„Viele Bücher für Leseanfänger sind einfach zu langweilig“
Buchbranche soll für Leseanfänger spannendere und kreativere Bücher gestalten.
Ehrenamtliche fördern Leseanfänger in Kitas und Grundschulen durch kreative Vorleseprojekte.
Medienforum des Bistums Essen bietet Workshops zur Leseförderung für Lehrkräfte und Ehrenamtliche an.
Jedes vierte Kind in Deutschland kann am Ende der Grundschulzeit nicht so gut lesen, wie es für ein weiteres erfolgreiches Lernen nötig wäre. Dieses Ergebnis der Internationalen Grundschul-Leseuntersuchung (IGLU-Studie) hat im vergangenen Jahr aufgerüttelt. Nun bündeln im Medienforum des Bistums Essen verschiedene Gruppen ihr Engagement von hunderten Ehrenamtlichen, um vor allem durch Vorlesen und einen spielerischen Umgang bei Kita- und Grundschulkindern die Lust auf Buchstaben, Wörter und Texte zu wecken. Das Medienforum als Zentrale der Katholischen Öffentlichen Büchereien (KÖB) zwischen Duisburg, Bochum und dem Märkischen Sauerland steht dabei nicht nur mit gut gefüllten Bücher- und Spielregalen bereit, sondern auch mit medienpädagogischem Know-how.
Das wurde am Montag bei der „LeseWunderBar“ deutlich, bei der das Medienforum zusammen mit dem Essener Lesebündnis e.V.und dem Verein „Mentor – Die Leselernhelfer Essen“ Ehrenamtliche, Lehrkräfte, eine Grundschulklasse, die Essener Bürgermeisterin Julia Jacob und den Schauspieler Peter Lohmeyer eingeladen hatte, um sich dem Thema Leseförderung aus verschiedenen Sichtweisen zu nähern. Deutlich wurden dabei die unterschiedlichen Ansätze, die alle das gleiche Ziel haben: Kinder, die durch mehr Freude am Lesen besser lesen können. So koordiniert das Essener Lesebündnis dutzende Vorlesepatinnen und -paten, die regelmäßig in Kita-Gruppen und Grundschulklassen vorlesen und das Lesenlernen auf kreative Weise fördern, während die „Leselernhelfer“ von MENTOR e.V. in Grundschulen einzelne Kinder gezielt dabei unterstützen, besser lesen zu können. Bücher und andere Medien leihen sich die Kinder dann oft aus den KÖBs aus, die nicht nur mehr Standorte als die städtischen Bibliotheken haben: „Vielerorts gibt es so enge Verbindungen zwischen Schulen und KÖB, dass unser Bücherei-Teams eine eigene Ausleihe in der Grundschule anbieten oder Schulen und Kitas mit regelmäßig wechselnden Bücherkisten versorgen“, berichtet Vera Steinkamp, die Leiterin des Medienforums, die der Bank im Bistum Essen und dem Essener Lesebündnis für die großzügige Unterstützung der „LeseWunderBar“ dankte.
Mehr Kreativität für einen gelungenen Lesestart
Das Medienforum und die KÖBs im Bistum Essen
Von der reinen Fach-Bibliothek mit theologischen Werken für Religionslehrkräfte, Katechetinnen und Katecheten hat sich das Medienforum in der Essener Innenstadt (Zwölfling 14) in den vergangenen Jahren zu einem Kulturort entwickelt, der seine Mediensammlung und sein Team mit Blick auf eine deutlich breitere Zielgruppe – zum Beispiel in Richtung Leseförderung – erweitert hat. Daneben lädt das Medienforum regelmäßig zu Lesungen, Podiumsdiskussionen und anderen Veranstaltungen in seine Räumlichkeiten ein. Zugleich vernetzt es die mehr als 100, von rund 1000 ehrenamtlichen Kräften geleiteten, Katholischen Öffentlichen Büchereien im Bistum Essen.
Nach Ansicht der Medien-Fachleute sollte allerdings die Buchbranche mit ihren Autorinnen und Autoren, Gestaltungs-Agenturen und Verlagen noch mehr Augenmerk auf Bücher für Kinder legen, die gerade mit dem Lesen beginnen: „Viele Bücher für Leseanfänger sind einfach zu langweilig“, nennt Steinkamp einen Tenor der Diskussion bei der „LeseWunderBar“. Das hat auch Silke Schütz festgestellt, die als Medienpädagogin im Medienforum Lehrkräfte und Ehrenamtliche bei der Leseförderung unterstützt. „Der Bedarf an gutem Material in diesem Bereich ist riesig“, sagt Schütz. Sie wirbt bei Büchern und anderen Lernmedien für mehr Kreativität und einen spielerischeren Umgang. Bei der „LeseWunderBar“ stand zum Beispiel für die Grundschulkinder ein „Lese-Bingo“ mit Peter Lohmeyer auf dem Programm: Gewonnen hat, wer von den vorgelesenen Wörtern als erstes die richtigen auf dem eigenen Zettel erkannt und markiert hatte. „Wenn in Büchern für Leseanfänger auf einer Seite in zig sprachlichen Variationen ein roter Ball rollt, ist das schnell langweilig und schadet dann eher der Leseförderung“, so Steinkamp.
Schütz hat allein in der ersten Jahreshälfte schon 40 Workshops mit insgesamt rund 400 Kita- und Lehrkräften oder Ehrenamtlichen im Medienforum veranstaltet, wo sie den Teilnehmenden jeweils mit Blick auf ihre konkrete Situation Bücher und andere Medien sowie Methoden vorgestellt hat, um Kindern das Lesen schmackhaft zu machen. „Bis zum Jahresende planen wir weitere 40 Workshops“, so Steinkamp, die sich über das große Interesse der Ehrenamtlichen freut. Für die Teilnehmenden sind diese Workshops kostenlos, „zusammen mit unseren Medien, die sowohl bei uns im Medienforum in der Essener Innenstadt als auch in den KÖB vor Ort allen Nutzerinnen und Nutzern zur Verfügung stehen, unterstützen wir so mit unseren Möglichkeiten das wichtige Thema Leseförderung“. Steinkamps Tipp an Ehrenamtliche, die sich hier ebenfalls engagieren möchten: „Hören Sie sich in Ihrem Stadtteil oder in Ihrer Gemeinde um oder schließen sie sich einer Gruppe wie den Lesepaten oder den Leselernhelfern an.“ Über solche Gruppen könnten Schulen und Kitas koordinierter angesprochen werden als durch einzelne Engagierte. „Aber auch wenn sich Einzelpersonen bei uns melden, bekommen wir diese schon vermittelt“, macht Steinkamp allen Menschen Mut, die ehrenamtlich beim Lesen lernen helfen möchten.
Ansprechpartnerinnen
Medienforum des Bistums Essen — Leitung
Dipl.Bibl. Vera Steinkamp
Zwölfling 14
45127 Essen
Fachreferentin Bibliothek und Medienpädagogik
Silke Schütz
Zwölfling 14
45127 Essen
0201/2204-406