„Wir müssen zu weiterem Engagement bereit sein“

Die Gesellschaft steht angesichts der Flüchtlingsströme vor „ungeahnten Herausforderungen“, sagt Bischof Overbeck in seinem Wort zum neuen Jahr. Für die Katholiken gehe es darum „die Ernsthaftigkeit unserer christlichen Identität unter Beweis zu stellen“.

„Die Ernsthaftigkeit unserer christlichen Identität unter Beweis stellen“

Angesichts der Flüchtlingsströme fordert Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck die Katholiken im Ruhrbistum zu einer noch größeren Unterstützung für hilfesuchende Menschen aus aller Welt auf. „Ich bin überzeugt, dass wir noch zu weiterem Engagement bereit sein müssen, wenn wir unserer eigenen Botschaft gerecht werden wollen“, betont Overbeck in seinem Bischofswort zum neuen Jahr, das am kommenden Wochenende in allen Gottesdiensten des Bistums verlesen wird. Unter Umständen müssten auch Schwerpunkte im kirchlichen Handeln überdacht und festgelegte Prioritäten verändert werden. Angesichts notleidender Menschen und einer der größten Herausforderungen seit dem Zweiten Weltkrieg, könnten sich die Christen „nicht hinter innerkirchlichen Themen zurückziehen“, stellt der Bischof klar. Zugleich dankt er den vielen Menschen, die sich auf den verschiedensten Ebenen der Kirche im Bistum Essen bereits jetzt für Flüchtlinge engagieren und zu einem Klima der Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft beitragen. Das Bischofswort liegt in einer gedruckten Version in vielen Kirchen des Ruhrbistums aus. Zudem kann es auf der Internetseite des Bistums abgerufen werden – in diesem Jahr erstmals auch in einer Version in leichter Sprache.

Ernsthaftigkeit der christlichen Identität

Es gehe darum, „die Ernsthaftigkeit unserer christlichen Identität unter Beweis zu stellen“, sagt der Bischof und verweist auf das Zukunftsbild, das in sieben Eigenschaftsworten wie „berührt“, „wach“ oder „nah“ die Kirchenvision des Ruhrbistums beschreibt. „Wie sehr lassen wir uns von Gott berühren, der sich in den notleidenden Menschen zeigt?“, fragt Overbeck in seinem Bischofswort. Und: „Sind wir wach genug, um in der derzeitigen Krisensituation unseres Landes und Europas unsere Stimme zu erheben, um die Ängste vieler besorgter Menschen ernst zu nehmen und möglichst viele zu ermutigen, mit anzupacken, um Not zu lindern?“

Leben auf Kosten der ärmeren Welt

Overbeck betont, dass es internationale Anstrengungen und „mehr Solidarität in Europa“ brauche, „um für mehr Frieden und Sicherheit, für mehr Lebens-Perspektiven in den Herkunftsländern der Flüchtlinge zu sorgen“. Für die Flüchtlinge selbst zeigt er indes großes Verständnis: Was sollten die Menschen auch anderes tun, wenn die Völkergemeinschaft keine Lösungen für die Konflikte in den Ländern des Nahen oder Mittleren Osten oder in Afrika findet? fragt Overbeck. Die Situation in den Flüchtlingslagern sei unerträglich, da sei es verständlich, „dass sich die notleidenden Menschen auf den Weg machen, wenn sie es nur irgendwie können“, so Overbeck. Diese große Not habe man in Deutschland lange nicht wahrhaben wollen – genau so wenig wie die eigene Mitverantwortung: „Wir leben schon lange auf Kosten der ärmeren Welt. Aber das ist schwer auszuhalten, und darum verschließen wir lieber die Augen“, kritisiert der Bischof. Nun führten die Flüchtlinge „uns schonungslos vor Augen, dass wir einer Illusion erliegen, wenn wir glauben, Krieg, Terror und Elend im Irak, in Syrien, in Afrika und anderswo gingen uns gar nichts an.“

„Ungeahnte Herausforderungen“

Overbeck sieht die Gesellschaft „vor ungeahnten Herausforderungen“. Den Christen komme dabei eine besondere Verantwortung zu, sie sollten „zur Besonnenheit, zu einer respektvollen Diskussionskultur und zum Zusammenhalt in unserem Land beitragen“, sagt der Bischof. Die Katholiken im Ruhrbistum fordert er auf, „sich denjenigen zu widersetzen, die mit einfachen Parolen, bösartigen Unterstellungen, pauschaler Hetze gegen Flüchtlinge und Migranten, ehrenamtliche und berufliche Helferinnen und Helfer sowie auch gegen unsere demokratischen Politikerinnen und Politiker Stimmung machen und das Klima vergiften.“

Einmal mehr wendet sich der Bischof dagegen, in der Flüchtlingskrise auf Zäune und Mauern zu setzen: „Wir können nicht so tun, als sei es möglich, unsere kleinen Lebenswelten so abzusichern und festzuhalten, dass sich nichts und niemand bei uns zu ändern bräuchte“, so Overbeck. Die Christen könnten aber damit rechnen, dass Gott selbst in den Bewegungen dieser Welt mitwirke, „dass ER es ist, der uns anspricht, herausfordert und verändern will“. (tr)

Das Bischofswort zum Download (pdf)

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