Verbunden im gemeinsamen Glauben

Mehr als 12 Flugstunden liegt das Essener Partnerbistum Hongkong entfernt. Jetzt besuchte Weihbischof Ludger Schepers die Diözese am südchinesischen Meer, mit dem das Ruhrbistum seit 1962 verbunden ist.

Weihbischof Ludger Schepers zu Besuch im Partnerbistum Hongkong

Das  wuchtige Holzkreuz auf dem Turm der Kirche St. Cosmas und Damian mag sich noch so in den Himmel recken, inmitten des Hochhausdschungels mit seinen schmucklosen Wohnburgen gehen Kreuz, Turm und Kirche einfach unter. Auch die Besucher aus dem fernen Deutschland entdecken den eigenwilligen Kirchturm mit den beiden Heiligen erst, als der Mini-Van in die Tak Wah Street biegt.

Keine Frage, dass auch die  Kirche in Hongkongs Stadtbezirk Tsuen Wan auf dem Besuchsprogramm von Weihbischof Ludger Schepers steht. Gemeinsam mit Thilo Esser von der Abteilung Weltkirche im Essener Generalvikariat und Pater Anton Weber,  Direktor des China-Zentrums in St. Augustin, will sich Schepers  auf seiner sechstägigen Reise nicht nur über die Situation der katholischen Kirche in China informieren, sondern auch die Seelsorge in den Gemeinden des Partnerbistums Hongkong kennenlernen. Ganz bewusst hat  Bischof John Tong darauf geachtet, dass dabei nicht jene Gemeinden fehlen, deren Kirchen einst mit finanzieller Hilfe der Gläubigen aus dem Ruhrbistum errichtet werden konnten.

Für Pfarrer Henry Ng Kwok Po und die Vertreter des Gemeinderates ist der Besuch aus Essen daher ein besonderes Ereignis. „Der Großzügigkeit der Gläubigen aus dem Bistum Essen verdanken wir es, dass hier vor 40 Jahren, in dem  einstmals kleinen  und armen Hongkonger Vorort  Tsuen Wan, eine so große Kirche erbaut werden konnte“, begrüßt er Weihbischof Schepers. Für ihn sei dieser Besuch zugleich Ausdruck gelebter Weltkirche, macht er deutlich.  „Sie bringen ein Stück Europa in unsere Gemeinde und bestärken uns, die Missionierung Chinas erfolgreich fortzusetzen. Für die wechselseitige Zusammenarbeit im Gebet und in der Mission sind wir Ihnen sehr dankbar.“

1969 hatte das Bistum Hongkong die Pfarrei in den New Territories gegründet. Die Pfarrkirche und ein angegliedertes Schulzentrum konnten erst zwei Jahre später fertiggestellt werden.  Die Weihe auf das Patrozinium der Essener Stadtpatrone Cosmas und Damian erfolgte am 26. Dezember 1971 durch den damaligen Ruhrbischof Dr. Franz Hengsbach. Eine Gedenktafel am Kirchengebäude erinnert bis heute an das Ereignis.

Das nur wenige Jahre zuvor gegründete Bistum Essen sollte nach dem Willen Hengsbachs  „von der Geburtsstunde an seine Einbettung in die Weltkirche aktiv erleben und zugleich durch eine Kollekte für weltkirchliche Aufgaben jeweils am Gründungstag im Januar seine Dankbarkeit gegenüber Gott bezeugen“. Die ersten Kollekten waren für den Bau  mehrerer Kirchen in Formosa/Taiwan bestimmt. 1962 „adoptierte“ das Bistum Essen gleichsam die Diözese Hongkong mit ihren damals großen Flüchtlingsproblemen. „Es fehlen Gottesdiensträume, Menschen und Einrichtungen, die der Seelsorge dienen“, hatte Bischof Hengsbach den Aufruf zur ersten Kollekte begründet und gefragt: „Wollt ihr mir helfen, der religiösen Not in Hongkong zu begegnen?“ – Und die Katholiken im Bistum Essen wollten helfen.

