von Thomas Rünker

Mehr Platz für junge Sänger und Kirchenmusik-Studenten

Im Schatten des Essener Rathauses hat das Bistum Essen das Haus der Kirchenmusik komplett entkernt. Ein neuer Dachstuhl und eine neue Innengestaltung sorgen für mehr Platz für die Musiker und eine bessere Akustik. Außerdem wird das Gebäude energie- und brandschutztechnisch auf den aktuellen Stand gebracht.

Hammerschläge statt Orgelmusik, Kreissäge und Bohrmaschine statt wohlklingender Stimmen dutzender Kinder und Jugendlicher – im Essener Haus der Kirchenmusik geht es derzeit nicht nur akustisch recht rustikal zu. Für die erfolgreiche Nachwuchsarbeit der Domsingknaben und des Mädchenchors am Essener Dom sowie den Domchor und die Ausbildung der Kirchenmusikschule lässt das Ruhrbistum das Eckgebäude im Schatten des Essener Rathauses komplett entkernen und neu gestalten. Von außen fällt im Moment schon der gerade errichtete höhere Dachstuhl auf. „Hier entsteht der obere Singsaal“, sagt Dombaumeister Ralf Meyers bei einem gemeinsamen Baustellenbesuch mit Architekt Christian Wiechers in der obersten Etage. In dem völlig neu errichteten Raum können die Chöre auf rund 120 Quadratmeter Fläche und mit einem Volumen bis unter den neuen Dachfirst singen – und haben dabei durch die Fenster den Dom stets im Blick.

Schiefe Wände für eine gute Akustik

Ähnlich groß ist der Singsaal im ersten Stock des Hauses, in dem ebenfalls ein Chor proben wird. Hier wurde auch bislang schon gesungen, aber vor allem unter akustisch deutlich schlechteren Bedingungen, erläutert Architekt Wiechers von den Essener Architekten Brüning Rein. „Wir haben hier jetzt eine Schleusensituation, die den Singsaal vom Treppenhaus und dem Rest des Gebäudes entkoppelt“, erläutert er und zeigt auf eine Trockenbauwand, hinter der erst der eigentliche Probenraum beginnt. Übrigens eine der wenigen neuen Wände, die im rechten Winkel steht. Aus akustischen Gründen haben die Fachleute Wert darauf gelegt, dass sich im Haus der Kirchenmusik Wände möglichst nicht parallel gegenüber stehen. Sonst können sogenannte Flatterechos entstehen, die die Musiker stören. Der untere Singsaal grenzt an die schiefe Wand des Nachbarhauses, „deshalb ist diese Wand hier ausnahmsweise gerade“, sagt Wiechers mit einem Schmunzeln. In vielen anderen Räumen musste er bewusst schief planen.

„Man sieht nicht, was richtig Arbeit macht“

Die derart neu konstruierten und extra verstärkten Trockenbauwände sind nur ein Beispiel dafür, dass der größte Umbau-Aufwand in unzähligen Details steckt. „Man sieht nicht, was richtig Arbeit macht“, sagt Wiechers. Und Dombaumeister Meyers erläutert: „Unser Ziel ist es vor allem, die vielen verschiedenen Funktionen im Haus akustisch möglichst gut voneinander zu trennen.“ So sollen zum Beispiel Kinder im Untergeschoss in Ruhe ihre Hausaufgaben machen können, während Chor-Kollegen eine Etage höher bereits proben. Und der Orgelunterricht der Kirchenmusikschule sollte auch nicht durch den Gesang des Domchores gestört werden. Neben Entkopplung und Abschottung „geht es aber natürlich auch darum, dass die Akustik in jedem Raum möglichst optimal ist“, so Wiechers. Ein Grund, weshalb zum Beispiel die Haustechnik mit der Lüftung in Zukunft unterm Dach und nicht im Keller steht. Zu überlegen, wie von dort aus die Lüftungsrohre auf allen Etagen in die verschiedenen Räume geführt werden können, ohne zu stören, „war ein echtes Spaghetti-Labyrinth-Spiel“, sagt Architekt Wiechers. Inklusive akustischen Überlegungen, wie viel Geräusch der Luftzug machen darf.

Mädchenchor hat künftig gut doppelt so viel Platz zum Proben

Obwohl die Fläche des 1960er-Jahre-Gebäudes an der Ribbeckstraße Ecke Am Porscheplatz gleich geblieben und auch die Zahl der Stockwerke nicht erhöht wurde, haben die jungen Musiker im Haus der Kirchenmusik künftig deutlich mehr Platz. „Der Mädchenchor hat früher mit 65 Kindern auf rund 50 Quadratmetern gesungen“, sagt Meyers, „und bei den hohen Sopranstellen haben die Lampen gewackelt“. Künftig steht den Mädchen in einem der beiden ähnlich großen Singsäle mehr als doppelt so viel Platz und deutlich mehr Deckenhöhe zur Verfügung.

Info: Spenden für die Kirchenmusik

Die Kinder und Jugendlichen von Domsingknaben und Mädchenchor verbringen vor und nach ihren Proben zum Teil ganze Nachmittage im Haus der Kirchenmusik. Neben der Musik bieten die Chöre daher auch Hausaufgabenbetreuung und Freizeitgestaltung an. Für die künftige Einrichtung des Hauses mit Instrumenten, Notenständern und Freizeit-Gegenständen für die Kinder und Jugendlichen suchen das Bistum und die Domchöre noch Sponsoren. Spender können direkt überweisen an das Konto des Bistums Essen bei der Bank im Bistum Essen, IBAN: DE31 3606 0295 0066 4010 22, Stichwort „Haus der Kirchenmusik“. Nähere Informationen gibt es zudem beim Geschäftsführer des Domkapitels, Johannes Brockmann, Tel.: 0201/2204-571, E-Mail: johannes.brockmann@bistum-essen.de

Raum gewonnen haben die Musiker vor allem, weil die Etagen neu sortiert sind, außerdem können Chöre und Kirchenmusikschule nun auch Flächen nutzen, die früher anderen Einrichtungen vorbehalten waren. Mehr Platz gibt es aber auch im Treppenhaus, indem die Stufen verbreitert werden, oder im Eingangsbereich, wo Eltern künftig in einem eigenen Café auf ihre Kinder warten können. Zudem sorgt ein neuer Aufzug für Barrierefreiheit im ganzen Gebäude. Und mit dem neuen Giebel in Richtung Rathaus und einer neuen Fassade erhalte das traditionsreiche Haus „ein völlig neues Gesicht“ und sei künftig auch energie- und brandschutztechnisch auf dem aktuellen Stand, betont Wiechers.

Für das ganze Projekt, das von der Herforder Firma AKD-Bau als Generalunternehmer umgesetzt wird, kalkuliert das Bistum aktuell mit einem Bau-Budget von rund 4,3 Millionen Euro plus Nebenkosten zum Beispiel für den Architekten, Fachplaner und die Einrichtung des Hauses. Beziehen werden Domsingknaben, Domchor, Mädchenchor und die angehenden Kirchenmusiker die neuen Räume in den Sommerferien 2021 – bis dahin proben sie in Behelfsquartieren im Bischöflichen Generalvikariat oder dem Altfridsaal am Dom.

Baustellenkonzert der Essener Domsingknaben

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