von Thomas Rünker

Weihbischof Schepers: „Man wechselt nicht einfach seine sexuelle Orientierung und Identität.“ 

Als Queer-Beauftragter der Deutschen Bischofskonferenz hat der Essener Weihbischof Ludger Schepers einen besonderen Blick unter anderem auf homosexuell liebende Menschen oder Transpersonen. In einem Interview regte Schepers jetzt Veränderungen in der kirchlichen Lehre an und einen Blick auf die Geschlechter, der auch zwischen „Mann“ und „Frau“ noch Raum lässt.

Der Essener Weihbischof Ludger Schepers, Queer-Beauftragter der Deutschen Bischofskonferenz, regt eine Weiterentwicklung der kirchlichen Lehre an, damit die Kirche queere Menschen besser in den Blick nehmen kann. „Das Lehramt und die christliche Anthropologie müssen sich die neueren humanwissenschaftlichen und sozialwissenschaftlichen Erkenntnisse aneignen und damit in einen Dialog treten: Was bedeutet es, wenn LGBT-Personen auch Gottes Ebenbilder sind und mit der gleichen Würde ausgestattet sind wie alle anderen?“, sagte Schepers jetzt in einem Interview mit der in Würzburg erscheinenden Wochenzeitung „Die Tagespost“.

Zugleich wirbt Schepers für eine neue Sichtweise auf die Geschlechter Mann und Frau und die Räume dazwischen: „Die einen gehen davon aus, es gibt einen Kern Mann und einen Kern Frau. Man kann aber auch als Ausgangspunkt nehmen, dass die beiden Menschen sind, was auch der Wortstamm des biblischen Wortes Adam ist. Das Menschsein ist das Verbindende und so stelle ich mir Geschlechtlichkeit eher als eine Ellipse mit zwei Polen vor und der Möglichkeit dessen, was sich dazwischen befindet. Mit diesem Modell bleibe ich in der Bipolarität von Geschlecht und habe trotzdem die Möglichkeit, diese Menschen mit in das Menschenbild einzubeziehen.“ 

INFO: Was bedeutet „queer“?

Queer ist heute eine Sammelbezeichnung für sexuelle Orientierungen, die nicht heterosexuell sind, sowie Geschlechtsidentitäten, die trans oder nichtbinär sind. Seit etwa Mitte der 1990er Jahre wird der ursprünglich vom deutschen Wort „quer“ abstammende und zunächst als Schimpfwort gebrauchte englische Begriff zunehmend als positive Eigenbezeichnung queerer Personen verwendet. Oftmals sind mit queer ähnliche Personengruppen gemeint wie mit den Abkürzungen LGBT, LSBT u. a. 

„Jesus mahnt, von Verurteilungen anderer abzusehen“ 

Schepers verweist auf die biblische Schöpfungsgeschichte, wo nicht „Mann“ und „Frau“ stehe, „sondern ,männlich‘ und ,weiblich‘. Das ist ein Unterschied“. Zudem gelte es, alle schöpfungstheologischen Aussagen der Bibel immer auch im Licht des Liebesgebotes Jesu zu lesen. Jesus mahne, von Verurteilungen anderer abzusehen, betont Schepers und ergänzt: „Jesus hatte keine Angst, Menschen zu begegnen, die gesellschaftlich ausgegrenzt wurden. Und er stellt die Barmherzigkeit an allererste Stelle. Und da müssen wir auch viel über die Schuldgeschichte der Kirche nachdenken.“ 

Gefragt, ob es Menschen gebe, die im falschen Körper geboren sind, antwortet Schepers: „Ja, die gibt es. Die sind mir auch begegnet und das sind Leidensgeschichten“, betont der Weihbischof. „Man wechselt nicht einfach seine sexuelle Orientierung und Identität. Deswegen braucht es eine gute Begleitung im kirchlichen Kontext, wo diese Menschen Orientierung und Halt finden.“ Ihnen bleibe die freie Entscheidung, die nicht leicht sei, angesichts der hohen psychologischen Belastung. „Wenn aber am Ende die Person für sich sagen kann, dass sie sich endlich richtig fühlt, dann wünsche ich ihr nur alles Gute der Welt“, so Schepers.

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