Weihbischof Zimmermann: „Generationengerechtigkeit ist keine Einbahnstraße“
Am 26. Dezember, dem zweiten Weihnachtsfeiertag, steht in diesem Jahr nicht das Fest des Heiligen Stephanus, sondern das „Fest der Heiligen Familie“ im Fokus. Zu Beginn seiner Predigt setzt Weihbischof Wilhelm Zimmermann das vierte Gebot „Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren“ in Bezug zu Medien-Schlagzeilen der vergangenen Wochen, die dazu aufgerufen hätten, Kindern und Jugendlichen als größte Leidträger der Pandemie mehr Respekt zu zollen.
„Bei aller verständlichen Klage und nachweislich gesundheitlichen Folgen, berührt solch ein Aufruf aber auch den Bereich der Generationengerechtigkeit, der in Politik und Gesellschaft immer wieder aktuell diskutiert wird“, so Zimmermann. Bereits Jesus Sirach aus dem Alten Testament habe das vierte Gebot als entscheidendes Fundament der Gesellschaft bezeugt, indem er die Beziehung zu den Eltern in direkte Verbindung mit der Beziehung zu Gott gesetzt habe. Damals sei das Leben und Überleben aufgrund von geringerer Lebenserwartung und fehlenden Sicherheiten wie Staatsfürsorge und Rente eine Frage der Generationengerechtigkeit gewesen: Eltern kümmerten sich um die Kinder und die Kinder später um die Eltern.
„Für Jesus Sirach ist damit das vierte Gebot nicht nur Ausdruck und Aufforderung zu einem sozialen und caritativen Verhalten, sondern Glaube, der zur realen Handlung wird“, sagt Weihbischof Zimmermann. Heute allerdings beträfen die Menschen ganz andere Lebensumstände. Gegebenheiten und Traditionen, in die man hineingeboren wird, würden nicht mehr so einfach akzeptiert. „Die sogenannte Globalisierung lässt die Menschen einerseits näher zusammenrücken, schafft aber auch immer mehr die Möglichkeit, sein Leben in der Welt zu verbringen“, so Zimmermann, „nicht zuletzt erleben wir durch die gestiegene Lebenserwartung, die uns alle freuen kann, aber auch die Möglichkeit der Vereinsamung des einzelnen.“
Auch in einer heutigen Leistungsgesellschaft bleibe der Grundgedanke Jesus Sirachs bestehen, dass diejenigen, die keine Leistung mehr erbringen können, nicht ausgegrenzt werden dürfen. Vor allem die Corona-Pandemie habe das Verlangen nach Zusammenhalt gezeigt. Laut Zimmermann ist unbestritten, dass die Familie in all ihren Facetten zum Fundament der Gesellschaft gehört. „Hier fördernd und stützend einzugreifen gehört auch zu einer umfassend verstandenen Generationengerechtigkeit, die keine Einbahnstraße ist und gehört zu den Aufgaben von Politik, Kirche und anderer relevanten Gruppen der Gesellschaft.“