von Katholische Nachrichtenagentur und Thomas Rünker

Synodaler Weg: Große Mehrheiten für Reformen in der Kirche

Zweite Vollversammlung ist am Samstag in Frankfurt zu Ende gegangen. Diskussionen zu ersten Grundlagenpapieren, unter anderem zu Macht in der Kirche, Liebe und Sexualität und mehr Mitwirkungsmöglichkeiten von Laien. Nächste Vollversammlung tagt Anfang 2022.

Mit dem Ruf nach Reformen in der katholischen Kirche ist am Samstag die Vollversammlung des Synodalen Wegs in Frankfurt zu Ende gegangen. Weil viele der 212 Teilnehmerinnen und Teilnehmer vorzeitig abreisten, war das Gremium am Nachmittag nicht mehr beschlussfähig. Das dreitägige Treffen wurde deswegen früher als geplant beendet. Gleichwohl zog das Präsidium eine positive Bilanz. Man habe sehr diszipliniert gearbeitet und viel erreicht, sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Bischof Georg Bätzing aus Limburg: „Nach drei Tagen, die sehr arbeitsreich waren und in denen wir sehr viel auf den Weg gebracht haben, sitze ich hier in großer Dankbarkeit für das hohe Engagement.“ Es sei ein „unglaubliches Konvolut“ von Papieren beraten worden. „Kein Text wurde abgelehnt, alle erhielten eine hohe Akzeptanz.“ Zugleich räumte er ein, dass die Versammlung nicht das komplette, ursprünglich vorgesehene Pensum geschafft habe.

Ähnlich äußerte sich der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg. 13 von 16 Texten seien bearbeitet worden, mit Zustimmungsraten zwischen 76 und 92 Prozent. Das belege den Wunsch nach Veränderungen in der Kirche.

Bätzing ergänzte: „Diese ganze Synodalversammlung stand unter einer hohen emotionalen Anspannung vieler Synodaler und vieler Bischöfe.“ Er sei dankbar für den „sehr guten, sachorientierten Austausch“, der dennoch möglich gewesen sei. „Das zeigt den Ernst, diese Krisensituation gerade durch die Arbeit am Synodalen Weg in ein positives Bild von Kirche umzuwidmen.“ Deutlichen Unmut äußerte Bätzing darüber, dass im Verlauf des Samstags immer mehr Teilnehmerinnen und Teilnehmer vorzeitig abgereist waren. Er appellierte an die Synodalen: „Wir müssen zusammenbleiben und die Arbeit zusammentun und da kommt es auf jeden Einzelnen und jede Einzelne an.“

Mitwirkung von Laien bei der Bischofswahl

Zu den Themen, mit denen sich die Teilnehmenden am Samstag beschäftigten, gehörte die Förderung von Frauen in der wissenschaftlichen Theologie sowie rechtliche Standards bei der Aufarbeitung von Missbrauch. Im Grundsatz sprach sich die Synodalversammlung außerdem für eine Laienmitwirkung bei Bischofswahlen aus. Das kirchliche Recht kennt zwei Möglichkeiten der Bischofsbestellung: Der Papst ernennt die Bischöfe frei oder bestätigt die rechtmäßig Gewählten. Einige Konkordate in Deutschland sehen dabei eine Beteiligung der Domkapitel vor, denen ausschließlich Priester angehören. An dieses Wahlrecht soll die nun vorgeschlagene Laien-Mitwirkung anknüpfen.

Neue Akzente der Wahrnehmung von Sexualität und Beziehungen

Außerdem sprach sich die Versammlung im Grundsatz für die Schaffung eines dauerhaften „Synodalen Rats“ aus. Das Präsidium schlug zudem vor, die Zahl der geplanten Vollversammlungen von vier auf fünf zu erhöhen. In diesem Falle würde der Kirchendialog bis mindestens Anfang 2023 dauern. Der „Synodale Rat“ könnte dann beispielsweise über die Umsetzung der Beschlüsse wachen.

