von Cordula Spangenberg

Overbeck: „Kompromisse sind nicht immer faul“

Im Rahmen der Gesprächsreihe „Dialoge mit dem Bischof“ in der Katholischen Akademie „Die Wolfsburg“ in Mülheim diskutierten Akteure und Beobachter des Reformprozesses Synodaler Weg die nächsten Schritte einer zukunftsfähigen Kirche.

Besorgt über die zunehmende Verhärtung der Fronten zwischen Traditionsbewahrern und Reformern der katholischen Kirche äußert sich der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck. „Ich will von keiner Seite eine Ideologie“, sagte Overbeck am Dienstagabend in der Gesprächsreihe „Dialoge mit dem Bischof“ in der Katholischen Akademie „Die Wolfsburg“. Nach Ansicht des Bischof kommen aggressive Vorstöße derzeit vor allem von rechts, „wie sie im Auftreten des Moskauer Patriarchen Kyrill zutage treten, wenn er das autoritäre System Russlands gegen die freiheitliche Ordnung Europas ausspielt.“ Aber auch radikale Demonstrationen am Rande der fünften Versammlung der katholischen Reformbewegung „Synodaler Weg“ im März in Frankfurt kritisiert Overbeck. Gegen die Christen in der Synodal-Aula sei lautstark „angebetet“ worden.

Overbeck, der als Vorsitzender der Glaubenskommission der DBK und mit umfassenden Entscheidungsbefugnissen für seine Diözese ausgestatteter Bischof natürlich auch „den Laden zusammenhalten muss“, wie er immer wieder betont, sieht einerseits die Einwände der Traditionsbewahrer, für die die ersten christlichen Jahrhunderte den Handlungsspielraum für jegliche Weiterentwicklung bilden. Andererseits hält er „die Zeichen der Zeit“ für ein ausschlaggebendes Kriterium des heutigen Christentums: Wenn die Gemeinschaft der Gläubigen einen neuen Glaubenssinn spüre, könnten Bischöfe nicht einfach ihre Macht dagegen setzen: „Man muss die Fähigkeit zum Kompromiss haben – der ist nicht immer faul.“

1,3 Milliarden Katholiken würden derzeit nach wie vor zusammengehalten in einer zentralistisch geführten Kirche. Aber die kirchlichen Erfahrungen hierzulande in einer liberal-demokratischen Gesellschaft mit rechtsstaatlichen Prinzipien seien wenig vergleichbar mit den Lebensumständen am Amazonas, wo Frauen mangels klerikaler Lösungen selbstverständlich ihre Gemeinden zusammenhielten und sakramentale Aufgaben übernähmen, so Overbeck.

Um Konflikte zwischen Bewahrern und Reformern sowie den Kirchen auf allen Kontinenten zu lösen, müsse man eine Antwort auf die Frage geben: „Wie finden wir ein praktizierbares Mittelmaß, um die Mehrheit der Menschen zusammenzubringen, ohne die Minderheit auszuschließen?“

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