von Thomas Rünker

Sozialbischof Overbeck fordert neue Gerechtigkeitsdiskussion

Bischof debattierte in der Katholischen Akademie "Die Wolfsburg" in Mülheim über "Eigentum verpflichtet!" Auch Präses Manfred Rekowski, CDU-Politikerin Regina Görner und Unternehmer Axel Barten beteiligten sich an der Diskussion beim Sozialethischen Kolloquium des Studienkreises Kirche/Wirtschaft

"Gerechtigkeitsfrage wurde nie richtig beantwortet"

Ruhrbischof Dr. Franz-Josef Overbeck spricht sich für eine neue Gerechtigkeitsdiskussion aus. „In unserer Ruhr-Region ist die Gerechtigkeitsfrage eine der großen Fragen geblieben, die nie richtig beantwortet wurde“, sagte der Bischof am Donnerstag in Mülheim. Es brauche Menschen, „die Kapital haben, es vermehren und für Arbeit sorgen“, betonte Overbeck, der auch deutscher Sozialbischof ist. Zugleich sei jedoch – bundes- und weltweit – „zu viel Kapital in zu wenigen Händen gelandet“. Overbeck diskutierte beim Sozialethischen Kolloquium des Studienkreises Kirche/Wirtschaft NRW in der Katholischen Akademie „Die Wolfsburg“ über das Thema „Eigentum verpflichtet!“. Mit ihm auf dem Podium saß neben dem Kreuztaler Unternehmer Axel Barten und der CDU-Politikerin und IG-Metall-Gewerkschafterin Dr. Regina Görner auch der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski.

„An die soziale Verpflichtung des Eigentums erinnern“

Rekowski betonte, man müsse in Deutschland immer wieder an die im Grundgesetz verankerte Verpflichtung erinnern, die mit Eigentum einhergehe. „Zu Adenauers Zeiten gab es die Vermögenssteuer, die einen sozialen Lastenausgleich schaffen sollte.“ Das sei ein Thema, über das man auch heute wieder nachdenken müsse. „Wenn in Wuppertal 27% der Kinder von Hartz IV leben ist die Frage, wie wir in unserer Gesellschaft Vermögen umverteilen, kein Verbal-Radikalismus“, so Rekowski.

Kritik am „Geschäftsmodell der Steuervermeidung“

So sehr sich die Runde darin einig war, dass gerade mittelständische Familienunternehmen ihren sozialen Verpflichtungen nachkommen, so sehr bemängelte Görner, sie könne bei vielen Unternehmen „kein ethisches Verhalten“ erkennen. So hätten sich viele, gerade größere und internationale Unternehmen ganz offensichtlich dem „Geschäftsmodell der Steuervermeidung“ verschrieben. Barten, Geschäftsführer der 564 Jahre alten Achenbach Buschhütten GmbH, betonte, sein Unternehmen zahle „alle Steuern korrekt bis auf den letzten Cent“. Steuern müssten aber so moderat sein, dass sie den Unternehmern Möglichkeiten ließen zu investieren. Zudem müsse der Staat mit den Einnahmen für die nötige Infrastruktur sorgen, sagte Barten mit Verweis auf die für Lkw gesperrte Leverkusener Rheinbrücke.

„Finanzwirtschaft ist keine soziale Marktwirtschaft“

Vehement kritisierte Görner das Auseinanderklaffen von real erwirtschafteten Umsätzen und den Umsätzen der Finanzwirtschaft: „Ungeheure Geldmengen in der Welt finden kaum Anlagemöglichkeiten.“ Zudem sei die Finanzwirtschaft alles andere als eine soziale Marktwirtschaft. Görner äußerte die Hoffnung, dass diesem Markt durch die geplante europäische Finanztransaktionssteuer ein gewisser Ordnungsrahmen gegeben werde.

„Neu über eine wirkliche Sozial-Union nachdenken“

Auch Overbeck betonte den Wert Europas bei den Fragen nach Gerechtigkeit: „Wir müssen neu nachdenken, wie wir zu einer wirklichen Sozial-Union kommen“, forderte der Bischof. Overbeck betonte zudem den Wert des Mittelstands: Gerade im Ruhrgebiet könne man sehen „was passiert, wenn die Balance zwischen Eigentum und Sozialverantwortung ins Rutschen gerät“, sagte er mit Blick auf Arbeitsplatzabbau im großen Stil. Anders als die Großkonzerne werde „der starke Mittelstand im Ruhrgebiet von vielen noch nicht wahrgenommen“. Hier habe „die Politik die Verpflichtung, den Mittelstand und die dortigen Arbeitsplätze besonders zu fördern“.

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