von Thomas Rünker

Wiesemann: „Das Werk der Versöhnung umsetzen“

Der Bischof von Speyer und Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen predigte am Freitagabend im Essener Dom. Fastenpredigten haben in diesem Jahr die Ökumene im Blick.

Den Gedanken der Versöhnung hat Bischof Karl-Heinz Wiesemann am Freitagabend ins Zentrum seiner Fastenpredigt im Essener Dom gestellt. Wiesemann, Bischof von Speyer und Bundesvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen, verwies auf die Kraft der Versöhnung, die nach Kriegen und Erb-Feindschaften zu einem friedlichen Europa und nach jahrhundertelanger Trennung zu einer Annäherung der christlichen Konfessionen geführt habe. „Die Gründung Europas war von der christlichen Versöhnungsvorstellung geprägt“, hob Wiesemann hervor und sprach von der „selbst Todesabgründe überwindenden Kraft des Evangeliums“.

Mit Blick auf die Kirchen betonte der Bischof, dass die Ökumene „in der Bedrängnis der Nazizeit herangewachsen“ sei. Er verwies auf die Zellengemeinschaft von Pater Alfred Delp mit dem Protestanten Helmuth James Graf von Moltke und zwei weiterer Christen im Todestrakt des Berliner Gefängnisses Tegel als eine wichtige Keimzelle für das aufeinander Zugehen der Kirchen in der Nachkriegszeit. Im Angesicht des Todesurteils durch das Nazi-Regime hätte sich zwischen den vier Zellennachbarn eine ökumenische Gebetsgemeinschaft entwickelt, die gemeinsam sang, Bibeltexte las und meditiert, so Wiesemann. Von einer „Una Sancta in vinculis“, der einen heiligen Kirche in Fesseln, schrieb Delp im Gefängnis und warnte: „Wenn die Kirchen der Menschheit noch einmal das Bild einer zankenden Christenheit zumuten, sind sie abgeschrieben.“

Die heutige Ökumene sei aus der gemeinsamen Erfahrung der Bedrängnis und der Kraft zur Versöhnung entstanden, sagte Wiesemann. „Uns ist heute der Augenblick anvertraut, das Werk der Versöhnung umsetzen.“ Er verwies auf den Versöhnungsgottesdienst, den die bundesweiten Vertreter von katholischer und evangelischer Kirche Mitte März in Hildesheim gefeiert haben – während frühere Reformations-Gedenken vor allem dazu genutzt worden seien, das Trennende zu betonen. Um jahrhundertelange Feindschaften bis hin zu kriegerischen Auseinandersetzungen zu bewältigen, strebten Katholiken und Protestanten ein „Healing of Memories“ an, „Heilung von Erinnerungen und Heilung durch Erinnerung“, erläuterte Wiesemann den Prozess, der unter anderem aus Bürgerkriegsländern bekannt ist. „Wir können unsere Geschichte einander heute ohne Vorwürfe erzählen.“

Am kommenden Freitag, 7. April, beendet die Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, Annette Kurschus, um 18.30 Uhr, die Reihe der Fastenpredigten im Essener Dom im besonderen Jahr des Reformationsgedenkens.

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