Der Erlös der Kollekten machte nicht nur die Errichtung der Kirche St. Cosmas und Damian mit einer  Schule möglich. Mit dem Geld wurde im Laufe der Jahre unter anderem der Bau der ebenfalls von Hengsbach geweihten Kirche „Mutter vom Guten Rat“ in Kowloon finanziert, ferner die dem heiligen Altfrid geweihte  Kirche in der damals gerade errichteten Satellitenstadt Sha Tin, wo man einen Meeresarm zugeschüttet und so den Baugrund für eine moderne Wokenkratzerstadt gewonnen hatte, sowie der Bau des Jugendzentrums St. Stephen mit Kirche in Kwai Chung, einem weiteren Siedlungsgebiet in den New Territories. Vor allem aber halfen die Spenden aus dem Ruhrbistum, die vielfältigen Aufgaben der Caritas Hongkong zu unterstützen. So konnte zum Beispiel im Caritas Medical Center eine Abteilung für Kinder mit geistigen Behinderungen, eine Station für Altersheilkunde und Krebskranke sowie ein Hospiz eingerichtet werden. Auch den vielen vietnamesischen Flüchtlingen, derer sich die Caritas Hongkong annahm, kam das Geld aus Deutschland zugute.

Mehr als 4,3 Millionen Euro erbrachte die so genannte „Hongkong-Kollekte“ im Bistum Essen bis heute. Seit Anfang der 1990-er Jahre werden  mit den Spenden – auf Vorschlag der Diözese Honkong - vor allem Projekte der katholischen Kirche in der Volksrepublik China unterstützt. Längst ist aus der „Patenschaft“ für das ferne Bistum in der ehemaligen britischen Kronkolonie  eine echte Partnerschaft geworden.

Viele Gläubige sind an diesem Samstagabend in die St.-Cosmas-und-Damian-Kirche gekommen, um mit Weihbischof Ludger Schepers und Bischof John Tong die heilige Messe zu feiern. Damit alle einen Platz finden, muss sogar ein an das Kirchenschiff angrenzender Nebenraum geöffnet werden. 8.000 Gläubige zählt die Gemeinde, berichtet Pfarrer Ng Kwok Po. Rund 2.000 von ihnen besuchten regelmäßig  samstags die Vorabendmesse oder einen der sechs  Sonntagsgottesdienste. Und nicht ohne Stolz erwähnt er die 120 Erwachsenen, denen er Ostern das Sakrament der Taufe spenden wird.  „In allen Gemeinden spielt das Erwachsenenkatechumenat eine wichtige Rolle “, wird Weihbischof Schepers am Ende seiner Hongkong-Reise feststellen und vor allem die engagierte Arbeit der ehrenamtlichen Katecheten loben. Denn wer diesen wichtigen freiwilligen Dienst übernimmt, muss zunächst selbst die Schulbank drücken und sich auf diese Aufgabe  gründlich vorbereiten.  „Nur wer seinen eigenen Glauben gut kennt, kann ihn auch anderen  vermitteln“, heißt es im Bistum Hongkong. Immerhin: Allein im vergangenen Jahr zählte die Diözese über 7.200 Taufbewerber, darunter mehr als 3.800 Erwachsene. Nicht ohne Grund hofft Bischof Tong, dass die Zahl der katholischen Christen in seiner Diözese bis zum Ende seiner Amtszeit von jetzt 450.000 auf über eine halbe Millionen Katholiken anwachsen wird. 

„Das Patrozinium der Heiligen Cosmas und Damian verbindet meine Heimat und mein Bistum mit Ihnen und Ihrer Pfarrei“, sagt Weihbischof Ludger Schepers in seiner in Englisch gehaltenen Predigt.  „Wir leben zwar in unterschiedlichen Ländern, sprechen eine andere Sprache, leben in ganz unterschiedlichen Lebenswelten. Gemeinsam haben wir aber das Ziel vor Augen und denselben Begleiter an unserer Seite. So sind wir gemeinsam Kirche Gottes und dadurch eng miteinander verbunden.“ 

Diese Verbundenheit im Glauben ist nicht nur an diesem Abend in der Kirche St. Cosmas und Damian spürbar. Wo immer Weihbischof Schepers und seine Begleiter in den wenigen Tagen ihres Aufenthaltes in Hongkong zu Gast sind, erwartet sie aufmerksames Interesse.  „Die herzliche Gastfreundschaft, die offenen Gespräche und der gegenseitige Erfahrungsaustausch waren sehr bereichernd“, fasst  Schepers seine Eindrücke am Ende der Reise zusammen. Und es freut ihn, dass seine Gastgeber bereits eine Einladung ins Ruhrbistum angenommen haben.

Die Kirche an der Tak Wah Street behält der Weihbischof auch im Ruhrbistum im Blick. Pfarrer Henry Ng Kwok Po hat ihm ein filigranes Modell der Pfarrkirche St. Cosmas und Damian zur Erinnerung geschenkt – aus Papier und wohlbehütet in einer Ausstellungsbox.(ul)     
 

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