von Thomas Rünker

Abschied vom Bergbau auf der Bottroper Halde Haniel

Bei der Veranstaltung „Glück Auf Zukunft“ haben die Katholischen Arbeitnehmerbewegungen aus den Bistümern Essen, Münster und Köln am Samstag zusammen mit Weihbischof Ludger Schepers und NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann an die Verdienste des Steinkohlenbergbaus erinnert.

Zwischen Wehmut und Hoffnung – in diesem Spannungsfeld haben die Katholischen Arbeitnehmerbewegungen (KAB) der Bistümer Essen, Münster und Köln am Samstag auf der Bottroper Halde Haniel unter der Überschrift „Glück Auf Zukunft“ Abschied vom Bergbau genommen. Drei Monate vor der offiziell letzten Förderschicht auf Deutschlands letztem Steinkohlenbergwerk Prosper-Haniel in Bottrop trafen sich rund 500 Engagierte mit dem Essener Weihbischof Ludger Schepers und NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) zu einem Festakt und einem Gottesdienst an der Schachtanlage Franz Haniel.

„Wir sagen Danke für das, was der Bergbau – aber auch der Stahl – Gutes für diese Region getan haben“, sagte Weihbischof Schepers. Und Minister Laumann betonte: „Keine Industrie hat das Gesicht und die Werte in unserem Land so geprägt wie der Bergbau“. „Der Wiederaufbau nach 1945, die Industrialisierung und das Wirtschaftswunder – all das wäre ohne den Bergbau nicht denkbar gewesen“, so Laumann. Viele deutsche Regionen „sind entwickelt worden mit dem Geld, das hier erarbeitet wurde“, hob der CDU-Politiker hervor und meinte damit nicht nur süddeutsche Bundesländer der Nachkriegszeit, sondern auch seine eigene Heimat im Münsterland. Es sei wichtig, dass Politiker nicht Politik für einzelne Regionen machten, sondern die Regionen solidarisch zusammenarbeiteten. „Der Bergbau – und das muss für die Zukunft bleiben – gründet auf Solidarität, darauf, dass der eine für den anderen einsteht“, betonte der Minister. Er warb für das Ruhrgebiet als Region, in der der Strukturwandel im internationalen Vergleich gelungen sei – auch durch große Summen staatlicher Fördergelder, die „einen gleitenden Sink- statt eines Sturzflugs“, für die Region ermöglicht hätten. Der Wandel im Revier sollte Schule machen, so Laumann: „Die Losung, ,niemand soll ins Bergfreie fallen‘, sollte „Losung für alle politisch Handelnden sein, wenn es um die Abmilderung von Strukturveränderungen geht“.

Enge Verbindung von Bergbau und KAB

Wie eng die Geschichte der KAB mit dem Bergbau verbunden ist, machten der Diözesanvorsitzende und „Glück Auf Zukunft“-Organisator Hermann-Josef Schepers und die KAB-Bundesvorsitzende Maria Etl deutlich. 1867 sei in Meiderich der erste Knappenverein gegründet worden, sagte Schepers. „Überall entstanden in dieser Zeit solche christlichen Bergarbeitervereine. Sie schlossen sich zusammen und wurden zur Basis der KAB.“ Den christlichen Arbeitervereinen in den 1860er und 1870er Jahren „waren Kirche und Sakristei zu wenig“, sagte Etl. Aus christlicher Perspektive heraus hätten diese Vereine sich schon früh für Arbeitnehmerrechte und eine Demokratisierung der Arbeit eingesetzt.

So wie der Bergmann Nikolaus Groß, der sich in den 1920er und 1930er Jahren als Journalist in der KAB engagierte und später von den Nazis als Widerstandskämpfer verhaftet und hingerichtet wurde. Heute ist Groß der bislang einzige Selige des 1958 gegründeten Bistums Essen. Einige seiner bewegenden Texte zitierten KAB-Mitglieder am Samstag während der Kreuzweg-Wanderung hinauf auf die Halde. Dieser Kreuzweg ist ein Beispiel für die besondere Nähe von Bergbau und Kirche, auf die Bärbel Bergerhoff-Wodopia, Mitglied des RAG-Stiftungs-Vorstands, zuvor hingewiesen hatte. An 15 Stationen sind die Etappen des traditionellen Leidenswegs Jesu Christi mit Maschinen und Themen aus dem Bergbau verbunden. So erinnern die KAB-Vertreter während des Wegs an das Engagement gegen Ungerechtigkeiten, an Solidarität oder an den Halt, den nicht nur Bergleute, sondern alle Menschen brauchen – und den gläubige Menschen in Gott finden.

Wie die Region in ihrem Strukturwandel verändere auch die Kirche im Ruhrgebiet auf teilweise dramatische Weise ihr Gesicht, erinnert Weihbischof Schepers beim Gottesdienst auf dem Halden-Plateau. So wie seit vielen Jahrzehnten Zechen geschlossen werden, „erlebe ich seit meiner Weihe auch in meiner Kirche immer wieder neue Abschiede“, sagt Schepers. „Wir verabschieden uns von einer Gestalt von Kirche, die wir sehr liebgewonnen und die wir selbst mit aufgebaut haben – das tut oft sehr weh“, bekannte der Weihbischof. Doch im steten Wandel, in der Veränderung, könnten nicht nur der Mut und die Tatkraft der Bergleute eine gute Orientierung sein, sondern auch ihr Gruß „Glück Auf“ – der stehe schließlich nicht nur für die Hoffnung auf eine gesunde Rückkehr ans Tageslicht nach getaner Arbeit, sondern vor allem für den Wunsch, unter Tage tatsächlich etwas lohnenswertes zu finden, „auf“ etwas zu stoßen. „Wir brauchen die Hoffnung und Zuversicht der Bergleute, dass sich das ,Einfahren‘ lohnt, dass wir neue Wege finden – ob für unsere Region nach dem Bergbau oder für unsere Kirche – damit am Ende etwas Unerwartetes, Gutes dabei herauskommt.“

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