von Jürgen Flatken

Es gilt vor allem: zuzuhören

Verena Fuhrmann aus Münster und Nils Schultz aus Gelsenkirchen haben sich an fünf Wochenenden mit christlichen Haltungen für die spirituelle Begleitung auseinandergesetzt. Sie gehören zu den 14 Ehrenamtlichen, die den einjährigen Kurs zu „Geistlichen Wegbegleitern“ des „team exercitia“ des Bistums Essen abgeschlossen haben.

„Ich fragte am Ende des Gesprächs noch das übliche ´Und sonst?` und war in Gedanken schon woanders, als plötzlich das Thema Scheidung auf dem Tisch lag“, erzählt Nils Schultz. „Da haben wir an die Besprechung noch eineinhalb Stunden drangehangen.“ Dass sich aus einer belanglos dahingesagten Floskel ein intensives Gespräch entwickelt, ist für den 28-jährigen Gelsenkirchener nicht ungewöhnlich. Er ist einer von 14 Männern und Frauen, die an der einjährigen Fortbildung „Geistliche Wegbegleitung“ des „teams exercitia“ des Bistums Essen teilgenommen haben.

Die Teilnehmenden haben sich an „fünf Wochenenden zu ehrenamtlichen Begleiterinnen und Begleitern in spirituellen und anderen seelsorglichen Fragen weiterbilden lassen“, erklärt der Leiter von Teams ecercitia, Klaus Kleffner. „Sie werden künftig in Gemeinden, Verbänden und anderen Gruppierungen, Einzelpersonen oder Gruppen als Ansprechpartnerinnen und -partner bei Lebens- und Sinnfragen oder bei konkreten Problemen zur Seite stehen.“

„Wir sind mit den Menschen in ihren jeweiligen Lebensbezügen unterwegs“, gibt Nils einen Einblick in die Arbeit als Wegbegleiter. „Unsere Aufgabe ist es vor allem: zuzuhören. Helfen, weiter zu kommen, Fragen zu stellen und Optionen aufzuzeigen und damit die üblichen Denkmuster zu durchbrechen.“

„Es geht dabei nicht um mich“, betont Neu-Wegbegleiterin Verena Fuhrmann. „Ich habe auch nicht eine Lösung parat, sondern unterstütze die Menschen, mit Gottes Hilfe ihren Weg im Leben zu finden. Ich bin das Gegenüber, das hört. Ich sehe mich als mitgehende Zeugin im Heiligen Geist und glaube an die Kraft, dass schon etwas durchs Zuhören geschieht“, erzählt die 27-jährige Münsteranerin. Etwas laut auszusprechen könne schon der erste Schritt zur Lösung sein. „Und wichtig: wir sind keine Geistliche Begleitung“, ergänzt die Studierende der katholischen Theologie. Die sei langfristig angelegt und ein spezieller professioneller Fachdienst innerhalb der Seelsorge. „Wir begleiten die Menschen auf einem Teil ihres Weges.“ Wenn ein Thema besprochen wurde, könne sich der Kontakt auch schnell wieder verlaufen.

„Ich komme aus der klassischen Jugendarbeit der Katholischen jungen Gemeinde St. Ludgerus in Gelsenkirchen-Buer und bin da jetzt geistliche Leitung“, erklärt Schultz seinen Anweg zur geistlichen Wegbegleitung. Da war es nur ein kleiner Schritt in ein weiteres Ehrenamt: „Man hat mir einen Flyer zugesteckt“, erzählt er, der gleichzeitig auch als Referent für Malteser Pastoral bei den Maltesern im Bistum Essen aktiv ist, lachend. „Ich werde seit dem Tod meines Vaters selber begleitet und habe gemerkt, was es bedeutet, jemanden an seiner Seite zu haben“, erzählt Fuhrmann. „Diese Erfahrung möchte ich anderen Menschen weitergeben.“

In den fünf Wochenend-Einheiten haben die Teilnehmenden ihre eigenen geistlichen Erfahrungen reflektiert und geschaut, welche ihrer Begabungen sie einsetzen können, wenn Menschen Antworten auf eigene Lebenssituationen und Existenzfragen suchen: Methoden der Gesprächsführung wurden eingeübt und das Rollenverständnis zwischen Begleiter und Begleitetem geklärt. Auch die geistliche Gruppenarbeit in den Blick genommen. „Die Fortbildung war eine einzige Wegbegleitung“, bringt es Fuhrmann auf den Punkt. „Wir haben nicht nur gelernt, wie man in Gesprächssituationen reingeht, sondern es auch praktisch an uns selber ausprobiert.“ Besonders gefreut hat sie der „geistliche Rahmen“ der Fortbildung. „Es war ein guter Mix aus Input und Impuls.“

Neben den sich spontan ergebenden Gesprächssituation wie Schultz` Scheidungsgespräch ist der normale Ablauf, dass sich Interessierte beim team exercitia des Ruhrbistums melden. Dort werde dann geschaut, wie den Menschen geholfen werden könne. „Und auch wer in der jeweiligen Situation der oder die richtige Ansprechperson ist“, erzählt Schultz. „Ich bin eher analytisch, während Verena spiritueller unterwegs ist.“ „Und auch die Themen müssen passen“, ergänzt Fuhrmann. „Ich bin mit einer jungen Frau spazieren gegangen, die, wie ich, ihren Vater verloren hatte. Ich hatte eine Ahnung davon, was gerade in ihr vorgeht und konnte dementsprechend reagieren.“

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