten, bietet sich dieser besondere Kulturführer somit als perfekte Begleitlektüre an. (do)
Göttert, Karl-Heinz⁄Isenberg, Eckhard : Orgeln im Ruhrgebiet
225 Seiten mit zahlreichen farbigen Abbildungen, davon mehrere ganzseitig, 17,5 x 24,5 cm, gebunden, J.P. Bachem Verlag, Köln 2010.
ISBN 978-3-7616-2347-3