von Cordula Spangenberg

Internationale Vorbereitungsklassen: Willkommen an unserer Schule

Internationale Vorbereitungsklassen sind das Ergebnis einer Vereinbarung von Bistum Essen und Stadt Duisburg.

„Astrid kommt aus Schweden. Sie ist Schwedin. Sie spricht Schwedisch.“ Konzentriert beugen sich zehn Köpfe über die Arbeitsblätter, die Lehrerin Grazia Cavallo-Müller eben ausgeteilt hat. Der Anfang ist schnell hingeschrieben. Aber dass – nächste Zeile des Arbeitsblattes – Sayed als Ägypter Arabisch spricht und die Österreicherin Sandra Deutsch, ist für die Jugendlichen aus den unterschiedlichsten Regionen der Welt nicht mehr so einfach zuzuordnen. Die Schülerinnen und Schüler besuchen eine der beiden Internationalen Vorbereitungsklassen am Bischöflichen Abtei-Gymnasium in Duisburg-Hamborn. Sie alle sind noch nicht lange in Deutschland und lernen hier zunächst bis zu zwei Jahre lang intensiv die deutsche Sprache.

Mit gutem Sprachunterricht ist später auch das Abitur möglich

Cavallo-Müller unterrichtet jeden der Jugendlichen individuell auf seinem Sprachniveau. Die einen sind noch bei „der Hund, die Katze“, andere beschäftigen sich schon mit Nominativ und Akkusativ. Als gebürtige Italienerin kann sie sich aus eigener Lebenserfahrung in die Lernsituation ihrer Schüler hineinversetzen und die komplexe deutsche Grammatik entsprechend gut erklären. „Von den Kindern aus Flüchtlingsfamilien, die seit 2016 ohne Deutschkenntnisse hier an der Schule aufgenommen wurden, sind 18 auf dem Weg zum Abitur oder haben es bereits geschafft“, berichtet die Lehrerin.

Cavallo-Müllers bisherige Lehrerfahrungen mit Deutsch als Zweitsprache sind mit eingeflossen in das Konzept für die insgesamt vier neuen Internationalen Vorbereitungsklassen, die im August diesen Jahres in den beiden Duisburger Gymnasien des Bistums Essen gestartet sind. Eine ein Jahr zuvor vereinbarte Kooperation zwischen Stadt Duisburg und Bistum Essen sieht vor, dass das Bistum Essen im Abtei-Gymnasium sowie dem St. Hildegardis-Gymnasium im Dellviertel Vorbereitungsklassen für insgesamt 60 Zuwandererkinder einrichtet.

Zum Sport-, Kunst- und Musikunterricht in die Regelklassen

Einige Jugendliche der Abtei-Klasse sprechen nach wenigen Monaten schon so gut Deutsch, dass sie immer mehr Unterrichtsstunden in ihren künftigen Regelklassen verbringen können: Zum Beispiel die 14-jährige Zoha aus Pakistan, die mit Eltern und zwei Geschwistern vor sechs Monaten nach Deutschland gekommen ist. Englisch ist ihr Lieblingsfach – da ist Zoha klar im Vorteil, denn Englisch ist in Pakistan Amtssprache. Sprachkenntnisse haben aber auch die anderen: Dulce (15) aus Peru und Arianna (14) aus Italien sprechen Spanisch, Phanuel (16) von der Elfenbeinküste Französisch und Weronika (14) Polnisch. Tina (11), Erdzhan (12), Janitsa (14), Yurig (14) und Erol (14) aus Bulgarien können sich auf Englisch verständigen, im Deutschen brauchen sie noch etwas Zeit. Am normalen, deutschsprachigen Sport-, Kunst- und Musikunterricht können aber auch sie schon problemlos teilnehmen – so lernen sie rasch ihre künftigen Mitschüler kennen.

Je nach Herkunft tun sich manche Jugendliche an den beiden Duisburger Gymnasien aber nicht allein wegen der fremden Sprache schwer, sondern weil sie in ihrem früheren Leben nur unzureichend auf einen geordneten Schulbetrieb vorbereitet wurden. Erschwerend kommt für manche hinzu, dass sie bei ihren Verwandten in Stadtteilen wie Hamborn, Marxloh oder Meiderich in beengten Verhältnissen wohnen und außerhalb der Schule wenige Möglichkeiten haben, am neuen Wohnort wirklich anzukommen. Ohnehin, sagt Cavallo-Müller, sprächen die Eltern meist viel schlechter Deutsch als ihre Kinder und benötigten für das Lehrergespräch meist einen Dolmetscher. Umso wichtiger sei es, die Kinder im Schulalltag zu fördern. 

Willkommenskultur am Hildegardis-Gymnasium

„Die Willkommenskultur in unserer Schulgemeinschaft ist uns enorm wichtig“, sagt auch Marcus von der Gathen, stellvertretender Schulleiter am St.-Hildegardis-Gymnasium. Neben den Leistungen von Schulsozialarbeit, Schulpsychologie und Schulseelsorge in der Einzelförderung oder bei Behördenangelegenheiten verweist von der Gathen vor allem auf die große Unterstützungsbereitschaft der Eltern und Schüler. Zweisprachige Schüler übernehmen die Patenschaft für einen Neuankömmling, Elternhilfe untereinander wird groß geschrieben. Sorge macht von der Gathen allerdings der Platzmangel im Dellviertel. „Wir können nicht anbauen oder Container auf den Schulhof stellen. Deshalb haben wir in diesem Schuljahr einige Regelschüler weniger aufgenommen, damit es nicht zu eng wird.“

Für die Schülerinnen und Schüler, die an den beiden Gymnasien integriert würden, wünsche man sich natürlich, dass sie das Abitur bestehen, sagt Eva Lingen, Dezernentin für Schule und Hochschule im Bischöflichen Generalvikariat. „Die sind ehrgeizig, haben trotz oft traumatischer Fluchterfahrungen einen hohen Integrationswillen und lernen sehr schnell, auf Deutsch zu kommunizieren“, so Lingen. Wo das trotzdem nicht gelinge, wechselten die Schüler nach zwei Jahren an die Gesamtschule oder später aufs Berufskolleg und profitierten auch dort noch vom Deutsch-Unterricht in den Internationalen Vorbereitungsklassen. Hierfür wurden an den beiden Gymnasien vier Lehrkräfte zusätzlich eingestellt. Auch überregional werde die Duisburger Regelung zwischen Kirche und Stadt positiv wahrgenommen, so Lingen.

Sechs Schülerinnen aus Grazia Cavallo-Müllers Klasse werden in Kürze schon in die sechste, achte und neunte Regelklasse teilintegriert werden können. Ein toller Erfolg, freut sich die Lehrerin. Damit das so weiter geht, werden sie aber weiterhin täglich eine Deutschstunde bei ihrer ersten Lehrerin am Abtei-Gymnasium bekommen.


 

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