Bereits am Freitag hatten 168 der 212 Teilnehmenden neue Akzente der Wahrnehmung von Sexualität und Beziehungen in der Kirche gefordert. Eine deutliche Absage erteilt die Vorlage sogenannten Konversionstherapien für Homosexuelle. Gleichgeschlechtliche Paare und wiederverheiratete Geschiedene sollten gesegnet werden können. Notwendig sei ein „Paradigmenwechsel“. Keine Mehrheit fand ein alternativer Text zu diesem Thema, den eine konservative Gruppe eingebracht hatte.

Kirchliche Ämter sollen auf Zeit vergeben werden

Ein weiteres Grundsatzpapier favorisiert eine neue Ordnung der Machtstrukturen. Beispiele sind Gewaltenteilung auf allen Ebenen, mehr Mitsprache der Basis bei der Berufung von Amtsträgern und eine Zulassung von Frauen zu Weiheämtern. Ämter dürften nur auf Zeit vergeben werden. Das alles sei „kein Manöver zeitgeistiger Anpassung“, sondern Folge des Missbrauchsskandals. Auch hier hatte eine Gruppe Konservativer ein alternatives Papier vorgelegt, fand aber nur wenig Unterstützung. Besonders groß war die Zustimmung zu Änderungen unter den Teilnehmerinnen der Synodalversammlung.

Nächste Synodalversammlung tagt Anfang 2022

Die Synodalversammlung führt nicht zu Beschlüssen, sondern gilt als Richtungsanzeige. Voten sollen bei der nächsten Versammlung Anfang 2022 gefällt werden. Bei Beschlüssen zu zentralen Punkten müsste darüber hinaus erst der Papst oder ein weltweites Konzil zustimmen. 

Immer wieder ging es bei den Beratungen um den Skandal sexuellen Missbrauchs, der den von der Bischofskonferenz und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) ins Leben gerufenen Reformprozess ausgelöst hatte. Erneut äußerte der Betroffenenbeirat der Bischofskonferenz Kritik am Verfahren zu Anerkennungsleistungen. „Warum werden Betroffene und damit Opfer von Gewaltverbrechen sehenden Auges einer erneuten und hier ausschließlich systembedingten Traumatisierungsgefahr ausgesetzt?", so Beiratsmitglied Kai Christian Moritz. Dies sei umso unverständlicher, da das Problem bekannt sei. Vergangene Woche hatte die Bischofskonferenz eine Überprüfung des Verfahrens zugesagt, bei dem Betroffene unter anderem die lange Verfahrensdauer kritisieren. Vorerst will die DBK aber grundsätzlich am Verfahren festhalten.

Overbeck schaltet sich in Diskussion um Missbrauchsskandel ein

In einer teils emotionalen Debatte sagte der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer: „Ich kenne die Tränen der Betroffenen und lasse mir nicht nachsagen, dass ich unsensibel bin. Aber ich lehne eine Emotionalisierung und das unfehlbare Lehramt der Betroffenen ab.“ Dem entgegnete Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck: „Man kann durchaus von einem Lehramt der Betroffenen sprechen und das ist das einzige wirklich unfehlbare.“ Viele Synodale applaudierten Overbeck anschließend.

Mit 95 zu 94 Stimmen sprachen sich die Teilnehmenden zudem für eine Debatte darüber aus, ob es in der katholischen Kirche Priester braucht. Zu dem zwölfseitigen Grundlagen-Text „Priesterliche Existenz heute“ hatte es 180 Eingaben gegeben. Mehrere Teilnehmende kritisierten mangelnde Tiefe. Andere würdigten den Text als gut verständlich. Trotz vieler Vorbehalte sprach sich eine große Mehrheit dafür aus, das Papier zur weiteren Bearbeitung wieder in die Arbeitsgruppe zu überweisen.

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