von Thomas Rünker

Statt Fest in Peru gemeinsame Messe im Essener Dom

Anstelle ihren einstigen Kurs-Kollegen Norbert Nikolai in Südamerika zu besuchen feiern Cityseelsorger Bernd Wolharn, der Duisburger Pfarrer Christian Becker, der Gladbecker Propst André Müller und Domkapitular Michael Dörnemann ihr 25-jähriges Priesterjubiläum zusammen mit Nikolai im Essener Dom. Ein Gottesdienst mit fünf „ganz unterschiedlichen Typen“ – und einem der größten Weihekurse der vergangenen Jahrzehnte.

Eigentlich wären diese fünf Männer jetzt in Peru. Doch weil Corona die Reisepläne zu ihrem silbernen Priesterjubiläum über den Haufen geworfen hat, stehen sie nun dort, wo sie vor 25 Jahren geweiht worden sind: Am Altar des Essener Doms. In einer ganz normalen Abendmesse am Pfingstmontag schauen sie zusammen mit der Gemeinde auf fünf bewegte Priesterleben zurück – und stehen zugleich für eine bunte Vielfalt priesterlichen Lebens.

Damals im Priesterseminar war Bernd Wolharn ihr Kurssprecher. Heute ist er – nach vielen Jahren an der ersten Jugendkirche des Bistums in Oberhausen und als Pfarrer in Bochum – Cityseelsorger am Essener Dom und immer noch der, der die Rund-E-Mails schreibt. „Ich frage am Ende unserer Treffen immer: Und wann treffen wir uns wieder?“ Als klar war, dass die gemeinsame Reise ausfällt und auch sonst kaum größere Feiern möglich sind, hat Wolharn seinen Weihekurs in den Dom eingeladen, in den Gottesdienst am Vorabend ihres gemeinsamen Jahrestags. „Wir treffen uns ohnehin so zwei- oder dreimal im Jahr. Nun hat uns Corona auf eine ganz andere Art und Weise zusammengebracht als geplant“, sagt Wolharn.

Zwei der sieben geweihten Priester „gehen heute andere Wege“

Am 2. Juni, dem Freitag vor Pfingsten 1995 waren sie noch zu siebt – mehr Priester in einem Weihejahrgang hat es seitdem nie wieder gegeben. Aber die beiden Kurs-Kollegen Volker Ziegenhagen und Marcus Freundt „haben mittlerweile andere Wege eingeschlagen“, sagt Wolharn bei der Begrüßung im Gottesdienst. Immerhin: Die Quote der Ehescheidungen bis zur Silberhochzeit ist deutlich größer.

Die fünf Verbliebenen stellen sich nacheinander mit kurzen Worten vor: Norbert Nikolai, der Mann aus Peru, hat mehr als die Hälfte seines Priesterlebens in dem Anden-Staat verbracht. Den gelernten Koch, der in Südamerika erst als Dorfpfarrer gewirkt und zuletzt zehn Jahre Gefängnisseelsorger war, hätten seine Weihekollegen eigentlich besuchen wollen. Doch Corona ließ den Ältesten im Weihekurs zumindest vorübergehend zurück nach Deutschland kommen. Auch Kurs-Kollege Christian Becker hat im Ausland gewirkt: Bevor er vor fünf Jahren die Leitung der Pfarrei St. Michael in den Duisburg Stadtteilen Meiderich, Beek und Ruhrort übernahm, war er mehrere Jahre im Essener Partnerbistum Hongkong aktiv. Und Wolharn selbst koordiniert neben seinen verschiedenen Aufgaben seit Langem die Touristenseelsorge, die im Sommer Urlauber auf der niederländischen Ferieninsel Texel betreut.

Den konstantesten Werdegang hat zuletzt André Müller zurückgelegt: Seit 14 Jahren ist er Propst in Gladbeck und leitet die Pfarrei St. Lamberti, gut fünf Jahre war er dort zudem Caritas-Direktor. In den vergangenen Jahren war St. Lamberti zudem die Pfarrei, die den Pfarreientwicklungsprozess im Bistum Essen als erste angegangen ist.

„Hierarchie spielt keine Rolle“

Schaut man auf die Kirchenhierarchie, hat es der jüngste der fünf Kurs-Kollegen am weitesten gebracht: Michael Dörnemann leitet seit zehn Jahren das Pastoraldezernat des Bistums Essen, ist als Domkapitular am Essener Dom tätig und Stellvertreter von Generalvikar Klaus Pfeffer. Doch bei den Treffen der alten Studienkollegen „spielt Hierarchie überhaupt keine Rolle“, sagt Wolharn. „Wir sind einfach ganz unterschiedliche Typen, die an ganz unterschiedlichen Stellen ihr Priestersein leben. Das macht unsere Treffen interessant – wobei wir da längst nicht immer nur über Kirche sprechen.“

Die gemeinsame Basis des Priesterseins spricht Domkapitular Dörnemann in seine Predigt an: „Da haben wir gelegen“, sagt er mit einer Geste auf den Platz vor dem Altar. Er erinnert an die wohl eindrucksvollste Szene jeder Priesterweihe, wenn die angehenden Priester lang ausgestreckt auf dem Boden liegen und die Gemeinde mit der Allerheiligenlitanei Gott für sie um seinen Beistand bittet. „Auch wenn wir ganz unterschiedliche Persönlichkeiten sind“, sagt er mit Blick auf seinen Weihekurs, „wir alle leben vom Erbarmen Gottes.“ 100 Kirchen seien im Ruhrbistum seit ihrer Weihe geschlossen worden, 300.000 Mitglieder weniger zähle das Bistum heute. „Wir haben es auch nicht geschafft, dass es – zumindest zahlenmäßig – mit unserer Kirche wieder aufwärts geht“, sagt Dörnemann. Dies könne resignieren lassen, „es zeigt aber auch, dass Gott es ist, der seine Kirche führt. Es kommt nicht so sehr auf unser eigenes Tun an“.

Vertrauen auf die Führung durch Gottes Geist

Dieses Gottvertrauen empfiehlt Dörnemann nicht nur Priestern, sondern der ganzen Kirche – und das nicht nur am Pfingstfest. Gerade angesichts der Corona-Krise, die durch viele kirchliche Planungen einen Strich gemacht hat, solle die Kirche „sensibel bleiben und auf Gottes Geist vertrauen, der uns führt“. Und wer weiß – vielleicht klappt es für die fünf Priester dann ja auch irgendwann doch noch mal mit der gemeinsamen Reise nach Peru.

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