Vermesser sollen Diskussion um Turmhöhen in Essen klären

Kirche profitiert von überbetrieblicher Ausbildungskooperation mehrerer Kommunen und Unternehmen aus der Region. Neben den beiden Essener Kirchtürmen von St. Barbara (Essen-Kray) und St. Hubertus (Essen-Bergerhausen) wird auch St. Lamberti in Gladbeck vermessen. Dieser Turm gilt als der höchste im ganzen Bistum Essen.

Überbetriebliche Ausbildungskooperation

Orangefarbene Warnwesten, mannshohe Messstangen, optische Instrumente und Neon-Markierungen auf dem Asphalt – rund um den Kirchturm der St. Barbara-Kirche in Essen-Kray sind in diesen Tagen gleich mehrere Gruppen angehender Vermessungstechniker unterwegs. Sie peilen das Kreuz samt Wetterhahn an, das den markanten Turm der neugotischen Kirche krönt und mitten in dem Stadtteil an der A40 eine weithin sichtbare Landmarke ist. Hoch ist der Turm von St. Barbara, keine Frage. Aber wie hoch genau – da scheiden sich die Geister. Die Krayer halten ihren Kirchturm für den höchsten in der Stadt Essen, doch als Anfang Januar der Blitz in den Turm der St. Hubertus-Kirche in Essen-Bergerhausen einschlug, war bundesweit vom „Brand in Essens höchstem Kirchturm“ zu lesen. Nun haben sich die Vermessungstechnik-Azubis daran gemacht, diese Frage zu klären.

Entstanden ist das Projekt durch persönliche Kontakte zwischen dem Essener Dombaumeister Ralf Meyers und Albert Hünninghaus, Ausbilder bei der Essener Firma DMT. Die Kirche profitiert dabei von einer ungewöhnlichen Ausbildungskooperation, für die die DMT schon vor einigen Jahren die Städte Essen und Mülheim, das Bergbaumuseum und die Fachhochschule in Bochum, die Vermessungsbüros Arnscheidt in Essen und Petersen in Gelsenkirchen und den Essener Energiedienstleister PLEdoc gewinnen konnte. Das Konzept: Alle Beteiligten der Kooperation bilden Vermessungstechniker aus, aber keiner kann alle Facetten dieses vielseitigen Berufs abdecken. „In der Vergangenheit waren die Auszubildenden daher stets in der jeweiligen Sparte ihrer Ausbildungsbetriebe gefangen“, erläutert Hünninghaus. Dank der Zusammenarbeit der Betriebe können sich nun zum Beispiel die Auszubildenden aus der Industrie im kommunalen Kataster-Wesen erproben, während die Azubis der Kommunen etwa mit Hilfe der DMT lernen, wie man Bergwerks- oder Tunnel-Baustellen vermisst – oder eben einen Kirchturm.

Dabei ist – verglichen mit Untertage-Projekten – die Aufgabe in Essen-Kray relativ einfach: Über bestehende oder eigens eingerichtete Messpunkte im Asphalt, von denen sowohl die Lage als auch die Höhe über dem Meeresspiegel bekannt ist, peilen die jungen Leute den Schnittpunkt des Kreuzes hoch oben auf der Kirchturmspitze an. Über Winkel-Berechnungen der verschiedenen Peil-Punkte ergibt sich dann die Höhe – deutlich mehr als 70 Meter dürften es am Ende sein. Ein Ergebnis, dass „bis auf wenige Zentimeter genau“ werde, erläutert Hünninghaus. Zumindest in der Theorie. Am St. Barbara-Kirchturm sollen die Auszubildenden nämlich vor allem lernen, wie sie mit unterschiedlichen Mess-Ergebnissen umgehen, welche Ungenauigkeiten tolerabel sind und wie man Abweichungen erklären kann.

Dombaumeister Meyers verfolgt die Arbeiten mit besonderem Interesse – nicht nur, weil St. Barbara seine Heimatgemeinde ist. Er konnte die Ausbildungs-Kooperation auch dafür gewinnen, in den nächsten Tagen zudem den Turm der Gladbecker Lamberti-Kirche zu vermessen. Dieser gilt als höchster Kirchturm im ganzen Bistum Essen – und auch dieser Superlativ soll künftig mit exakten Daten belegt werden.

Ob indes die Vermesser die Diskussion um Essens höchsten Kirchturm wirklich abschließend beenden können, ist derzeit noch offen. Seit dem Brand im Januar fehlt dem Turm von St. Hubertus nicht nur das Kreuz, das die Vermesser – analog zu St. Barbara – anpeilen könnten. Im Zuge der Löscharbeiten wurden auch mehrere Meter der Turmspitze abgetragen. Nach den Sommerferien wollen die Vermesser entscheiden, ob sie trotz der noch nicht erfolgten Turmsanierung messen – und im Zweifel im Nachhinein die Länge von fehlendem Kreuz und Balken hinzugeschlagen wird.

Derweil ist man in Kray jedoch zuversichtlich, dass der Turm von St. Barbara am Ende siegreich aus dem Vergleich mit dem von St. Hubertus hervorgeht. Als die Kirche Ende des 19. Jahrhunderts gebaut wurde, war Bauer Eickenscheidt einer der maßgeblichen Sponsoren. Und der, so erzählt man sich in Kray, habe gefordert, dass er den neuen Kirchturm auch von seinem ziemlich weit entfernten Feld aus sehen kann. Dies habe den Architekten – übrigens derselbe wie in St. Hubertus – wohl noch zusätzlich motiviert, den Turm besonders hoch in den Himmel wachsen zu lassen. (tr)

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